Mit Blödsinn zur MillionWer sich auf den Weg zu einem J.B.O.-Konzert macht, der sollte sich darüber im Klaren sein, dass es laut, bunt und sexistisch wird. Nebenbei wird auch noch ordentlich dem Alkohol gefrönt und somit ist Party ohne Ende angesagt. Was vor über zwanzig Jahren als Gag angefangen hat, ist inzwischen zu einer nicht mehr wegzudenkenden Institution in Deutschland geworden. Mit schöner Regelmäßigkeit tourt die Band durch die Lande und zeigt dem Musik liebenden Partyvolk, wer in Punkto Stimmungsmache das Sagen hat. Da können sich sogar der 'König von Mallorca' und sein Stiefelknecht Micky Krause noch eine dicke Scheibe abschneiden. Die Abgesandten der RockTimes-Redaktion hatten jedenfalls ihren Spaß und wir sind über das Erlebte während der Heimfahrt in einen Lachkrampf verfallen. Das Drumherum und die Show ist eine der geilsten auf der Bühne und kaum noch zu toppen.
Bereits als wir den Postbahnhof betreten, bemerken wir, dass bei diesem Konzert vieles anders ist. Der Innenraum wurde erweitert, und das dieses notwendig war, sollten wir noch erleben. Die Band hat auf der Bühne eine gigantische Technik aufgefahren. Vor der Tür ist uns ein riesiger Truck und der dazugehörige Nightliner aufgefallen - so lässt es sich gut leben. Der Merchandise-Stand ist mit Abstand der größte, den wir jemals bei einem Konzert gesehen haben. Alles wie mit dem Lineal gehauen und unter Glas drapiert, auf einer Länge von bestimmt zehn Metern. Der Verkauf von Ausstattung für Fans jeden Alters läuft auf Hochtouren, und jeder zweite kommt mit T-Shirts und sonstigem Brimborium in den Konzertsaal. Die Farbe des Abends ist dabei natürlich Pink und selbst bei verdunkelter Halle sticht das noch ins Auge.
Wir haben die Gelegenheit vor dem Konzert mit Hannes G. Laber und Drummer Wolfram Kellner ein Interview zu führen, welches ihr in einem separaten Bericht lesen könnt. Seid gespannt, was es dabei für ein 'G.Laber' gibt.
Pünktlich wie die Maurer steht die Vorband auf der Bühne. Krautschädel aus der Alpenrepublik Österreich, den meisten bestimmt weniger bekannt, singen sich mit ihren Mundart-Liedern in die Herzen derer im Saal. In ihrer Heimat sind sie in den letzten Jahren als Headliner unterwegs, und nachdem sie in Deutschland nun ebenfalls für Stimmung sorgen, dürfte sich ihre Fangemeinde bis zur Nord- und Ostsee erweitern. Ihre Musik bewegt sich im Bereich von Funk- bis Alternative Rock, und da sie Anfang Februar dieses Jahres ihre dritte CD bei Sony BMG veröffentlicht haben, sollte ihrem Erfolg nichts mehr im Wege stehen. Vierzig Minuten, für ungeübte Ohren recht schwer verständliches Textmaterial wird uns geboten, das in sehr kräftige Riffs verpackt ist. Die perfekte Einführung in J.B.O.s Happy Metal Thunder.
Während der Umbauphase kommt ein in weiß und pink gehaltenes Schlagzeug zum Vorschein, sowie eine Galerie von Marschall Backline-Boxen, die im gleichen Farbton eingefasst sind und der Menge entgegen strahlen. Beim Blick in Richtung Publikum ist kein freier Platz mehr zu entdecken, und der Veranstalter hat gut daran getan, den Innenraum zu erweitern. Eintausend Leute sollen es sein, aber unsere Schätzung geht noch einmal um ein Drittel höher. Der Altersdurchschnitt der Besucher ist sehr weit unten angesiedelt, und so stehen Mike und ich in einer Traube Jugendlicher zwischen vierzehn und achtzehn Jahren, und fühlen uns wie zwei Opas. Auf Grund dessen, dass J.B.O dem Genuss ihrer hauseigenen Brauereiprodukte während der Show nicht abgeneigt sind, und die Wortwahl in einigen Texten weit unter die Gürtellinie geht, wundert es mich, dass der Jugendschutz hier nicht ein Wörtchen mitzureden hat. Aber wie bei fast allem, setzt sich die Band auch darüber hinweg, und so wird schon mal angedeutet wie richtig zu Onanieren ist, und Schlagwörter wie 'Ficken' gehören zum normalen Sprachgebrauch. Allerdings möchte ich zur Entlastung der Band ausdrücklich betonen, das G. Laber mehrmals darauf hinweist, nicht alles ernst zu nehmen, oder vorgespielte Szenen am heimischen Herd zu wiederholen.
Nach der eingespielten Evolution der Musikgeschichte geht dann im Saal endlich der Punk ab. Mit lauten Sprechchören wird die Band auf die Bühne gerufen. Ich fühle mich jetzt schon wie im ausverkauften Fußballstadion. Mit einer kräftigen "Erection" geht es auch sogleich richtig los. Vito reibt dabei kräftig seine Gibson Flying V und zwei Statisten stellen ihre überdimensionalen Hörner zur Schau, die erregt aus ihren Bermuda Shorts heraus wollen.
Die Stimmung ist sofort auf dem Siedepunkt und wird bis zum Schluss nicht weniger. Textsicher ist im Saal jeder, und so können die beiden Frontmänner schon mal ihre Mikrofone außer Acht lassen und dem Publikum freien Lauf gewähren. Als dann mit "Geh'mer halt zu Slayer" die erste Hymne ertönt, flippt das Volk völlig aus. Es wird gemoscht was das Zeug hält, ohne Rücksicht auf Verluste, oder darauf, dass auch ein paar zarte Mädels vorne an der Bühne stehen. Auch Mike und ich bekommen so manchen Schlag ins Kreuz und aus Rücksicht auf meine
Fotoausrüstung, ziehen wir uns nach einer Stunde in die hinteren Reihen zurück. Natürlich nicht ohne vorher noch an der Peripherie "Arschloch & Spaß dabei" sowie die "Verbotenen Songs" mitgenommen zu haben. Auch während des Interviews habe ich mich mit G. Laber über die gewissen Cover-Songs unterhalten. Aber wie man während der Show hören konnte, gibt es für jedes Problem eine Lösung, indem man es nett umschreibt, darauf hinweist und sich trotzdem darüber hinwegsetzt. Alles dient ja nur zur allgemeinen Erheiterung des Partyvolkes, die ihren beiden Vorpredigern wie die Lemminge folgen. Anstatt Applaus zu spenden, wird nach jedem Song frenetisch »Danke Vito« im Chor gebrüllt, und die Band genießt sichtlich diese Huldigungen. Die Konzertveranstalter in Europa sollten sich in Zukunft angewöhnen, die Bühnen in Richtung Erlangen auszurichten, um beim "Glaubensbekenntnis" zu gewährleisten, dass die Fans ihre Götter in Pink auch in die richtige Richtung anbeten, wenn sie sich kollektiv auf Knien vor J.B.O. verneigen.
Ein Schauspiel ohne Gleichen, das bisher noch nicht einmal die größten Musiker der Welt für sich in Anspruch nehmen konnten. Weitere Minuten später heißt es wieder "Hoch die Tassen", und das "Fränkische Bier" wird gleich flaschenweise hinunter gespült.
Nach gut zwei Stunden sind nicht nur wir im Saal völlig fertig, sondern auch die anderen Fans lechzten nach einer kurzen Pause, bevor es im Zugabenblock mit den nächsten Gassenhauern weiter geht. "I Don't Like Metal" und "Tag zum Sterben" holen noch einmal das Letzte aus Band und Fans heraus. Die Hitze im Saal ist inzwischen unerträglich geworden und der Bierkonsum findet seinen Höhepunkt. J.B.O. haben es wieder einmal geschafft und ihr Ziel bei der aktuellen "Killertour" erreicht. Über eintausend Menschen haben vermutlich mehr Spaß als auf dem Ballermann. Gekillt wurde zum Glück keiner, dafür legen J.B.O. mit "Bolle" noch einen drauf und 'Verteidigen' sich zum Ausklang ganz brav.
Nächster Stop der Menge ist der Merchandise-Stand, um den sich inzwischen mehrere Hundert Menschen drängeln. Alle, die an diesem Abend zum Fan geworden sind, können sich mit der Grundausstattung, natürlich in Pink, eindecken. Das aktuelle Killeralbum
liegt gleich Stapelweise bereit und das passende T-Shirt, in Anlehnung an Iron Maidens
"Killer" findet reißenden Absatz. Als nette Weihnachtsbeigabe signiert zu später Stunde die Band auch noch das soeben erschienene biografische Buch, in dem sehr detailliert beschrieben wird, wie man aus Blödsinn Geld machen kann.
Auf dem langen Heimweg haben wir im Auto ausreichend Zeit darüber zu sinnieren, was wir im Leben falsch gemacht haben, und in Anbetracht der Erlebnisse des heutigen Abends bekommen wir beide einen Lachkrampf wie schon lange nicht mehr, und kriegen uns bis zu Hause kaum noch ein.
Unser Fazit lautet: Ein J.B.O.-Konzert ist absoluter Kult, und für jeden, der nur ein kleines bisschen etwas mit Metal oder lauter Musik am Hut hat, ist es ein Muss, zu einem der Konzerte zu gehen. Sonst habt ihr echt was im Leben versäumt.
Und auch von der RockTimes-Redaktion ein lautes 'Danke Vito'. Macht weiter so und bleibt eurer Linie treu.
Line-up Krautschädel:
Philipp 'Mölgie' Sikora (vocals, guitar)
Stefan 'Sonti' Sonntagbauer (bass)
Lukas 'Plescha' Plescher (drums)
Line-up J.B.O.:
Hannes 'G. Laber' Holzmann (vocals, guitar)
Veit 'Vito C.' Kutzner (vocals, guitar)
Ralph Bach (bass)
Wolfram Kellner (drums)
Tracklist |
Erection
KuschelmetalMuckerMix
Dr. met.
Geh'mer halt zu Slayer
Killer
Girls Girls Girls
Mensch ärgere Dich nicht
Arschloch & Spaß dabei
Dadadidadadadei
Verkehr
Kalaschnikow
Verbotene Songs
Bimber Bumber
Hölle (Satan)
Drumsolo
Gänseblümchen
Lieber Fieber
Glaubensbekenntnis
Hose Runter
Fränkisches Bier
Schlaf-Ällabätsch-Lied
Alde im Playboy
Fest
I Don't Like Metal
Tag zum Sterben
Bolle
Verteidiger
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