Mickey Jupp / Long Distance Romancer
Long Distance Romancer Spielzeit: 41:41
Medium: CD
Label: Repertoire Records, 2013 (1979)
Stil: Rock


Review vom 26.11.2013


Markus Kerren
Beim Studieren des Rockpalast-Reviews meines geschätzten Kollegen Steve musste ich ja fast schon schmunzeln. Wenn selbst ein wandelndes Rockgeschichts-Lexikon wie unser 'Southern Man' den englischen Musiker und Songwriter Mickey Jupp nicht kannte, dann muss ich mir wohl selbst auch keine Gedanken machen, dass mir die Musik dieses Mannes (der Name war natürlich bekannt) bisher noch nicht auf den Tisch bzw. die Anlage kam. Oder wie mein ebenfalls geschätzter Kollege Jürgen immer so schön und weise zu sagen pflegt: »Man kann einfach nicht alles und jeden kennen!«
Wie dem auch sei, besagter Rockpalast-Auftritt erfolgte nach der Veröffentlichung und zur Promotion des hier zu besprechenden Albums "Long Distance Romancer", wobei ich überrascht feststellen musste, dass Jupp davon gerade mal drei Nummern in den heiligen Hallen des WDR-Studios in Köln (wo auch die grandiosen Auftritte von Frankie Miller, Rory Gallagher, Ian Dury und vielen anderen aufgezeichnet wurden) zum Besten gab. Ob er damals selbst nicht so ganz überzeugt von seinem aktuellen Studioalbum war, oder einfach nur ein Best of-Programm zum Besten geben wollte, weiß wohl nur der Engländer selbst.
Die Jahre rund um 1980 waren musikalisch gesehen ja schon eine etwas sonderbare Zeit. Altgedientes hatte weitläufig sprichwörtlich ausgedient und außer ausgemachten Sturköppen sowie wenigen anderen, die es sich schlicht und ergreifend finanziell leisten konnten, ihren alten und geliebten Stil störrisch weiter zu zelebrieren, suchte im Prinzip doch Gott und die Welt nach einem neuen Sound. Und auch der Londoner Mickey Jupp tastete während der Aufnahmen zu diesem original im Jahr 1979 erschienenen Album noch etwas unsicher und suchend in der Gegend herum. Was dann zwar keinesfalls zu einer schlechten Platte führte, aber dennoch zu einer, die etwas unentschlossen wirkt.
Etwas klinisch und steril hört sich der Gesamtsound an, was zum einen an den damals modernen Keyboard-Sounds liegt, zum anderen an einer frisch zur Schau gestellten 'Sauberkeit' (naja...), die sich ganz sicher auch von der 1979 immer noch grassierenden Punk-Bewegung abheben wollte. Aber um nicht falsch verstanden zu werden: Mickey Jupp hatte auch auf "Long Distance Romancer" jede Menge gute Songs am Start, lediglich der rote Faden sowie die allumfassende Stimmigkeit, die u. a. für einen Klassiker der Rockgeschichte so wichtig sind und unbedingt da sein müssen, fehlen hier.
Da ist ein sehr sarkastisches, deutlich an den Jazz angelehntes "Politics", das beispielsweise im vollkommenen Widerspruch zu der E-Piano-Ballade "Hard Times" oder auch der klassischen Fünfzigerjahre-Rock'n'Roll-Nummer "You Know What I Mean" (mit sehr modernem Sound) steht. Eine der bekannteren Nummern ist "Switchboard Susan", ein verschleppter Groover, der mit Bläsern aufgepeppt wurde. Der Opener "You Made A Fool Out Of Me" ist im Prinzip ein klassischer Rocksong, während der letzte Titel des regulären Albums ("Make It Fly") ein Singer/Songwriter-Stück mit lediglich akustischer Gitarre und Gesang (plus Keyboard-Sounds im Hintergrund) darstellt.
Okay, ich bin selbst nach wie vor etwas gespalten. Auf Mickey Jupps "Long Distance Romancer" geben sich eigentlich durchgehend gute Songs mit einer gewissen Stil- und Soundbeliebigkeit die Klinke in die Hand. Alte Fans dürfte die Scheibe damals wahrscheinlich verwirrt haben und um neue zu gewinnen, war sie wahrscheinlich etwas zu uneinheitlich.
Ganz sicher ist aber, dass Mickey Jupp weder ein Dilettant war, noch ist. Und ich bin schon sehr gespannt auf das Nachfolgealbum "Oxford" (1980), das wohl in Kürze auf meinen Seziertisch flattern wird.
Line-up:
Mickey Jupp (rhythm guitars, keyboards, lead & background vocals)
Kevin Godley (drums & percussion, background vocals)
Gary Tibbs (bass, harp)
Lol Creme (electric guitars, background vocals)
Andy Mackay (saxophones, lyricon)
Petrina Lordan (background vocals)
Erin Lordan (background vocals)
Tracklist
01:You Made A Fool Out Of Me
02:Chevrolet
03:Barbara
04:You Know What I Mean
05:True Love
06:Politics
07:Hard Times
08:Switchboard Susan
09:I'm In Control
10:Make It Fly
11:Rooms In Your Roof (Bonus Track)
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