Hundred Seventy Split / HSS
HSS Spielzeit: 55:52
Medium: CD
Label: Corner House, 2014
Stil: Blues Rock

Review vom 15.07.2014


Jürgen Bauerochse
Schon seit die beiden Ten Years After-Mitglieder Joe Gooch (guitar, vocals) und Leo Lyons (bass) im Jahr 2010 ihr Projekt Hundred Seventy Split als Nebenprodukt zu ihrer Hauptband ins Leben riefen, stehen sie unter ständiger Beobachtung unserer Redaktion. Die 4-Track-EP Special Edition aus dem gleichen Jahr wurde von meinem geschätzten Kollegen Joe besprochen und für gut befunden, und auch der erste Full-Length-Longplayer The World Won't Stop kam in unserer Kritik sehr gut weg.
Als die Band ab 2011 regelmäßig tourte waren wir dann auch dabei. Ich selbst konnte mir ein Bild von ihren Live-Qualitäten machen, als ich das Trio im Jahr 2012 bei ihrer ersten Show in der Bluesgarage, Isernhagen beobachtete.
Inzwischen hat sich so Einiges getan. Der Erfolg von Hundred Seventy Split stellte sich ein, die Tourdates wurden mehr und mehr, was schließlich dazu führte, dass Gooch und Lyons die Kündigung ihrer Hauptband bekamen und inzwischen von Colin Hodgekinson am Bass und dem Gitarristen Markus Bonfanti ersetzt wurden.
Somit wurde aus der 'Hobby'-Band Hundred Seventy Split eine feste Größe in Sachen Rockmusik, von der wir wohl in Zukunft noch mehr Aktivitäten erwarten dürfen als bisher. Der erste Schritt dazu ist bereits getan, denn mit "HSS" steht nun das zweite Studioalbum in den Läden.
Die zehn neuen Eigenkompositionen bewegen sich mit Spielzeiten zwischen 4:02 und 8:01 Minuten in einem sehr angenehmen Rahmen, in dem vor allem Joe Gooch immer wieder reichlich Gelegenheit hat, sein Können am Sechssaiter ausgiebig auszuleben. Zusätzlich wurde der Organist Billy Livsey mit ins Studio geholt, der mit seiner Hammond eine zusätzliche Variante in die Songs einbringt. Aufgenommen wurde in den Park Studios Hurst in England. Lediglich "King Of The Blues" entstand im Subterrania Studio zu Nashville. Hier saß Sean Fuller hinter dem Schlagzeug, anstelle des regulären Drummers Damon Sawyer, der auf den restlichen Tracks des Albums zu hören ist.
Entstanden sind wieder äußerst melodiöse Rocksongs, die in der Regel recht kräftig zupacken. Aber es gibt auch durchaus balladeske Titel, die vor lauter Feeling nur so strotzen. Paradebeispiel dafür ist "I Never Saw It Coming", das längste Stück des Albums. Der ruhige, sehr gefühlsbetonte Gesang wird unterlegt von einem zarten Hammond-Sound, bis es beim Refrain etwas kräftiger zur Sache geht. Im Mittelpunkt steht aber das glasklare Gitarrensolo von Joe Gooch, das schon im Mittelteil beginnt und am Ende des Titels eine Steigerung erfährt. Eine Einlage zum Niederknien. Klarer Fall von 'Inselplatte'.
Mit Blitz und Donner beginnt der zweitlängste Song des Albums "Gonna Dance On Your Tombstone". Doch hier nimmt die Musik mit ihrem schweren verschleppten Rhythmus fast doomige Züge an. Das folgende "Let Me Go" könnte ohne weiteres auch auf einem Ten Years After-Album seinen Platz finden, so typisch ist hier das Zusammenspiel von Gitarre und Orgel, und Gooch lässt sehr schön den 'Flitzefinger' raushängen.
Funk-Bluesig geht es mit "Columbus Stockade Blues" weiter, wobei hier der richtig schön rollende Bass von Leo Lyons für sehr viel Druck sorgt, während sich Joe Gooch mal wieder nach Herzenslust austobt. Und schon sind wir bei Ballade Nummer zwei. "The Sound Of Goodbye" wird durch die Akustische unterstützt, während das glasklare E-Gitarrensolo an den Sound von
Andy Powell & Co. erinnert. Bei "The Devil To Pay" kommt dann der Boogie ins Spiel. Das Stück geht sehr schön treibend nach vorne los. Die Fußwippe ist angesagt.
Mein zweiter Anspieltipp ist der wunderbar verschleppte Blues-Rocker "What The Devil Loves". Das Wechselspiel von Goochs Stimme und seiner Gitarrenarbeit ist schon faszinierend. Dieser Song wird bei Livekonzerten sicherlich ein Renner werden, das kann ich behaupten, ohne Prophet zu sein.
Eine alternative Version von "The Devil To Pay", diesmal mit akustischer Gitarre und starkem Hammondeinsatz, folgt und gibt diesem Stück ein ganz anderes Gesicht.
Zum Abschluss gibt es mit "King Of The Blues" noch einen treibenden, klassischen Boogie auf die Ohren, der schon im heimischen Ohrensessel zum Mittanzen animiert. Der Song strotzt nur so vor Power und Drive.
"HSS" ist ein richtig starkes Album geworden, das die ganze Energie von Hundred Seventy Split eingefangen hat. Dieser Dreier wird sich sehr schnell zu einem Top-Act des Blues Rock entwickeln, der jedes Publikum in seinen Bann ziehen kann.
Line-up:
Joe Gooch (guitar, vocals)
Leo Lyons (bass)
Damon Sawyer (drums)

Guests:
Billy Livsey (Hammond organ)
Sean Fuller (drums - #10)
Tracklist
01:Park Pie Hat (4:48)
02:Never Saw It Coming (8:01)
03:Gonna Dance On Your Tombstone (7:25)
04:Let Me Go (4:24)
05:Columbus Stockade Blues (4:16)
06:The Sound Of Goodbye (6:52)
07:The Devil To Pay (4:52)
08:What The Devil Loves (6:00)
09:The Devil To Pay [Reprise] (4:53)
10:King Of The Blues (4:02)
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