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Jethro Tull / Too Old To Rock'n'Roll: Too Young To Die!
40th Anniversary Edition
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Kann sich noch jemand an die Szene des Streifens "Almost Famous" erinnern, wo die Band im Film gegen Ende per Privatjet von Termin zu Termin reist und plötzlich in einen so bösen Sturm gerät, dass alle denken, das Ende sei gekommen? Genauso erging es Ian Anderson Mitte der Siebziger mal, wobei der Frontmann spontan dachte »Fuck, ich bin zu alt für diesen Scheiß!!!«. Ging aber natürlich alles gut aus und sobald sich die Wetterlage wieder geklärt hatte, dachte er sich ein paar Minuten später: »Aber ich bin viel zu jung, um zu sterben!« Ein kleines Licht (auch 'Guter Einfall' genannt) ging an und schwupps war die Idee für einen neuen Song geboren.
In der never ending Reihe der Reissues anlässlich runder Geburtstage mit der Vier davor, hat auch die Combo Jethro Tull ihr damaliges Werk noch einmal neu auf den Markt gebracht. Und dabei ist "Too Old To Rock'n'Roll: Too Young To Die!", zumindest in der vorliegenden "40th Anniversary Edition - The TV Special Edition", ziemlich opulent ausgefallen, wie die Neuauflagen der vorhergehenden Scheiben. Mit zwei CDs sowie zwei DVDs, verpackt in eine dicke Box mit jeder Menge Text und Fotografien, wird hier noch einmal dem Jahr 1976 und einem alternden Musiker, dem Protagonisten dieser Konzept-Platte, gedacht.
Wenn man sich oberflächlich im weltweiten Netz so umschaut, dann hat "Too Old To Rock'n'Roll..." nicht gerade den besten Ruf, betreffend des Lebenswerks der Band um Ian Anderson. Wobei ich mich - je öfter die Scheibe läuft - über den Ursprung solcher Aussagen wundere. Denn grandiose Songs bietet diese Platte allemal, wenn auch nicht durchgehend. Der Klang (erneut von
Steven Wilson überarbeitet und auf den optimalen Stand gebracht) ist astrein, massenhaft Bonus-Material ist ebenfalls vorhanden. Die Bonustracks wurden zwar teilweise bereits zuvor veröffentlicht, aber immerhin sind hier mit "Salamander's Ragtime" sowie "Commercial Traveller" auch zwei absolute Novizen am Start. Der Titelsong gilt mittlerweile als Klassiker und braucht ganz sicher nicht mehr gesondert vorgestellt zu werden. Dabei sind es speziell die letzten vier Tracks der Platte, die es mir angetan haben. Neben der gerade erwähnten Nummer zum einen das unheimlich gut ins Ohr gehende "Pied Piper", das folkig rockende "Big Dipper" oder die grandiose Ballade zum Abschluss in Form von "The Chequered Flag (Dead Or Alive)". Aber auch die weiteren Uptempo-Stücke "Quiz Kid" und "Taxi Grab" sind alles andere als von schlechten Eltern, ebenso wie das eher (der Story geschuldet) resignierende "From A Dead Beat To An Old Greaser". Die in der gerade gehörten neuen Version verwendeten Tracks entstammen übrigens nicht dem Original-Album, sondern vielmehr einer Neueinspielung, die die Band nur kurze Zeit später für ein (noch genauer unter die Lupe zu nehmendes) TV-Special vornahm. Abgeschlossen wird die erste CD dann aber tatsächlich von fünf restaurierten Tracks der Original-Platte. Hört sich alles klasse und geradezu perfekt an.
CD Nummer Zwei enthält im ersten Part die "Associated Recordings", also Aufnahmen bzw. Outtakes, die rund um die oder während der Albumeinspielung entstanden. Erwähnenswert hier die beiden bereits erwähnten bisher unveröffentlichten Tracks, dazu "Salamander" als Instrumental, eine akustische sowie orchestrierte Version von "A Small Cigar" und - besonders interessant - eine ganz frühe Version von "One Brown Mouse", das erst ca. zwei Jahre später auf dem Album "Heavy Horses" erscheinen sollte. Der zweite Part des zweiten Silberlings enthält die unbearbeiteten Aufnahmen des Original-Albums und hier fällt dann ganz extrem auf, warum die Scheibe bisher nie besonders beliebt unter den Fans war. Im Vergleich zu der neuen Version klingt diese nämlich geradezu dumpf, unwahrscheinlich viele Details gingen darauf verloren, sodass die elf Tracks hier geradezu 'stumpf' erscheinen.
Der zweite Teil der ersten und die komplette zweite DVD bieten weitere Soundbearbeitungen im 5.1 Dolby Digital Surround- bzw. 24/96 Stereo PCM-Sound, über die sich besonders die Soundfetischisten freuen dürften. Aber das Sahnestück stellt natürlich das damalige TV-Special dar, das die Band zu jedem Song des Albums entweder auf der (TV-Studio-) Bühne oder vor weiteren Kulissen zu Playback-Einspielungen zeigt, zu denen sie dann auf Teufel komm' raus posen darf.
Hochinteressant auch hier wieder die verschiedenen Charaktere: Anderson natürlich als (un-) gekrönter Häuptling, Barriemore Barlow trotz ganz starker Schlagzeugarbeit stumm und emotionslos, der zwar geniale Gitarrist, aber leider mit nullkommanull Charisma gesegnete Martin Barre, dem mit Neuzugang John Glascock das krasse Gegenteil gegenüber steht und schließlich der irgendwo zwischen entrückt und wahnsinnig wirkende John Evan an den Pianos. So gut es geht, wird hier das Konzept bzw. die Geschichte der Platte (die sowieso zunächst als Bühnenstück geplant war) nachgespielt. Herrlich, selbst wenn man aufgrund der schauspielerischen Qualitäten der Musiker manchmal doch eher tief durchatmen muss. Eine echte Bereicherung für dieses Gesamtpaket ist der knapp dreiviertelstündige Streifen allemal.
"Too Old To Rock'n'Roll: Too Young To Die!" hatte wie bereits erwähnt bisher nicht den besten Ruf unter den Tull-Fans, was sich mit dieser neuen Version ganz sicher ändern oder zumindest relativieren wird. Denn an den (wenn auch verglichen mit anderen Alben relativ simplen) Songs selbst gibt es kaum was zu mäkeln, der Sound ist um Welten besser als auf der Original-Scheibe und dazu gibt es ja auch noch reichlich Bonus-Material, das zugegebenermaßen vor allem für die Anhänger der Band interessant ist.
Die vorliegende Box ist die optimale Gelegenheit, dieses Album entweder wieder neu für sich zu entdecken bzw. Frieden mit ihm zu schließen oder die Band überhaupt erst kennen zu lernen. Sehr feine Sache, die sich auch unter dem Weihnachtsbaum gut macht!
Line-up
Ian Anderson (acoustic & occasional electric guitars, flute, percussion, lead vocals) Martin Barre (electric guitars) John Evan (pianos) Barriemore Barlow (drums & percussion) John Glascock (bass, background vocals) With: David Palmer (saxophone solo on "From A Dead Beat To An Old Greaser") Maddy Prior (background vocals on "Too Old To Rock'n'Roll: Too Young To Die!") Angela Allen (background vocals on "Crazed Institution" & "Big Dipper")
Externe Links:
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