Dass Latin Quarter wieder auf der Bildfläche sind, freut vor allem die deutschen Fans, denn hierzulande hatte die britische Band mehr Erfolg als im Heimatland. 1983 gegründet, war das soziale und politische Engagement die Triebfeder für das Musikmachen. Mit "Radio Africa" landete die personell noch nicht ausgeformte Band 1984 gleich einen internationalen Hit, bis heute auch ihr größter. Es folgte ein Plattenvertrag und das Album "Modern Times" (1985), das den Latin Quarter-Ruhm festigte. Leider kam die am kommerziellen Erfolg weniger interessierte Truppe mit dem Platten-Business nicht zurecht (oder umgekehrt, näheres dazu lässt sich in der Band-Biografie nachlesen), es folgten zwar weitere Alben, die jedoch nie mehr an den Erfolg des Debüts anschließen konnten. Das wirkte sich auch auf das Gruppengefüge aus, das mehr und mehr zerbrach. Die Band löste sich auf, fand wieder zusammen, nahm schließlich unter dem deutschen SPV-Label noch die CD "Bring Rosa Home" (1996) auf und trennte sich endgültig. Es mag viel zusammen gekommen sein, dass Latin Quarter nicht den Lohn für ihre gute Arbeit bekommen haben, ist aber auch exemplarisch dafür, dass die Rockmusik größtenteils ein politisch-uninteressiertes und rein kommerziell ausgerichtetes Medium geworden ist.
Steve Skaith, zusammen mit Richard Wright und Mike Jones Gründer und fester Kern, machte mit seiner eigenen Band weiter, die das musikalische Erbe am Leben erhielt. Ob der Erfolg des auch von uns hochgelobten Albums Latin Quarter Revisited (2010) so groß war oder welche Gründe es sonst für die jetzige Wiederauferstehung gab, lässt sich nicht klar erkennen. Jedenfalls hat sich die komplette Original-Truppe wieder zusammen- und im Studio eingefunden. Das Ergebnis ist das vorliegende neue Album "Ocean Head" und eine Tour, die hauptsächlich durch kleinere und mittlere Clubs in Deutschland führt. Ende des Monats steht dann auch ein Auftritt im nahen Folkclub Isaar an, den ich mir natürlich nicht entgehen lassen möchte. Aber zunächst zu dem neuen Album!
Wer nun richtig Neues erwartet, der liegt falsch. "Ocean Head", das sind die 'guten alten' Latin Quarter, das ist ein Album mit Popmusik, mit engagierten, teilweise ironisch anklagenden Texten, und von Anfang bis Schluss voller Ohrwürmer. Vielleicht zünden die nicht beim ersten Anhören, aber wer kauft sich schon ein Album von Latin Quarter, um sich bespaßen zu lassen?
Gut, die Band ist ein Kind der Achtziger, das ist nicht zu verkennen. Gefällige Melodien, runde Vokalsätze, schicke Arrangements. Ein paar Ethno-Tupfer hier, ein paar schräge Instrumentenschnipsel da, das Songwriting stimmt, die Zutaten auch. Was vielleicht selbst die Fans überrascht, ist die Frische und Unbekümmertheit, die Latin Quarter immer noch ausstrahlen, trotz auch aller 'schweren Themen', die sie besingen. "No Man's Land", der Auftakt, ist allerdings ein Liebeslied. Dann geht's aber los, Korruption, Kinder-Vermarktung, sterbliche Comic-Helden, die Seite, auf der Gott steht, internationale Komplotte und allegorische Problematiken - es gibt genug Unrecht auf der Welt, gegen das eine so engagierte Truppe das Wort erheben kann. Aber wie gesagt, das alles geschieht in feiner, grooviger Musik verpackt, die auch noch in gutem Sound daherkommt. Wer eine Entscheidungshilfe braucht - "No Man's Land", "Legalise It" und "Ocean Head" sind dafür erste Wahl.
Line-up:
Yona Dunsford (Gesang)
Steve Jeffries (Keyboard)
Greg Harewood (Bass)
Steve Skaith (Gesang, Gitarre)
Mike Jones (Liedtexte)
Tracklist |
01:No Man's Land
02:Legalise It (The Making Of Al Capone)
03:Miss Teen USA
04:Even Superman (Is Dead)
05:Unwind
06:Walking On The Wing
07:If I Believe In God
08:Love Can Sometimes Fall
09:The Last Flight Of Dag Hammarskjold
10:Another Night's Broken Glass
11:Ocean Head
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