Blues Moose Radio: Im Studio ist Michael Katon. Michael, herzlich willkommen beim Blues Moose Radio.
Michael: Hallo! Ich freue mich hier zu sein.
Blues Moose Radio: Du hast eine akustische Gitarre bei dir, die wir für dich organisiert haben. Wir werden miteinander reden und zwischendrin wird er einige Songs spielen. Gestern Abend hast du ein akustisches Konzert gegeben. Das ist nicht unbedingt etwas, was man von Michael Katon, dem 'Boogieman From Hell' erwartet. Normalerweise hast du deinen Verstärker bis zur zwölf aufgedreht.
Michael: Weiß du was? Der Original-Song "Man From Hell" ist auf dem Album "Rub" eine akustische Nummer.
Blues Moose Radio: Okay!
Michael: Erinnerst du dich daran? Das ist eine lange Zeit her. Du bist vielleicht viel zu jung, um dich daran zu erinnern.
Blues Moose Radio: In den frühen Neunzigern.
Michael: Ja, vielleicht so um die Zeit.
Blues Moose Radio: 1993. Ich habe meine Hausaufgaben ein klein wenig gemacht.
Michael: Ab und zu spiele ich die akustische Gitarre, zu Hause ausschließlich, um damit aufzunehmen.
Blues Moose Radio: Ist es nicht so, dass eine Song erst dann klasse ist, wenn er akustisch und elektrisch verstärkt gut klingt?
Michael: Oh ja, es ist wahr. Man sollte einen Song pfeifen können, wenn er wirklich gut ist. Songwriter nennen es den Pfeif-Test, und wenn er den bestanden hat, dann ist es ein guter Song. Die meisten meiner Kompositionen bestehen diesen Test nicht. Also spiele ich lieber die Gitarre.
Blues Moose Radio: Vielleicht ist es ja so, dass bei den Zuschauern nach einem Konzert die Ohren pfeifen.
Michael: Ja, genau! Meine pfeifen jetzt noch.
Blues Moose Radio: Spiel uns doch einen Song.
Michael: Okay, vorhin hast du gesagt, dass du "Barbeque On My Boogie" magst.
Blues Moose Radio: Wir haben hier einen schlimmen Winter. Kein Schnee, nur Regen. Es ist Barbeque-Wetter.
Michael: Ich mag immer Barbeque, speziell wenn es sich um meinen Boogie handelt.
Michael Katon hatte das Bottleneck am kleinen Finger seiner linken Hand schon lange in Bereitschaft und schon die ersten Sekunden von "Barbeque On My Boogie" waren Gänsehaut pur. Im Radiostudio erlebt man einen Musiker noch hautnäher als in einem kleinen Club, und wenn die Zahl der Zuschauer auf zehn gegrenzt wurde, dann darf man schon das Wort exklusiv in den Mund nehmen. Michael Katon machte den Raum zum Juke Joint und sang mit einer rauchig-rauen Stimme. Der Delta Blues ließ grüßen, nicht mit einem kleinen Winken, sondern mit ganz großen Gesten. Die Fußwippe war im Dauereinsatz und die Gänsehaut hatte eine Akkordschicht eingelegt. Michael Katon und sein Metallröhrchen ... eine unzertrennliche Einheit.
Michael: Hey, hey! Das ist ein guter Samstags-Song!
Blues Moose Radio: Ja! Und ein guter Blues-Song! Da passiert ja viel.
Michael: Das ist die Wahrheit!
Blues Moose Radio: Ist das ein gutes Rezept für einen Song? Ein Blues-Lied muss das wirkliche Leben widerspiegeln.
Michael: Sex and Food!
Blues Moose Radio: Und einige Anspielungen gehören auch dazu.
Michael: Ja, genau das ist es!
Blues Moose Radio: Welchen Text hältst du für den besten von dir geschriebenen?
Michael: Von mir?
Blues Moose Radio: Einer von dem du sagen würdest, das du stolz darauf bist.
Michael: Mensch, das kann ich dir nicht sagen. Ich spiele einen Song.
Er stimmt die Saiten der Dobro.
Michael: Wie alt sind die Saiten auf der Gitarre? Hat Son House das Ding zuletzt gespielt?
Wieder mit Juke Joint-Atmosphäre servierte Michael Katon den wenigen Gästen einen Track, in dem er einen Beweis seines tollen Fingerpickings gibt. Natürlich muss es in einer Nummer aus dem Delta auch um »evil hours, the devil« oder um »the devil's daughter« und »no mercy« gehen ... "The Devil's Daughter".
Blues Moose Radio: Das ist der Blues! In deiner Biografie habe ich gelesen, dass deine Eltern dich tatkräftig dabei unterstützt haben, ein Instrument zu lernen.
Michael: Mein Bruder war ein Drummer. Er ist rund sieben Jahre älter als ich und er spielte schon in Bands. Ich wollte ein Schlagzeuger sein, aber meine Eltern hatten schon genug von einem hämmernden Schlagzeug im Haus. Er war einfach zu laut. Seit ich zehn Jahre alt war, spielte ich in der Schule die Trompete.
Blues Moose Radio: In einer Marching Band.
Michael: Ja, in der Junior High School. Um dir die Wahrheit zu sagen ... es machte mir nichts aus. Aber alles war organisiert und ich wollte nicht wirklich ein Teil davon sein. Aber, mit einer Drum-Line hinter dir, die aus fünf Basstrommeln und zwanzig Snares bestand die Straßen hinunter zu marschieren, war ziemlich aufregend. Der Beat war toll!
Blues Moose Radio: Bist du auch in Stadien einmarschiert?
Michael: Ich war in Stadien, wie zum Beispiel dem University Michigan Stadium, wo viele Bands in der Halbzeit eines Football-Matches spielten. Da waren rund hundert Marching Bands auf dem Feld und alle spielten zum Beispiel "The Stars And Stripes Forever" oder andere patriotische Lieder. Weißt du, John Philip Sousa-Songs und so etwas.
Blues Moose Radio: Das wäre eine tolle Sache, wenn du mit einer Marching Band auf die Bühne marschierst und Michael Katon spielt danach einen Boogie.
Michael: Aber cool waren am Nachmittag die Proben vor dem Spiel. Dort gab es zwei oder drei Dirigenten, die auf hohen Leitern standen, damit man sie sehen konnte. Sie ließen nur die Basstrommeln oder Cymbals spielten. Boom ... das war wie ein Donner. Es war cool, ich mochte es.
Blues Moose Radio: Hattest du Trompetenunterricht?
Michael: Niemand unterrichtete mich.
Blues Moose Radio: Wer brachte dir das Gitarre spielen bei?
Michael: Über die Jahre ganz unterschiedliche Leute. Als ich ein Junge war, traf ich in einem Musikladen, in dem ich arbeitete, einen Farbigen. Dort verkaufte ich Gitarrensaiten und andere Dinge. Der Mann kam rein und wollte Saiten für seine alte Stella-Gitarre haben. Son House und andere spielten diese Gitarren und der Kunde wünschte Black Diamond-Strings. Es waren übrigens die einzigen Saiten, die wir bekommen konnten. Sie waren echt günstig. Also zog ich die Saiten auf und spielte einige Licks. Der Kunde wollte auch lernen, so zu spielen. Auf die Frage, ob er überhaupt spielen könnte, meinte er, nur das alte Country-Zeug aus Mississippi, denn von dort kam er. Dann spielte er einige Licks, die wirklich schwer zu lernen waren. So, wie Muddy Waters spielte. Er kam aus dem tiefsten Süden und als er im Laden spielte, versammelten sich einige Leute um ihn. Dann hatte er ein Taschenmesser in der Hand und ...
... plötzlich hatte auch Michael Katon ein Taschenmesser in der Hand und benutzte es, zwischen Mittel- und Ringfinger geklemmt, als Bottleneck. Hammer!
Michael: So lernte ich zunächst die Slide-Technik.
Blues Moose Radio: War er ein farbiger oder weißer Typ?
Michael: Ein Farbiger ... Old John Smith. Ich habe Blind Willie Johnson so spielen hören.
Michael Katon gabt einige kurze Kostproben verschiedener Slide-Techniken.
Michael: Manchmal bekommt man diesen 'Taschenmesser'-Sound auf seinen Platten mit. Manche Leute sagen, es klingt wie Schraubenziehen.
Blues Moose Radio: Mag sein, dass es einerseits einfacher ist, als ein Bottleneck zu benutzen. Aber andererseits sorgt es für eine mehr melancholische Stimmung. Es ist mehr Schmerz im Song.
Michael: Manche Leute realisieren nicht, aus welchem Material ein Bottleneck ist. Kannst du die Riefen in meinem Metall-Bottleneck sehen? Es ist aus weichem Messing gefertigt worden. Diese sind handgemacht, speziell für mich. Ich hatte die Gelegenheit, einmal mit Robert Lockwood Jr. zu sprechen. Die Geschichte erzählt, dass er Robert Johnsons Stiefsohn ist. Ich fragte ihn, welches Bottleneck Robert Johnson benutzte. Irgendetwas Metallisches. Muddy Waters hatte ein ziemlich kurzes Bottleneck.
Wow, so ganz ohne Vorwahrung spielte Michael Katon so, als säße Robert Johnson persönlich vor einem und sang zur Abwechslung mit beeindruckend hoher Stimme. Klasse!
Michael: Wie dem auch sei ... ich fühlte mich in die Musik hinein und machte ein einiges Lied daraus.
Jetzt spielte er seinen an Robert Johnson angelehnten einigen Bottleneck-Stil. Offen gesagt, diese virtuosen Kostproben mit dem Metallröhrchen waren erste Güte. In der akustischen Version wurde "Rock Around" ein echter Genuss. Der Applaus war vollkommen berechtigt.
Blues Moose Radio: Hey, klasse! Und dann fingst du an, in Detroit, Michigan zu spielen.
Michael: Ja, ich wuchs in der Stadt Ypsilanti auf. Es ist ein ungewöhnlicher, griechischer Name, der eines berühmten Generals. Es ist eine Industriestadt. Ähnlich wie Detroit.
Blues Moose Radio: Blue Colour.
Michael: Ja, echt Blue Colour. Es gab früher eine Art von Trennlinien durch die Stadt. Die Farbigen lebten im südlichen Teil, manchmal sogar, sehr konkret, durch einen Straßenzug begrenzt. Die Hillbillies, dort wo ich aufwuchs, waren im östlichen Teil und die reichen Leute lebten im Westen.
Blues Moose Radio: Die coolen Leute lebten im Norden.
Michael: Es gab Rebels und Yankees. Wenn du aus dem Norden kamst, warst du ein Yankee. Wenn du aus dem Süden kamst, warst du ein Rebel. Ich war der einzige Yankee in meinem Block. Alle anderen kamen aus dem Süden und arbeiteten in einer Automobilfabrik. Man baute für die Leute kleine Häuser um das Fabrikgelände und genau dort wuchs ich auf. Jedes Haus sah gleich aus und mein Vater erzählte mir, dass er rund zehntausend Dollar für das Haus bezahlt hatte. Auch nach dem High School-Abschluss war die Fabrik angesagt. Aber all die Musik, die aus den Radios kam, war Country-Musik. Jeden Samstagmorgen hatte mein Vater den Country-Sender drauf.
Logisch, auch zu diesem Thema hatte Michael Katon den passenden Song auf Lager und man konnte bei Hank Williams' "Hey Good Lookin'" definitiv davon ausgehen, eine solche Nummer wohl nie auf einem Konzert von Michael Katon zu hören. Eine ganz feine Sache, wenn er mit seinem Bottleneck den Country spielte.
Blues Moose Radio: Was passierte dann? Gerade hast du den Country gespielt und wie kam es, dass sich Michael Katon dem Blues/Blues Rock widmete?
Michael: Wie ich schon sagte ... mein älterer Bruder war Drummer in einer Band, die schon Gigs spielte. Er stellte sich auf eigene Beine und spielte in einer Gruppe mit dem Namen The Prime Movers, eine Blues-Band. Vielleicht kennt Joe vom Musikmagazin Dan Erlewine? Er ist jetzt ein ziemlich berühmter Gitarrenbauer in den Staaten. Er schreibt auch für Gitarren-Magazine. Früher war er, so um 1965, ein höllisch guter Gitarrist. Ähnlich einem Stevie Ray Vaughan. Dieser Dan Erlewine traf auch Paul Butterfield, Elvin Bishop oder Mike Bloomfield. Als ich mit dem Spielen anfing, fragte mein Bruder meine Eltern manchmal, ob ich ein Wochenende mit ihm verbringen könnte. Die gaben ihr Okay und dachten, wir würden Museen oder so etwas besuchen. Wie dem auch sei, mein Bruder nahm mich natürlich mit zu seinen Konzerten. Blues-Gigs, die manchmal bis fünf Uhr morgens gingen.
Dan Erlewine baute Gitarren für zum Beispiel Albert King. Wenn man ihn in seinen letzten zirka zwanzig Jahren spielen sah, dann hatte er eine dunkle, mahagonifarbene Flying-V mit seinem Namen auf der Vorderseite. Ich durfte zuschauen, als diese Gitarre gebaut wurde. Dan Erlewine benutzte dafür über hundert Jahre altes Piano-Holz. Ich war einmal die Woche in der Werkstatt und konnte die unterschiedlichen Entstehungsphasen beobachten. Als er die Inlays machte, streifte ich mit meinen Fingern darüber und dreißig Jahre später schaut man ein Bild davon an und weiß, was damals passierte. The Prime Movers spielten verdammt große Konzerte. Dan Erlewine fragte mich, was ich so hören würde. Es war wohl 1966 als Cream gerade bekannt wurde und die gefielen mir sehr. Auf der Coverrückseite eines Albums las ich den Namen Eric Clapton. So wie der möchte ich auch spielen! Mein Bruder und seine Leuten eröffneten Gigs für Cream, wenn sie in der Gegend von Detroit war. Dan Erlewine sagte mir, dass Eric Clapton cool ist, aber er gab mir den Rat, die Musiker zu hören, denen Eric Clapton seine Aufmerksamkeit schenkte. Das waren Freddie King, Albert King, B.B. King, Elmore James oder Otis Rush. Also holte ich mir all die Scheiben, von denen er mir erzählt hatte. Der Plattenladen war genau auf der Grenze zwischen dem 'schwarzen' und 'weißen' Teil der Stadt. Der hatte all die Blues-Alben der farbigen Musiker und man konnte sie für zirka einen Dollar kaufen. Ich haben eine ungefähr einen Meter hohen Stapel an B.B. King-Platten. Alle die alten Sachen auf Kent Records. Lowell Fulson, T-Bone Walker oder John Lee Hooker waren auch darunter.
Blues Moose Radio: Genau dass ist es, was die Künstler sagen. Sie wurden durch die alten Blues-Musiker inspiriert. Sie brachten dann den Blues zurück nach Amerika. Wir hören Stevie Ray Vaughan und dann entdeckt man ...
Michael Es ist schon komisch. Als ich damit anfing, Platte aufzunehmen und in den frühen Achtzigern in England, dann in den Neunzigern in Europa bekannt wurde, sagte man in England, ich sei von Stevie Ray Vaughan beeinflusst worden. Wir hörten Albert King. Allerdings habe ich Stevie Ray Vaughan auch einmal persönlich getroffen. Da trug er seinen Verstärker noch selbst auf die Bühne. Er war echt sympathisch.
Blues Moose Radio: Und sein letzter Auftritt war mit Eric Clapton.
Michael: Und sein Bruder Jimmie Vaughan ist auch sehr nett.
Blues Moose Radio: Aber zurück zu dir. Kommen wir zu einem verblüffenden Fakt, den ich auf deiner Facebook-Seite gelesen habe. Du hast Alben auf den Markt gebracht, machst immer noch welche, allerdings nicht mehr auf CD.
Michael: Ich habe zwei brandneue CDs hier.
Blues Moose Radio: Du veröffentlichst sie aber nicht auf CD. Man kann sie downloaden. Die ganze Musikindustrie verändert sich.
Michael: Ich meine ...
Blues Moose Radio: Vielleicht hast du die Nase von Plattenfirmen voll.
Michael: Ich habe mit Wireless Records mein eigenes Label, unter dem Schirm von MAG-Productions. In der Vergangenheit habe ich meine Alben lizensiert, hier in Europa auf Provogue Records oder in den ganz frühen Tagen Loop- und Link Records. Ganz gleich wie, es kostet einen Haufen Geld, deine eigene CD herzustellen. Vor einigen Jahren waren wir auf Tour und mein Bassist zeigte mir eine Platte, die in Moskau hergestellt wurden. Ich habe nie etwas für Russland lizensiert. Bei Downloads bist du am nächsten Tag dabei. Über Piratenstationen habe ich wohl fünfzig bis siebenundfünfzig Tausend Dollar verloren, nur weil Leute die Alben nicht gekauft haben. Aber heutzutage spielt es keine Rolle. Die Streaming-Services wie Spotify sind groß. Sogar Google oder Amazon haben Streams.
Blues Moose Radio: iTunes
Michael: Ja. Aber in vielleicht fünf Jahren wird es iTunes auch nicht mehr geben. Es wird alles nur im Stream sein. Für mich ist es bequem. Als wir für diese Tour rüberkamen, konnte ich mir meine eigenen Songs auf Spotify anhören. Die Stars haben früher Plattenverträge gemacht und nichts bezahlt bekommen. Vor langer Zeit habe ich einen weisen Schritt gemacht und mir alle Rechte für Alles von mir gesichert. Alle digitalen Rechte besitze ich zu einhundert Prozent. Wenn also etwas auf Spotify veröffentlicht wird, dann verdiene ich jedes Mal daran, wenn sich jemand was von mir anhört. Viele meinen, Spotify verarscht dich. Aber die sind nur dumm, weil sie ihre Rechte weggeben. So etwas habe ich in der Vergangenheit auch gemacht. Mich hat man mal richtig auf den Arm genommen. Dann habe ich in den frühen Neunzigern damit angefangen, Musikrecht zu studieren. So kenne ich mich gut aus und habe nun alle Rechte auf meine Sachen. Ich nahm mein "Blue Tooth"-Album auf ... alles nur Blues-Covers. Ich musste all die Copyright-Besitzer ausfindig machen und sie für jede verkaufte CD bezahlen. Digital muss ich vorher nur einmal zahlen. Bei meinen eigenen Kompositionen gibt es keinen Papierkram. Das "Blue Tooth"-Album habe ich aufgenommen, um alle Musiker zu ehren, von denen ich Licks gelernt habe. Normalerweise nehmen ich meine eigenen Lieder auf. Natürlich, um Geld damit zu verdienen. (lacht)
Blues Moose Radio: Spiel doch einen Song von dieser CD.
Michael: Okay.
Blues Moose Radio: Wir haben viel geredet. Jetzt ist Musik dran.
Michael: Yeah! Ich muss der Gitarre ein Delta-Tuning geben. Die alten Blueser, wie Muddy Walters nannten es 'Spanish Tuning'. Ich spiele einen Sleepy John Estes-Song.
Mit "Goin' To Brownsville" war abermals toller akustischer Blues angesagt. Jetzt eher in der balladesken Version. Die live gespielten Songs waren echt das Salz in der Suppe. Die Zeit wurde zu einer Nebensache, aber doch war man sich bewusst, dass auch diese Session (leider) ein Ende haben wird.
Blues Moose Radio: Das ist Musik!
Michael: Danke!
Blues Moose Radio: Das ist Musik für eine warmen Sommerabend.
Michael: Back Porch-Musik!
Blues Moose Radio: Du bist momentan auf Tour.
Michael: So hat man mir gesagt.
Blues Moose Radio: Ist Touren für dich anstrengend?
Michael: Es ist wie Urlaub.
Blues Moose Radio: Leute sagen, dass die Fahrerei anstrengend ist und nicht das Spielen.
Michael: Ich liebe es. Manchmal beschwert sich die Band (lacht). Ich werde nicht müde.
Blues Moose Radio: Es ist aber viel Fahrerei.
Michael: Wir haben auf den Touren viel Spaß. Im Bus albern wir rum. Also ist es nicht ermüdend. Es ist einfach ein großer Spaß. Wir sind glücklich, unterwegs zu sein. Sonst wäre ich jetzt zu Hause und müsste meterhohen Schnee schaufeln.
Blues Moose Radio: Du spielst an vielen verschiedenen Orten. Kleine oder mittlere Locations und letztes Jahr warst du auf einem großen schwedischen Rock-Festival. Da war auch Slash auf der Bühne.
Michael: Ich spiele überall.
Blues Moose Radio: Zwanzigtausend Menschen und Michael Katon zieht eine Show ab.
Michael: Heute spiele ich für eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht Leute.
Blues Moose Radio: Wir runden auf zehn auf.
Michael: Es macht für mich keinen Unterschied, ob es mein Wohnzimmer oder der Madison Square Garden ist. Es ist wie der Boogie.
Blues Moose Radio: Definitiv hat er dir den Spitznamen 'Boogieman From Hell' eingebracht?
Michael: Von wo ich kam ...
Blues Moose Radio: Nein, das war eine Frage.
Michael Katon servierte seinen unnachahmlichen "Boogie Man", der seine Wirkung selbst mit der akustischen Gitarre nicht verfehlte. Bravo! Hut ab!
Michael: Wie dem auch sei, dieses Lied ist der Ursprung meines Spitznamens.
Blues Moose Radio: Boogie ist eine schöne Art, Musik zu spielen. Die Leute fahren darauf ab. Auf jeder CD muss ein Boogie von dir sein
Michael: Mittlerweile ist es wie eine Art Witz. Mein ehemaliger Drummer stellte mich vor die Herausforderung, eine CD ohne Boogie zu veröffentlichen. In unserer Kindheit stand der Boogie für etwas anderes ... eine schöne Zeit haben, hochenergetische Musik. Dann kamen englische Bands wie Savoy Brown rüber und sie hatten einen Song mit dem Titel "The Boogie". Ich glaube, die haben für ein Livealbum auch in Detroit aufgenommen. Ich meine, an diesem Abend dabei gewesen zu sein. Viele Bands lieben Detroit. Es ist die Energie dort.
Blues Moose Radio: Es ist aber nicht mehr die Stadt, die es mal war. Die Stadt wurde hart getroffen.
Michael: Die wirtschaftliche Situation ist schwierig und die Autoindustrie ist auf dem absteigenden Ast. Es ist deswegen auch schlecht für Auftritte. Du kannst jeden Abend in der Woche Konzerte geben, aber du bekommst kein Geld dafür. Es ist auch schwer, echt gute Musiker zu finden. Mein Drummer Johnny 'Bee' Badanjek ist berühmt. Er spielte auf vielen Hits wie "Devil With A Blue Dress", "Suck It To Me, Baby", "Jenny Take A Ride" mit. Auf allen Mitch Ryder & The Detroit Wheels-Platten war er der Schlagzeuger.
Blues Moose Radio: Ist er mehr ein Studiomusiker?
Michael: Nein, viel mehr live. Schau dir die Bilder auf seiner Homepage an ... er spielte mit Ringo. Er trommelt auf Alice Coopers Welcome 2 My Nightmare.
Blues Moose Radio: Er ist auch aus Detroit.
Michael: Stimmt. Die Begleitmusiker kosten Geld. Auch mein Bassist ist schon lange aktiv und echt gut. Die wollen Geld für einen Auftritt. Man kann von denen nicht verlangen, kostenlos zu spielen. Leute in Detroit haben einfach kein Geld mehr, um auszugehen.
Blues Moose Radio: Steckt das Geld denn in Europa?
Michael: Es wird weniger (lacht). Aber es ist immer noch gut hier.
Blues Moose Radio: Traurig zu hören, was in den Staaten los ist.
Michael: In den Staaten hält man die Musik für selbstverständlich, weil sie immer da war. Wenn ich zur Bank gehe, um einen Kredit zu bekommen, schicke ich besser meine Frau. Ich kann doch nicht in meiner Lederjacke in die Bank gehen und fragen.
Blues Moose Radio: Ist es dein Haar oder dein Verhalten?
Michael: Wie bitte? Ach, die sind ganz in Ordnung. Man ist aber fast ein Bürger zweiter Klasse, wenn man in den Staaten Musiker ist. Außer du bist B.B. King oder so. Als arbeitender Musiker bist du nicht anders als ein Handwerker.
Blues Moose Radio: Nicht so bei Blues Moose Radio. Du bringst deine Musik und Freude als Geschenk an die Leute.
Michael: Ja, es ist ein Geschenk. Die Leute vertrauen einem. Solange ich in der Lage dazu bin, zu spielen, mache ich es. Irgendjemand muss es doch machen (lacht).
Blues Moose Radio: Du liebst den Boogie.
Michael: Du hast mich vorhin nach dem Tour-Stress gefragt. Wir haben Spaß und sind dankbar, unterwegs zu sein. Hier zu sitzen, ist für mich großartig. Manche der jungen Musiker beschweren sich darüber, dass ihr Hotelzimmer nicht in Ordnung ist. Die denken, sie seien Rockstars. Leute wie Johnny, der Drummer, machen seit über fünfzig Jahren Musik. Ich bin 1953 geboren, einundsechzig Jahre alt und seit neunundzwanzig Jahren unterwegs.
Blues Moose Radio: Also hast du die siebenundzwanzig Jahre hinter dir. Siebenundzwanzig ist ein schwieriges Alter im Rock 'n'Roll.
Michael: Ich spiele seit meinem dreizehnten Lebensjahr ständig Konzerte. Gestern erst kam ein Mann nach meiner akustischen Show in einer kleinen Stadt mit siebentausend Einwohnern zu mir und war überglücklich bei ihnen gespielt zu haben. Dieser Typ ist genauso wichtig, wie die auf dem schwedischen Rock-Festival. Wenn sie meine Musik hören möchten und Eintritt bezahlen, sind wir bereit für den Boogie.
Blues Moose Radio: Das ist die Einstellung, die wir mögen. Egal, ob vor sieben oder siebenhundert Leuten. Auch für die harte Musik, die man normalerweise nicht im Radio hört. Wir mögen sie.
Michael: Und Danke an euch. Dafür, dass ihr die ganze Sache am Laufen haltet.
Blues Moose Radio: Wir kommen langsam zum Ende der Sendung. Ich weiß nicht genau, wie weit wir zeitlich sind.
Michael: Macht nichts. Es ist Blues-Time. Auf dem "Blue Tooth"-Album habe ich einen John Lee Hooker-ähnlichen Song. Mal sehen, ob ich den auf der akustischen Gitarre hinbekomme.
Blues Moose Radio: Wärst du in der Lage, etwas zu spielen, wenn wir dir den Titel sagen?
Michael: Einen meiner Songs?
Blues Moose Radio: Irgendeinen Song. Ich kann mich an ein Interview mit Omar Dykes erinnern.
Michael: Oh, Omar! Yeah!
Blues Moose Radio: Er sagte, wir mussten zwei oder drei Songs andere Songs spielen, sonst wären wir von der Bühne geflogen.
Michael: An einem vorherigen Abend habe ich eine Nummer gespielt, die ich aber jetzt wegen des Stimmens nicht auf der akustischen Gitarre spielen kann. Wir gastierten in einem kleinen Club und die Zuschauer forderten eine Zugabe nach der anderen. Dann spielten wir ein Lied mit dem Titel "Honky Tonk" von Bill Doggett. Meine Musiker kannten die Nummer natürlich und wir legten los. Diese Art Stücke muss man einfach kennen. Du kannst mir ja einen Song sagen, vielleicht kann ich ihn spielen oder auch nicht.
Blues Moose Radio: Es ist eine Michael Katon-Show. "Rip It Hard" muss heute dabei sein.
Michael: "Rip It Hard"? Oh, Mann, warte mal.
Blues Moose Radio: Das ist jetzt eine Herausforderung für dich.
Michael: Was ich spielen wollte ... okay, wenn du "Rip It Hard" hören möchtest, muss ich die Gitarre noch einmal umstimmen. Normalerweise habe ich eine Stratocaster geschultert und einen hundert Watt Marshall-Amp hinter mir. Wir müssen die Gitarre an einem Samstagmorgen nicht unbedingt genau gestimmt haben.
Dann legte Michael Katon eine "Rip It Hard"-Version auf, die sich gewaschen hatte. Das Solo-Intermezzo ging direkt in die Fußwippe und man war drauf und dran, mitzuklatschen. Dieser Michael Katon-Blues war einfach infizierend.
Blues Moose Radio: Das war jetzt aber nicht schwierig. Hey, zweimal im Jahr in Europa touren?
Michael: Einige Jahre habe ich gar keine Tour gemacht. Mein Vater hatte gesundheitliche Probleme. Meine Frau und ich haben ihn von sieben Uhr morgens bis Mitternacht gepflegt. Ich konnte nicht einmal in unserer Eckkneipe auftreten. Als mein Vater ein bisschen unabhängiger war, hatte ich schließlich eine Tour organisiert und am Abend vor der Tour im November 2012 musste meine Frau an einem Gehirntumor notoperiert werden. Also wurde die Tour um sechs Monate verschoben. Im Mai/Juni habe ich eine neue Tour zusammengestellt. Wenn ich wieder einige Male hier unterwegs sein kann, wäre das natürlich großartig.
Blues Moose Radio: Schön dich wieder hier zu haben. Wir sind sehr erfreut, dass du in unserer Show bist. Unser Regisseur gibt mir ein Zeichen. Wir sind am Ende der Sendung angekommen.
Michael: Vielen Dank, Leute!
Blues Moose Radio: Die Zeit vergeht wie im Flug.
Michael: Dann ist es Zeit für einen Kaffee.
Blues Moose Radio: Oder Jägermeister.
Michael: Oh, Jägermeister!
Blues Moose Radio: Der ist unser Hausgetränk.
Michael: Du kannst meinen Teil haben und der ist ganz schön groß. Ich trinke nicht mehr.
Blues Moose Radio: Leute sagen, um den Blues zu spielen, musst du zwei oder drei Mal geschieden sein, nur noch zwei Zähne im Mund und getrunken haben wie der Teufel.
Michael: In den Neunzigern hatte ich den letzten Schluck Alkohol und geraucht habe ich seit dem auch nicht mehr. Deswegen leben wir so lange. Mein Drummer hat wirklich alles probiert und ist auch davon ab.
Blues Moose Radio: Vielen Dank, Michael Katon!
Michael: Vielen Dank, Mann.
Dann gab es noch einen letzten Blues-Boogie vom Bottleneck-Spezialist. Diese Mischung aus vielen musikalischen Kostproben von Michael Katons Können und dem lockeren Interview waren sehr, sehr unterhaltsam und in dieser Art der Präsentation einfach toll.
Nun gilt es, sich unsererseits beim Blues Moose Radio zu bedanken für die freundliche Genehmigung, dieses Interview zu veröffentlichen.
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