The James Gang wurde 1966 von dem Schlagzeuger Jim Fox im US-Bundesstaat Ohio gegründet und trat ursprünglich als Quintett mit zwei Gitarren, Keyboard, Bass und Drums an. Im Laufe der Zeit 'verlor' man den Keyboarder, im Januar 1968 stieß der Gitarrist Joe Walsh zu der Truppe und als der andere Sechssaiten-Mann sich ein gutes halbes Jahr später etwa eine Stunde vor einem Konzert verabschiedete, wollte sich die Band eigentlich auf der Stelle auflösen. Nur den bösen Drohungen des Clubbesitzers und den fehlenden Finanzen für den Heimweg ist es zu verdanken, dass The James Gang in dieser Nacht ihren ersten Gig zu dritt, in der Besetzung Joe Walsh (Gitarre, Gesang), Tom Kriss (Bass) und Jim Fox (Schlagzeug) spielten.
Was an diesem Abend auf der Bühne abging, war dann aber so überraschend gut wie auch begeisternd für die drei Musiker, dass man umgehend beschloss, in genau dieser Besetzung weiter zu machen. Dieses Konzert muss wohl offensichtlich ziemlich gut gewesen sein und lässt mich mal wieder mit entrückter Mine das Wort 'Zeitmaschine' auf den Wunschzettel fürs nächste Weihnachten schreiben. Danach ging alles ziemlich schnell. Die Band nahm ein Demo auf und spielte so viele Konzerte wie möglich. Besagtes Demo fiel nicht sehr viel später dem damals noch unbekannten Produzenten Bill Szymczyk (später u.a. Eagles) in die Hände, der sofort Kontakt zur Band aufnahm, um mit ihr an alten und neuen Songideen zu arbeiten.
Im Sommer 1969 war es dann schließlich soweit und die Studio-Aufnahmen zur ersten Scheibe, "Yer Album", standen an. Auf der Agenda befanden sich sowohl Eigenkompositionen, wie auch sorgsam ausgewählte Coverversionen wie etwa Stephen Stills' "Bluebird", die Yardbirds-Nummer "Lost Woman" oder auch "Stop" aus der Songschmiede von den Tin Pan Alley-Komponisten Ragavoy/Schuman. Heraus kam schließlich eine (Psychedelic-) Rock-Perle, die nicht nur für jede Menge Aufsehen sorgte, sondern auch - vor allem was den Sound anging - Maßstäbe für die Zukunft setzte.
Aber der Sound alleine macht noch lange kein gutes Album, geschweige denn einen Klassiker. Auf "Yer Album" glänzen neben starkem Songwriting (hauptsächlich von Walsh) auch die Versiertheit aller Musiker, die Intensität, die dennoch jederzeit vorhandene Lockerheit, der starke Gesang von Walsh und die spannungsgeladenen Arrangements. Schließlich verwendete man zur Abrundung bei einigen Songs auch noch Streicher, die das warme Klangbild dann abrunden.
"Tuning Part I" ist eigentlich nur ein kurzes Vorgeplänkel und tatsächlich nichts anderes als das Stimmen der Instrumente, das dann übergangslos in die Psychedelic Rock-Perle "Take A Look Around" übergeht. Ein getragenes, schwermütiges Keyboard umhüllt mit seinen Soundschwaden während Joe Walsh mit viel Feeling eine geile Gesangsmelodie darüber legt. Aber auch sein feinfühliges wie auch schneidend scharfes Gitarrenspiel (das ihm später eine Mitgliedschaft bei den Eagles - und somit Millionen - einbrachte) im Allgemeinen sowie die Soli im Besonderen treffen hier schon voll ins Schwarze.
Ausgesprochen stark aber auch die Spielwiese, die ihm da von Tom Kriss und Jim Fox unterbreitet wurde. Einfach nur geil und mitreißend dann "Funk #48", der Vorgänger des weitaus populäreren "Funk #49" (vom Nachfolge-Album "Rides Again"). Wahrlich ein kleines (da nur 2:48 Minuten lang) Feuerwerk wird da entzündet, das einfach nur Spaß macht und gute Laune verbreitet. Was für ein treibender Bass, was für druckvolle und dennoch locker leicht erscheinende Drums das sind. Und wer denkt, dass ich hier von den Highlights rede, der ist auf dem Holzweg.
Es folgt die Stephen Stills-Nummer "Bluebird" (original auf dem Buffalo Springfield-Album Again erschienen). Und obwohl ich auch das Original wirklich sehr schätze, ist diese hier vorgestellte Version mein Favorit. Direkt im Anschluss das nächste Cover, der Yardbirds-Titel "Lost Woman", der mit ca. zehn Minuten Laufzeit zweitlängste der Scheibe. Und hier wird (zunächst in "Bluebird" schon leicht angedeutet) dann gejammt, dass sich die Balken biegen. "Stone Rap" ist eine weitere kurze Impression aus dem Studio mit Zwiegesprächen der Band mit Produzent Szymczyk, das dann von den schönen "Collage" (Akustik-Gitarre unterstützt von Streichern) und der Walsh/Fox-Komposition "I Don't Have The Time" (ein treibender Rocker mit einer Prise Psychedelic) abgelöst wird.
Regelrecht episch mit schöner Piano/Streicher-Einleitung dann "Wrapcity In English/Fred", das einmal mehr Walshs hervorragende Songwriter-Qualität deutlich macht. Sehr melancholisch/schwermütig geht es hier zu, aber auch mit tonnenweise Feeling versehen. Zum Abschluss erfolgt dann mit "Stop" noch mal eine zunächst sehr melodische und eingängige Nummer, die sich dann in einen weiteren langen, nie langweilig werdenden Jam entwickelt und die mit einer Laufzeit von zwölf Minuten der längste Track der Scheibe ist.
"Yer Album" hielt sich nach seiner Veröffentlichung über ein Jahr lang in den amerikanischen Top100 Album Charts, bevor dann der Nachfolger "Rides Again" (1970) mit dem neuen Bassisten Dale Peters erschien und zum echten Verkaufsschlager wurde. Joe Walsh blieb danach für ein weiteres Album ("Thirds", 1971) in der Band, bevor er seine Solokarriere startete und schließlich bei den Eagles landete. Jim Fox versuchte mit anderen Musikern weiterzumachen. Es folgten weitere Scheiben und zahlreiche Besetzungswechsel, aber außer zwei sehr guten Alben mit Tommy Bolin (später bei Deep Purple) an der Gitarre konnte die Band musikalisch nicht mehr an alte Taten anknüpfen und Fox warf nach einem letzten Album ("Jesse Come Home", 1976) schließlich das Handtuch.
The James Gang hatte ihre beste Zeit definitiv in den Jahren mit Joe Walsh, aus der eigentlich jedes Album (und "Rides Again" im Besonderen) empfehlenswert ist. Mein Favorit wird allerdings immer das hier besprochene Debüt bleiben.
Line-up:
Joe Walsh (guitars, keyboards, vocals)
Tom Kriss (bass, good vibes, check flute)
Jim Fox (drums)
Tracklist |
01:Tuning Part I
02:Take A Look Around
03:Funk #48
04:Bluebird
05:Lost Woman
06:Stone Rap
07:Collage
08:I Don't Have The Time
09:Wrapcity In English/Fred
10:Stop
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