Oh weh, da habe ich mir ja was eingebrockt... Nicht nur habe ich hier ein Vinyl-Album zum Reviewen vorliegen, über deren geistige Väter, die Nordrhein-Westfälische Band Le Mur, bereits solche RockTimes-Koryphäen wie Ulli und Joe geschrieben haben, nein, letztgenannter Kollege hatte auch noch die CD-Version derselben Scheibe bereits in der Mangel. Aber so sehr ich die beiden auch schätze, so musste ich dennoch vollkommen unvorbelastet (sprich keines der bereits vorhandenen Reviews lesen) an diese Scheibe rangehen, um mich ganz frei auf die Musik einlassen zu können. Und weshalb sich das mehr als nur gelohnt hat, dafür gibt es gleich mehrere Gründe:
Bereits wenn die ersten 'schweren' Orgelklänge die Scheibe und somit auch den Song "O.m.e.n. - The Beginning" starten, sich nach etwas düsteren Gesängen im Hintergrund ein warmer Basssound dazu gesellt, fühlt sich der Krautrock (uuuh, böses Wort)-Freund richtig wohl in seiner vom kühlen Spätsommer geschundenen Haut. Sobald sich die Gitarre von Matthias Gräf hinzu gesellt (wir sind übergangslos bereits beim ersten Longtrack "Cage" angekommen), nimmt das Debüt der Nordrhein-Westfalen Fahrt auf. Coole Licks von der Sechssaitigen werden von der klasse Rhythmusarbeit der beiden anderen Musiker unterlegt. Und dieser warme Sound tut sein Übriges zum Wohlfühlfaktor dieser Nummer. Gesang ist zwar vorhanden, aber rar gesät, um die dicht gewobene Atmosphäre nicht auseinander zu reißen. Dazu gesellen sich auch noch psychedelische Soundeffekte und fertig ist ein Hammersong. Mein absoluter Favorit des Albums.
Was aber nicht bedeuten soll, dass die übrigen Tracks aus dem Raster fallen. Im Gegenteil, hier wird mit solch einer (gefühlten) Leichtigkeit für Abwechslung und allerbeste Unterhaltung gesorgt, dass man beim Hören fast durchgehend ein wohliges Grinsen auf den Lippen hat. Deutlich ruhiger, aber nicht weniger atmosphärisch geht es dann mit dem "Ghost Track 1" weiter. Die Drums von Georgios Dosis legen im Hintergrund den Rhythmus, während die Gitarre und der Bass von Janine Ficklscherer wieder zu wortlosem Gesang ihre feinen Melodien spinnen.
Erneut ohne Übergang sind wir schließlich bei dem sehr melodischen "One Way Ticket To Space" angelangt, das sich in meiner Gunst direkt hinter "Cage" einreiht. Immer wieder gibt es kleine Breaks, Dreher und Windungen, immer wieder reiht sich eine Idee an die nächste und nimmt einen mit auf die Reise. Zwischenfazit: Die erste Seite dieser Platte ist eine absolute Entdeckung und allen Freunden krautiger Klänge unbedingt ans Herz zu legen. Ganz feiner Stoff!
Dann beginnt die zweite Seite und nach erster Vertrautheit fühlt man sich - hoppla! - in einem ganz anderen Film. Deutscher Gesang, der einerseits an die Neue Deutsche Welle, andererseits durch seine Charakteristik auch an längst vergangene Jahrzehnte wie die zwanziger und dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts erinnert. Erneut kann Matthias Gräf - hier auf dem Saxophon - glänzen, während der dahinter gelegte Groove nach wie vor seine Klasse beweist. Sonderbar? Ja, bestimmt, aber irgendwo auch interessant und fesselnd. Und Le Mur wären nicht Le Mur, wenn nicht auch hier eine heftige Breitseite Psychedelic auf der Marschroute stehen würde - nur um anschließend wieder in diesen bereits beschriebenen Gesang zu verfallen.
Der Titelsong kommt - nochmal völlig konträr - in lateinischer Sprache daher, wirkt im Vergleich mit den übrigen Tracks eher getragen, hält aber die Spannung ohne Probleme. Das (fast) instrumentale "O.m.e.n. - Riddles In The Dark" beschließt die Scheibe dann mit einem Sound, der sich am ehesten wieder den ersten vier Tracks des Albums annähert.
Schluss-Fazit: Seite 1 von "In Tenebris" ist der absolute Hammer, Hochgenuss in vier Kapiteln und würdig bzw. besonders empfehlenswert, sie für lange Zeit auf dem Plattenteller liegen zu lassen, immer und immer wieder zu hören. Seite 2 geht dann doch etwas differenzierter, oder soll ich sagen gewöhnungsbedürftiger ans Werk. Wie bereits erwähnt, sind aber auch diese drei Songs hochinteressant. Man muss sich einfach nur noch ein bisschen mehr darauf einlassen, sie wie guten Wein erstmal ein wenig atmen lassen.
Leute, checkt mal Le Mur an, ihr werdet eure Freude an diesem Trio haben. Und hatte ich schon mal erwähnt, dass das Ganze auf Vinyl nochmal einen extra riesengroßen Spaß macht?
Ich werde jetzt erstmal lesen, was meine beiden Kollegen über die Band zu sagen hatten und dann den Ulli anrufen, um ihn um einen Vorspieltermin der zweiten Scheibe Silentia Nova zu bitten...
Line-up:
Matthias Gräf (vocals, guitar, saxophone, organ, sound effects)
Janine Ficklscherer (bass, sound effects)
Georgios Dosis (drums, percussion)
Tracklist |
Side 1:
01:O.m.e.n. - The Beginning (1:57)
02:Cage (11:30)
03:Ghost Track 1 (2:44)
04:One Way Ticket To Space (8:06)
Seite 2:
05:Die Nacht der Lemuren (Teil 3) (9:09)
06:In Tenebris (8:04)
07:O.m.e.n. - Riddles In The Dark (6:46)
|
|
Externe Links:
|