Levon Helm kann mittlerweile auf eine Karriere zurückblicken, die sich seit über 55 Jahren in einem stetigen Fluss befindet. Und natürlich ging es auch bei dem waschechten Südstaatler aus Arkansas rauf und runter, was die Erfolgsskala betrifft. Ende der fünfziger Jahre wurde der Drummer, Mandolinist und Sänger von Ronnie Hawkins angeheuert, nach dessen Ausstieg folgte eine harte Zeit, in der er mit seinen Kollegen Robbie Robertson, Richard Manuel, Garth Hudson und Rick Danko auf der Stelle zu treten schien, bevor die Combo, die später als The Band in die Rock-Geschichte eingehen sollte, von Bob Dylan als feste Begleitband verpflichtet wurde.
Von 1968 bis 1976 war die genannte Truppe angesagt und seither folgten mit wechselndem Erfolg Soloalben und eine zweite Phase mit The Band (ohne Robbie Robertson) in den Neunzigern, während der drei weitere Studioalben entstanden. Er musste die Todesfälle seiner engen Freunde Richard Manuel und Rick Danko, sowie eine eigene Krebserkrankung überwinden, bis es dann in den letzten Jahren mit den Scheiben "Dirt Farmer" sowie Electric Dirt das große Comeback zu verzeichnen gab. Beide Alben gewannen Grammies. 2009 wurde der heute 71-jährige dann erneut von einer schweren Larynghitis zurückgeworfen, weshalb er leider bei dem Konzert im Sommer letzten Jahres in Atlantic City nicht selbst singen konnte und auch ein vorgesehenes RockTimes-Interview auf unbestimmte Zeit verschoben werden musste.
Aber genug der Vorreden, Levon ist nach wie vor am Touren und zu meiner großen Freude auch wieder in der Lage zu singen. Am Freitag, dem 05. März war er im wunderschönen und altehrwürdigen State Theatre in Ithaca, New York zu Gast und die Vorfreude war riesig. Bevor es aber losging, erklommen zunächst The Wood Brothers die Bühnenbretter und boten eine ca. 30 Minuten lange feine Show, während der die beiden ihre Songs mit Gesang, Akustikgitarre und einem Kontrabass darboten. Singer/Songwriter-Material mit starken Wurzeln im Country und Blues war angesagt, und wenn die Brüder das Publikum auch nicht in Begeisterungsstürme versetzen konnten, so ernteten sie dennoch verdienten und angemessenen Applaus.
Schließlich verdunkelten sich die Theater-Lichter ein zweites Mal und ein bestens gelaunter Levon Helm nahm auf seinem Drum-Hocker Platz. Wie auch schon im letzten August machte der The Band-Klassiker "The Shape I'm In" den Auftakt und in den nächsten ca. 90 Minuten folge eine gesunde Mischung aus Tracks seiner Solo-Alben, The Band-Songs sowie weiteren Klassikern der Musik-Geschichte. Levon hinter seinem Schlagzeug ist eine Bank, der Mann hat einfach einen unverwechselbaren Groove, der den Mitwipp-Faktor der Beine des Zuhörers ganz automatisch in die Höhe schnellen lässt. Auch Jimmy Weider, der The Band-Gitarrist in den Neunzigern, war wieder mit von der Partie. Die größte Überraschung bezüglich der Setlist stellte für mich der uralte Dr. John-Track "Mardi Gras Day" (vom Album "Remedies", 1970) dar, der mir ein ca. fünf Minunten langes Dauergrinsen ins Gesicht zauberte. Wer die Beat-Club-Version dieses Tracks von Mister MacRebenack auf Video oder DVD besitzt, bzw. kennt, wird wissen, was ich meine!
Wie zu erwarten beschränkte sich Helm gesanglich nur auf eine Handvoll Songs, während er den Rest Tochter Amy sowie Larry Campbell und dem Mann an den Tasten überließ. Als er nach ca. 30 Minuten dann für "Tennessee Jed" zum ersten Mal die Vocals übernahm, war der Jubel im Publikum so stark, dass er sogar die Musiker übertönte. Wahnsinn! Eine Schrecksekunde gab es bei "Move Along Train", bei dem seine Stimme deutlich zu brechen drohte und Tochter Amy sehr nervös wurde und den Soundleuten unaufhörlich bedeutete, ihrem Vater den Saft abzudrehen, während Levon hinter ihrem Rücken ebenso Anweisungen gab, alles so zu lassen, wie es ist. Und es blieb auch so und Helm beendete den Song in souveräner Manier. Ein Show-Element? Glaube ich nicht, denn dafür sahen die Soundmischer viel zu verwirrt und Amy viel zu besorgt aus.
Neben zwei Gitarristen, dem Schlagzeug, Bass, Keyboards und zwei Sängerinnen hatten sich auch wieder fünf Blechbläser auf der Bühne eingefunden, was den Sound zeitweise gewaltig werden ließ. Die anderthalb Stunden, in denen u.a. die Band-Songs "Long Black Veil", "It Makes No Difference", "The Weight" (bei dem die Wood Brothers zu Gast waren), "Chest Fever" (hammergeil!!!), "I Shall Be Released" (Zugabe) und das bereits erwähnte "The Shape I'm In" gespielt wurden, verflogen wie im Nu und so wenig man eigentlich wollte, dass der Abend schon vorbei sei, so sehr gönnte man dem am Ende etwas müde wirkenden Levon auch seinen Feierabend! Hut ab vor einer solchen Leistung in diesem hohen Alter!
Was bleibt zu sagen? Es war super Abend und ein sehr starkes Konzert, selbst wenn Levon Helm heute logischerweise nicht mehr ganz so agieren kann, wie noch vor etwa zehn oder 15 Jahren. Die Band, angeführt von Larry Campbell (der auch das letzte Black Crowes-Album produziert hat), agierte auf höchstem Niveau und die Setlist ließ sprichwörtlich keine Wünsche offen. Dass unser Mann noch einmal die lange Reise nach Deutschland antritt wage ich zwar zu bezweifeln, aber vielleicht dürfen wir uns noch auf ein weiteres Album dieser Legende freuen. Zeigen wird es allein die Zeit!
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