King Of Agogik / Exlex Beats
From A To A Spielzeit: 77:05
Medium: CD
Label: superskunk/Saustark Records, 2014
Stil: Instrumental Prog

Review vom 05.01.2015


Boris Theobald
'Was nimmt der Mann eigentlich ...'

Europe - "The Final Countdown"
... mag man sich fragen. Schlagzeuger Hans Jörg Schmitz, laut eigenen Angaben 'freischaffender Musiker, Schlagzeuglehrer und passionierter Trommler' hat sich für das Album "Exlex Beats" nun schon zum fünften Mal das Schlagzeug-Superhelden-Cape des King Of Agogik übergestreift.

ELP - "Pictures At An Exhibition"

Es dauert mal wieder mehr als 70 Minuten, bis er wieder zur Landung ansetzt. "Exlex Beats" ist voll bis zum (progressiven) Anschlag und die Trommelschüler bekommen wieder viel Anschauungs('Anhörungs-'?)material mit.
King Crimson - "Dinosaur"

Das Besondere dieses Mal: Mr. Schmitz hat ja immer schon gern mit Soundschnipseln gespielt - dieses Mal aber hat er sage und schreibe 88, wie er sagt, 'gestohlene Teile' untergebracht ... Samples, Andeutungen, musikalische Zitate an berühmte Stücke der Rock- und Prog-Geschichte und insbesondere jener, die ihn in irgendeiner Weise beeinflusst haben. Oder die gerade beim Komponieren quer

The Knack - "My Sharona"
durchs Hirn zogen.
»Wer über 50 Stück hört, ist klasse«, sagt Hans Jörg Schmitz, »wer mehr als 70 findet, ist ein Kenner ... und unter fünf ist es bestimmt ein Basser«, fügt er ganz verschmitzt hinzu. Meint er aber nicht so. Aber nicht nur Basser hinterlässt er mit dem Gefühl, da am laufenden Band viele Songs zu erkennen, die man aber gerade partout nicht zuordnen kann! "Exlex Beats" packt einen unterschwellig - und man macht sich einen Sport daraus, immer und immer wieder 'auf die Suche' zu gehen.

AC/DC - "Thunderstruck"
Seine instrumentalen Kompositionen verteilt der King Of Agogik auf elf Tracks, darunter eine kleine Überleitung ("Making Of SWEP"), ein noch kleinerer Schlusspunkt ("Arrived Without Travelling"), aber auch zwei richtig dicke Brocken. Beim fast 23 Minuten langen "Thin As A Skin" zeugt schon der Name davon, dass sich das Stück auf Jethro Tulls Thick As A Brick bezieht - eine kleine, große Liebeserklärung. Und "11th Sense" nimmt sich für seine elf Sinne immerhin zwölf Minuten Zeit.


Yes - "Owner Of A Lonely Heart"
Diese Longtracks sind ganz schöne Parforceritte der Synapsen! Komplexe Musikmosaike von spielerisch-grenzgenialer Verquertheit, bombastisch und avantgardistisch, aber in gewissen Momenten auch schon mal zurückgenommen und beinahe hinterlistig abwartend - kleinteilig, aber groß angelegt.

Black Sabbath - "Iron Man"

Aber wir kriegen keine Drum-Solo-Show geboten! Hans Jörg hat eine bewährte und befreundete Entourage an Musikern für Tasten-, Zupf-, Streich- und Blasinstrumente eingeladen, plus ein paar Neulingen. Die brennen mehr oder weniger kurze melodische Wunderkerzen ab, in rhythmisch vertrackter Symbiose mit dem Chef auf dem Schemel. Keine leichte Kost, aber ein lohnenswerter Trip!
Lenny Kravitz - "Are You Gonna Go My Way"

Wenn gerade mehrere 'geklauter' Stückchen hintereinander vom Stapel gelassen werden, dann wirkt es beinahe, als hätte jemand eine ordentliche Portion Rockgeschichte in eine Petrischale getan, den Bunsenbrenner drangehalten und eine heftige exotherme Reaktion in Gang gebracht! Aber es geschieht dann doch alles sehr kontrolliert und mit größtem Können. Nicht übel, die Herren, wie ihr die musikalischen Molekülketten auflöst und zu etwas Neuem zusammensetzt!
Van Halen - "Jump"

Leichter verdaulich, aber nicht minder interessant sind kürzere Nummern mit markanteren Eigenschaften. Bei "Bronto's Navel" wird funky geslappt, bei "Musicogenic Epilepsy" groovend gejammt. "Lick Me" ist schneller, schwerster Dampfdruck-Heavy-Riff-Rock, und "The Venturous Dream Of A Schlabbershirt" eine pure Bass- und Schlagzeug-Studie, die sehr, sehr lässig vor sich hin ... schlabbert.

Nirvana - "Smells Like Teen Spirit"
"Nomouglea" und "Sheol" bieten mit ihrem abgespeckten Klangbild - teils rein akustisch gehalten, inklusive Geige und Querflöte - ein paar willkommene, teils mystisch angehauchte, lyrische Ruhepunkte. Gerade so eine spanische Gitarre erzeugt vorm inneren Auge des Hörers irgendwie neblige Naturlandschaften.

Genesis - "Fly On A Windshield"

Der Achtminüter "The Chasteness" als wohl melodiebetontestes Stück des Albums mausert sich wegen der schön durch die Instrumente durchdeklinierten, rhythmisch markant ins Notensystem gemeißelten Hookline, zu einer Lieblingsnummer.

Metallica - "Enter Sandman"
Und weil wir noch längst nicht bei 88 sind, legen wir die Platte noch mal auf und starten von vorn. Schon beim zweiten Durchlauf wird der proggige Plan des King Of Agogik ein bisschen klarer. Und nach der dritten Runde sind wir vielleicht sogar schon so weit, zu sagen:
'Ich will auch das nehmen, was der Mann genommen hat!'
Line-up:
Hans Jörg Schmitz (drums, keyboards, bass, guitars)
Michael Elzer (Chapman stick)
Dago Wilms (guitar, bass)
Steve Unruh (violin, flute)
Gary Farmer (bass)
Peter Simon (oboe)
Eril Vaxjö (Mellotron)
Michael Kreutz (bass)
Pantelis Petrakakis (bass)
Andrew Marshall (Spanish guitar, keyboards)
Arne Schäfe (guitar)
Roland Christopher, Doris Jonas (spoken words)
Tracklist
01:Bronto's Navel (3:09)
02:11th Sense (11:57)
03:Nomouglea (7:12)
04:The Chasteness (8:17)
05:Making Of SWEP (1:37)
06:Musicogenic Epilepsy (3:50)
07:Sheol (8:21)
08:Lick Me (5:17)
09:The Venturous Deam Of A Schlabbershirt (3:02)
10:Thin As A Skin (22:47)
11:Arrived Without Travelling (1:31)
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