Levon Helm / Ramble At The Ryman
Ramble At The Ryman Spielzeit: 70:55
Medium: CD
Label: EMI Classics, 2011 (2008)
Stil: Rock

Review vom 17.06.2011


Markus Kerren
Die meisten ihrer Midnight Rambles spielt die Levon Helm Band seit Jahren in der Scheune des Rock-Veteranen in Woodstock, New York, die direkt an Levons Wohnhaus angebaut wurde. Aber ab und zu zieht die Truppe auch noch ein bisschen durch das 'Land der unbegrenzten Möglichkeiten'. So führten die Musiker im Jahr 2008 einen ihrer Rambles im legendären Ryman Auditorium in Nashville, Tennessee auf, das in den Jahren von 1943 bis 1974 die Heimat der Grand Ole Opry, DEM heiligen Tempel der Country-Musik, war. Dieser Auftritt wurde glücklicherweise für die Nachwelt auch auf CD und DVD festgehalten. Mir liegt bisher nur die CD-Version vor, um die es hier auch gehen soll.
Konzerte der Levon Helm Band sind grundsätzlich immer ein Erlebnis. Alleine schon die geballte Ladung an Rock-Historie, die man dort auf der Bühne erleben kann, lässt den Musik-Liebhaber ehrfürchtig frohlocken. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass man nie genau weiß, was einen erwarten wird, da die Setlist doch sehr häufig wechselt. Logischerweise dürfen mindestens ein halbes Dutzend The Band-Klassiker niemals fehlen, aber ansonsten wird tief in der amerikanischen Blues- und Roots-Geschichte gegraben. "Ophelia" vom The Band-Album "Northern Lights - Southern Cross" macht hier den Anfang und Levon legt sich sogleich an seinen Drums wie auch beim Gesang mächtig ins Zeug.
Bereits beim Opener wie auch bei "Back To Memphis" ist das Bläser-Quartett im Einsatz und verfrachtet uns beim Erstgenannten auf ganz wunderbare Art ohne Umwege nach New Orleans. Wow, das atmet, schnauft, strampelt … diese Musik lebt einfach. Genauso die komplette Band, der man die sprudelnde Spielfreude und das fette Grinsen in den Gesichtern (wie ich es selbst mehrfach persönlich erleben durfte) geradezu anhört. Mit dem schwarzen Blueser Little Sammy Davis wird anschließend der erste Gast des Abends auf die Bühnenbretter gebeten, der danach bei "Fannie Mae" und "Baby Scratch My Back" eine sehr geile Vorstellung (der Mann war zum Zeitpunkt dieser Aufnahmen 80 Jahre jung) an der Blues Harp und Gesang abgab.
Gast Nummer zwei ist dann Sheryl Crow, die mit Levon das herrliche, von Robbie Robertson geschriebene und ursprünglich von Emmylou Harris aufgenommene "Evangeline" im Duett zum Besten gibt. Sheryl bleibt noch für den Carter Family-Song "No Depression In Heaven" auf der Bühne, den sie gesanglich alleine übernimmt. Aber es geht weiter: Für "Wide River To Cross" und "Deep Elem Blues" sind die Country-/Roots-Musiker Sam Bush und Buddy Miller auf der Bühne, die ebenfalls einen erstklassigen Beitrag leisten und von Levon dann auch begeistert verabschiedet werden. An diesem Abend konnte offensichtlich einfach nichts schief gehen.
Danach bricht so langsam die Zeit der The Band-Klassiker an. Nach dem fulminanten "Rag Mama Rag" mit toller Performance der Blas-Abteilung wird aber zunächst noch einmal zurück gerudert. "Time Out For The Blues" ist ein starker Rocker/Boogie Woogie mit einer leider nicht namentlich vorgestellten Gast-Sängerin (mein CD-Exemplar kam ohne Cover oder jeglichen sonstigen Infos) und das Haus wird gerockt. Theoretisch könnte es Levons Tochter Amy Helm sein, aber ich würde meine Hand dafür nicht ins Feuer legen. Nachdem 'Daddy' Helm selbst zuvor schon bei "Anna Lee" seinen rauen wie charismatischen Gesang abgeliefert hatte, trumpft er mit diesem dann auch bei "A Train Robbery" wieder auf.
Schließlich sind wir beim Grande Finale mit den Band-Nummern "The Shape I'm In", "Chest Fever" und dem unvermeidlichen "The Weight" angekommen. Das Richard Manuel (R.I.P.) von Robbie Robertson im Jahr 1970 - sowohl was den Gesang wie auch den Text betrifft - auf den Leib geschriebene "The Shape..." wird wie immer in den letzten Jahren von Brian Mitchell sehr akkurat und authentisch rübergebracht. Die Bläser feuern im Hintergrund ein weiteres Feuerwerk ab, machen sich aber praktisch nur für das folgende, fiebrige und emotionale "Chest Fever" warm. Für "The Weight", den letzten Track des Abends, ist schließlich John Hiatt zu Gast und liefert - wen wundert's noch? - ebenfalls eine klasse Leistung ab.
"Ramble At The Ryman" ist ein Muss für The Band-Fans und darüber hinaus eigentlich alle Freunde der Rock- und Roots Music. So funkensprühend, wie die Tracks bereits auf der CD rüberkommen, freue ich mich bereits jetzt darauf, mir das Ganze auch noch mal ganz genüsslich via DVD rein zu ziehen. Sehr starke siebzig Minuten mit grandiosen Songs, gespielt von formidablen Musikern. Was kann man eigentlich mehr verlangen?
Line-up:
Levon Helm (drums, mandolin, vocals)
Larry Campbell (guitar, vocals)
Jim Weider (guitar, vocals)
Brian Mitchell (piano, vocals)
Amy Helm (acoustic guitar, vocals)
Byron Isaacs (bass)
Jay Collins (tenor saxophone)
Erik Lawrence (alto saxophone)
Steven Bernstein (trumpet)
Clark Gayton (trombone)

mit:
Sheryl Crow (guitar, vocals - #5,6)
John Hiatt (guitar, vocals - #15)
Little Sammy Davis (harmonica, vocals - #3,4)
Sam Bush (guitar - #7,8)
Buddy Miller (vocals - #7,8)
Tracklist
01:Ophelia
02:Back To Memphis
03:Fannie Mae
04:Baby Scratch My Back
05:Evangeline
06:No Depression In Heaven
07:Wide River To Cross
08:Deep Elem Blues
09:Anna Lee
10:Rag Mama Rag
11:Time Out For The Blues
12:A Train Robbery
13:The Shape I'm In
14:Chest Fever
15:The Weight
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