Lieder, Eis und Feuer in der Festhalle Frankfurt - Sternenhimmel, Pyros und ein stets präsenter Eddie im O2-World Berlin
Andrea: Zum 25. Jubiläum der "Maiden England '88-Tour" folgt nach der DVD eine Tour unter demselben Motto und mit ähnlicher Setlist. Was bedeutet: Im Gegensatz zu 2011 standen (fast) keine neuen Songs auf dem Programm (nun, eigentlich hätte von der "Fear Of The Dark" nichts dabei sein dürfen, aber was so gut ist, darf ruhig…), sondern man widmete sich 80er und End-70er Material.
Also schnell Tickets bestellt, nach dem Motto "Be Quick Or Be Dead" (ähnlich dachten wohl viele, denn der 11.06.2013 war schnell ausverkauft und es wurde ein Zusatzkonzert am 12.6. angesetzt), denn dieses Mal wollte ich sitzen und mehr sehen als nur die Turmspitze. Dieses Mal gab es gar keinen Turm, sondern eine modernisierte Fassung der Eislandschaft von damals. Ein Nostalgiekonzert quasi, das war dann der Grund nach zwei Jahren wieder Iron Maiden in der Festhalle anzusehen/hören.
Holger: In den vergangenen Wochen und Monaten ist die O 2-World in Berlin schon fast zu meinem zweiten Wohnzimmer geworden. Auch heute bin ich erneut auf dem Weg dort hin und freue mich eine Band zu sehen, die seit deren Anfangstagen in meiner Beliebtheitsskala weit oben rangiert. Iron Maiden geben sich die Ehre und Frontmann Bruce Dickinson schwenkt den 'Union Jack' voller Inbrunst und Stolz in der fast ausverkauften Halle. Warum die Spielstätte nicht vollständig gefüllt ist, erklärt sich vielleicht darin, dass leider an einem Tag mehrere Großveranstaltungen in der Stadt parallel laufen. So tummelt sich zum Beispiel Schmuserocker Bon Jovi in der Waldbühne. Sicherlich nicht unbedingt der passende Vergleich zum Metallgewitter aus England, aber vielleicht ist der ein oder andere Musikfan aus Altersgründen und dem dazugehörigen erhöhten Ruhebedürfnis in die Open Air Arena gewandert. Mir ist allerdings nach der ordentlichen Dröhnung. Ich brauche es mal wieder ganz hart und deshalb war die Entscheidung für Maiden klar wie Wasser.
Andrea: Wie damals war es schon gigantisch, welche Stimmung bereits außerhalb der Halle herrschte, Menschenmenge mit Maiden-Shirts, dazu Würstchen- und Bierstände (an denen es auch das 'Trooper-Bier' gab, nun ja, was hat Glukose-Sirup in Bier zu suchen? - für deutsche Geschmäcker und Vorstellungen vom Reinheitsgebot ist das eher nichts…).
Amüsant war, dass wohl gerade im Maritim eine Konferenz war, es liefen also Scharen von Anzugsträgern und Scharen von Kuttenträgern herum. Weniger amüsant war, dass der Konzerttarif im Parkhaus auf 13 Euro erhöht wurde. Vom Preis vom Maiden-Merch reden wir hier mal lieber gar nicht (okay, wer's wissen will: 35 Euro für ein normales Shirt), kein Wunder, dass hinterher wieder etliche Bootlegger herumliefen, die jedoch auch aufgeschlagen hatten und 15 Euro pro Shirt wollten.
Holger: Iron Maiden warten auf dieser Tour gleich mit mehreren Bands als Supporter auf. Häufigster Act und für Berlin auf der Liste sind die ebenfalls aus England stammenden Mannen von Voodoo Six. Sie bekommen etwa vierzig Minuten Zeit, ihre neue CD "Songs To Invade Countries To" vorzustellen. Das Programm beginnt bereits ungewöhnlich früh um 19:30 Uhr, was darauf schließen lässt, dass entweder die Vorgruppe lange spielt, oder Maiden mal so richtig die Kiste öffnen, um alles zu geben was sie in fünfunddreißig Jahren angesammelt haben. Leider wird weder der eine noch der andere Wunsch erfüllt. Die Bühnendeko von Voodoo Six ist an das CD-Cover angelehnt und das Publikum wird erst einmal optisch von Panzern überrollt. Wie passend, wenn man fast siebzig Jahre in die Vergangenheit zurückblickt. Einige kapieren das anscheinend nie. Vermutlich zündet deshalb auch die Vorstellung der Band bei den Fans im Saal nicht, der während ihres Auftrittes fast leer bleibt. Voodoo Six bemühen sich dennoch redlich, um etwas Stimmung zu verbreiten, aber mehr als ein laues Lüftchen zieht dabei nicht durch die Menge. Ich gebe zu, auch mich berührt nicht ein einziger ihrer sechs Songs und mehr als ein Pflichtapplaus der Anwesenden in der Halle wird ihnen am Ende nicht entgegen gebracht. Die Mehrheit hätte dann doch wohl lieber Sabaton im Vorprogramm gesehen.
Andrea: Doch kommen wir zum wichtigsten, zur Musik. 19:30 legte die Vorgruppe los. Voodoo Six durften (nach 2005) erneut mit, die mit ihrem Classic Rock/Hard Rock deutlich passender waren als irgendein Metalcore-Zeugs. Die Band rockte ordentlich und legte sich gut ins Zeug. Leider ist das Eröffnen für einen Headliner wie Iron Maiden eine undankbare Sache, denn viele Fans blieben noch draußen und drinnen warteten wohl einige nur darauf, dass der Support, der eine dreiviertel Stunde zugestanden bekam, endlich fertig war. Die Reaktionen waren eher verhalten. In anderer Umgebung könnte das tatsächlich anders sein, würde ich den Jungs auf jeden Fall gönnen.
Holger: Die Bühne ist für eine sechs Mann Combo wie Iron Maiden recht klein gehalten. Zumindest kommt es von vorne so rüber. Wie aber so oft steckt der Teufel im Detail und wie groß die Bühne nach hinten geht, lässt sich zu Beginn noch nicht erkennen. Dafür ist sie extrem niedrig gebaut, sodass die Fans in den vorderen Reihen optimale Sicht auf ihre Idole haben. Meine erste Begegnung mit der Band geht zurück in deren Anfangsjahre. Damals haben sie im Vorprogramm von Kiss gespielt und für die meisten, wie auch für mich, war es eben nicht mehr als eine Vorband. Wer konnte damals schon ahnen, dass sie sich so entwickeln und beständig den Markt in diesem Genre beherrschen. Einen bedeutenden Anteil daran hat auch Kultfigur Eddie. Er ziert seit Beginn die Alben der Band und läuft wie ein Dauerbrenner einer Comic-Serie. Ein Album von Maiden ohne Eddie, einfach undenkbar. Natürlich bekommt er auch an diesem Abend seinen Auftritt in mehrfacher Form. Mal aufgeblasen und überdimensional, aber hauptsächlich zu jedem Song als ständig wechselndes Hintergrundbild in allen Ausführungen.
Andrea: Nach einer halben Stunde Umbaupause kam - wie immer - als Intro vom Band: "Doctor Doctor" von UFO. An diesem Tag hatte das etwas Ironisches, denn UFO spielten zur gleichen Zeit im Steinbruchtheater in Mühltal bei Darmstadt. Schade, dass wir das erst Monate nach dem Ticketkauf erfuhren, sonst hätten wir uns Iron Maiden am Mittwoch angesehen und Dienstag UFO.
Als Einstieg lief dann bereits das bekannte Video über schmelzende Eisberge - soll das eigentlich eine Umweltbotschaft sein? Oder passt es einfach nur gut zur Kulisse, die gleich darauf zu sehen war?
Nach diesem kleinen gedanklichen Seitenhieb kam ein ernsthafteres Stirnrunzeln. Was war das denn für ein Soundbrei bei "Moonchild"? Bruce konnte man nur erraten. Schon 2011 klang der erste Song (damals Final Frontier) mies, aber dieses Mal war tatsächlich noch schlimmer und es dauerte wesentlich länger bis es sich besserte. Richtig differenziert und klar wurde es nie. Nun, zunächst dachten wir, dass es vielleicht daran läge, dass wir oben waren und die Klänge von der Kuppel verschluckt wurden. Doch umgehört bei einigen Bekannten und Freunden, die an unterschiedlichen Positionen saßen oder standen: Das Problem bestand anscheinend überall. Auch am Folgetag war es wohl so. Das war ganz klar der Schwachpunkt des Konzertes.
Holger: Am Ende der Show bin ich allerdings ein klein wenig enttäuscht, was die optischen Effekte angeht. Ich habe doch deutlich mehr erwartet. Die recht üppige Lichtanlage liefert nur wenige Reize für das Auge und bis auf eine vier Meter große Marionette und ein paar aufgeblasene Figuren passiert nicht viel. Das Drumset von Nicko McBrain steht in einer Ausbuchtung der Backline. Meine Hoffnung, dass er wenigstens mal in die Höhe gehoben wird, erfüllen sich nicht, obwohl die Konstruktion, auf der er platziert ist, darauf hindeutet. Leider sitze ich viel zu weit hinten um die Details erkennen zu können. Gut gefällt mir die Pyroshow. Viel Feuer und Knalleffekte bereichern den Abend ungemein. Alles läuft sehr harmonisch zur Musik, die, wie ich finde, für eine Band wie Iron Maiden viel zu kurz ist.
Andrea: Kommen wir zum Positiven: die Setliste mit vielen Klassikern. Manche mögen es bedauert haben, dass ein Standard wie "Hallowed Be Thy Name" fehlte, doch dafür gab es "The Prisoner" (sogar mit Szenen aus der Serie auf den Leinwänden). Hat mich gefreut, auch wenn ich persönlich noch lieber das sträflich unterbewertete "Children Of The Damned" gehört hätte. Oder lieber "Powerslave" statt "Phantom Of The Opera". Natürlich ist es so, dass wohl jeder Fan eine eigene Wunschliste hat und dass Steve Harris und Co. diese Listen alleine von der Länge her nie erfüllen könnten.
Immerhin kam neben Einigem, das einfach sein muss, auch einige länger nicht mehr live gehörte Songs, z. B. "Wasted Years". Herrlich, genau wie der Bombast von "Seventh Son Of A Seventh Son" oder die Hymne "Run To The Hills". Bei der Auswahl war es schwierig, einen geeigneten Moment zum Bierholen zu finden. Die Briten haben einfach zu viele gute Songs bzw. Hits. Darunter auch das wunderbare Mitsingstück " Fear Of The Dark", das zwar nach 1988 entstand, aber egal, solange es dabei Gänsehautgarantie gibt. Und solche Momente waren auch an diesem Abend wieder genügend vorhanden.
Holger: Da bin ich dann auch endlich beim Thema angekommen. Eingestimmt wird die Show mit dem UFO Klassiker "Doctor, Doctor". Die Fans im Saal toben schon, bevor das eigentliche Konzert beginnt. Eine sehr gute Wahl. Licht aus, Sternenhimmel über der Bühne an und in lang anhaltender Dunkelheit kommt die Band auf die Bühne. Bruce Dickinson, bekanntlich im Nebenjob Flugkapitän, übernimmt auch in Berlin sofort das Kommando. Die zweistöckige Bühne ist sein Element und diese nutzt er in vollen Zügen aus. Oft kommt man als Zuschauer mit dem Auge kaum nach, wenn er über die Bühne springt und von einer zur anderen Seite rennt. Er strotzt vor Kondition und kommt nur in wenigen Passagen der Show zur Ruhe. Seine theatralischen Einlagen, besonders bei "Phantom Of The Opera" sind sehenswert, seine Stimme enorm ausdrucksstark. Leider ist der Sound in der O 2-World sehr schlecht. Bei der ausgereiften
Technik im 21. Jahrhundert kann ich mir nur an den Kopf fassen und mich fragen, wo wir hier eigentlich leben. Es liegt mit Sicherheit nicht an der Halle, wie ich bei vorangegangenen Konzerten am selben Spielort feststellen konnte. Die Gitarristen sind kaum zu unterscheiden und der Bass von Steve Harris ist viel zu laut und klingt einfach nur scheppernd. Das Drumset ist zu leise und deshalb sind die Fill Ins kaum zu hören. Die Fans im Saal scheint es nicht zu stören. Die Stimmung ist hervorragend. Jeder Song wird im Chor mitgesungen und als "The Number Of The Beast" erklingt, ist für mich schon der Höhepunkt erreicht. Leider muss ich an dieser Stelle anführen, dass sich Iron Maiden bei der Länge ihrer Show nicht mit Ruhm bekleckern. Nach einhundert Minuten, inklusive drei gespielter Zugaben, ist der Abend schon zu Ende. Für eine Band mit so langer Geschichte deutlich zu wenig. Ebenso denken anscheinend viele der Anwesenden und bleiben in der Hoffnung auf mehr lange nach dem Ende im Saal. Erst das Outtro von Monty Python signalisiert, dass definitiv nichts mehr kommt. Lächerliche siebzehn Songs, dazu ein mäßiges Vorprogramm. Ich gehe mit gemischten Gefühlen nach Hause. So richtig zufrieden bin ich nicht.
Andrea: Das Zweite, wobei man bei Maiden immer mit Qualität rechnen kann, ist die Show. Die Kulisse war eine Variante der Eislandschaft von damals, dazu gab es erstaunlich oft Flammen (ja, Lieder… und Eis und Feuer…).
Wie bereits vor zwei Jahren wechselten die Hintergrundbilder passend zu den Songs. Eddie durfte natürlich auch nicht fehlen, der wieder einmal in neuer Optik (Uniform) über die Bühne stapfen durfte. Den Teufel bei "The Number Of The Beast" kannten wir hingegen schon vom letzten Mal.
Schön, dass ich dieses Jahr gute Sicht auf die Bühne hatte und alles sehen konnte, auch wenn von weiter weg. Und es hat etwas Beeindruckendes - so muss es den Bands von der Bühne aus gehen - ein Meer von klatschenden Händen zu sehen, selbst die leuchtenden Displays der Handys haben etwas von dieser Perspektive, auch wenn man sich schon fragen muss, ob manche Leute eigentlich nur zu Konzerten gehen, um sogleich auf Facebook, Youtube und ähnlichem zu posten…
Insgesamt also wieder ein Erlebnis, das jedoch ein
wenig durch den enttäuschenden Sound getrübt wurde. Wundert mich,
dass die Techniker das nicht besser hinbekommen haben, es handelt sich doch
um eine professionelle Halle - oder ist diese eher für Pop oder Night
Of The Proms geeignet? - so dachte ich zunächst. Nun, da wohl das Problem
auch in Berlin bestand, frage ich mich, woran das lag. Und ich kann die
gemischten Gefühle von Holger verstehen, denn einerseits war es ein
toller Abend, andererseits hatte ich irgendwie mehr erhofft nach den Monaten
der Vorfreude.
Setlist Iron Maiden:
Intro: Doctor Doctor (UFO song)
01:Moonchild
02:Can I Play With Madness
03:The Prisoner
04:2 Minutes To Midnight
05:Afraid To Shoot Strangers
06:The Trooper
07:The Number Of The Beast
08:Phantom Of The Opera
09:Run To The Hills
10:Wasted Years
11:Seventh Son Of A Seventh Son
12:The Clairvoyant
13:Fear Of The Dark
14:Iron Maiden
Encore:
15:Churchill's Speech
16:Aces High
17:The Evil That Men Do
18:Running Free
Outro: Always Look on the Bright Side of Life (Monty Python)
Setlist Voodoo Six:
01:Falling Knives
02:Sink Or Swim
03:Doing Me Wrong
04:Take The Blame
05:Feed My Soul
06:Long Way From Home
Line-up Iron Maiden:
Bruce Dickinson (vocals)
Dave Murray (guitars)
Adrian Smith (guitars)
Janick Gers (guitar)
Steve Harris (bass)
Nicko McBrain (drums)
Line-up Voodoo Six:
Luke Purdie (vocals)
Matt Pearce (guitar)
Chris Jones (guitar)
Tony Newton (bass)
Joe Lazarus (drums)
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