Aber selbstredend - wir sprechen schließlich von einer der führenden Krautrockbands - kann auch der musikalische 'Inhalt' (nahezu) restlos überzeugen. Mit "Karthago" gelang den Wahlberlinern 1971 ein überzeugender Einstieg in die Szene und sie konnten sich mit den Nachfolgern,
Second Step und vor allem (ihrem?)
Rock'N Roll Testament, eindrucksvoll steigern. Zu
Karthago ist nun wirklich alles gesagt - steigen wir also kurzerhand mit der Musik ein...
Als eine der ganz wenigen deutschen Bands arbeiteten
Karthago von Anbeginn mit zwei Schlagwerkern. Entsprechend rhythmisch ging es stets zur Sache. Gleich mit dem Opener "String Rambler" legen
Tommy Goldschmidt und
Wolfgang Brock, der wenig später bereits wieder aussteigen sollte, einen mörderischen Groove vor. Das klingt viel eher nach
Santana oder
Little Feat. Kein Vergleich zu ihren 'krautrockenden' einheimischen Kollegen -
Karthago klangen immer sehr viel 'amerikanischer'. "I Don't Live Tomorrow" zieht genau durch die gleiche Furche. Was ihnen hier in ihrer Frühphase noch an abgeklärter Souveränität fehlen mag, gleicht der Fünfer durch enorme Spielfreude aus!
"Karthago" präsentiert sich stilistisch deutlich weniger kompakt als seine Nachfolger: Progressive Ambitionen offenbart "But I Know", bei dem
Karthago zwei Gänge zurückschaltet. Entfernt erinnert die Nummer an die
Genesis'schen Anfangstage, vor allem wegen
Joey Albrechts (hier) an
Peter Gabriel erinnerndem Gesang. Das akustische "Morning Surprise" vermittelt dagegen
Woodstock-Feeling. Mein Liebling, die harte Funk-Nummer "I Give You Everything You Want", wird durch den, wohl von
Cream inspirierten Rumpelrocker "I Know You Can Do My Babe" abgelöst.
Ergo: Etwas uneinheitlich ist "Karthago" schon, aber wir befinden uns ja auch erst am Anfang ihrer viel zu kurzen Karriere.
Unverhohlen lädt "Why Don't You Stop Buggin' Me" zum Genuss alternativer Rauchwaren ein - mein zweiter Favorit der Scheibe und [augenzwinker]: 'Es' funktioniert heutzutage auch durchaus mit Wein. Leider ist der Song, ebenso wie das folgende "Black Fire", nur wenig ausgewogen abgemischt - die Perkussionen erschlagen regelrecht Ingo Bischoffs überaus inspiriertes Spiel auf der Hammond.
Das abschließende "Nos Vamos" fällt dagegen etwas ab. Das Thema ist zwar mörderisch gut, aber es wird nach lediglich 1:38 recht unsensibel abgebrochen - die LP hätte seinerzeit sicherlich noch problemlos ein paar jammige Minuten verkraftet...
"Karthago" rundet die nun vollständig auf CD erhältliche Diskographie der Band ab, und Dank des Covers bekommt die Platte einen Ehrenplatz im Krautrock-Regal. Schanke döhn, MiG!!