Wer hätte jemals daran geglaubt, dass im Dezember 2007 die Rockwelt für alle Led Zeppelin-Fans regelrecht 'auf den Kopf gestellt' wird? Niemand glaubte mehr daran, dass sich Robert Plant, John Paul Jones und Jimmy Page 27 Jahre nach dem Splitt der Band noch einmal gemeinsam auf die Bühne stellen werden. Und doch - mit Drummer Jason Bonham (in Vertretung seines verstorbenen Vaters John 'Bonzo' Bonham) taten sie sich zusammen, um ein Benefizkonzert zu geben.
Anlass dafür war der Tod des Atlantic Records-Gründers und von der Band hochgeschätzten Busenfreundes Ahmet Ertegün. Dieser stürzte im Oktober 2006 hinter den Kulissen des Stones-Konzerts in New York so unglücklich, dass er an den Folgen verstarb. Ihm zu Ehren wurde dieses denkwürdige Konzert vor über 18 000 glücklichen Fans in der Londoner O 2 Arena am 10. Dezember 2007 gegeben.
Der Ansturm auf die Tickets war natürlich enorm. Es gab weit über 20 Millionen Anfragen aus aller Welt, so dass sich wirklich jeder glücklich schätzen durfte, der ein Ticket ergattern konnte, denn diese wurden per Losverfahren weltweit verteilt.
Nicht nur für die Fans in der Londoner O2 Arena, auch für Jason Bonham ging damit ein lang gehegter Traum in Erfüllung: »On June 10th 2007, Robert, Jimmy, John Paul and myself got together to start rehearsing for what was to become the greatest day of my life.«
Zwei Stunden dauerte dieses Konzert, das natürlich als sozusagen finales Dokument mitgeschnitten wurde, denn eine so sehr von den Fans erhoffte, sich daran anschließende Reunion-Tour fand nicht statt und ist auch nicht in Sicht.
Am 15. Oktober 2012, fünf Jahre nach diesem herausragenden Event, feierte der Konzertfilm seine weltweite Kinopremiere. Nun erscheint der Mitschnitt des Gigs in den unterschiedlichsten Konfigurationen:
Da ist zum einen die Standard Edition, bestehend aus einer DVD und zwei CDs beziehungsweise einer Blu-ray und zwei CDs.
Außerdem wird die Deluxe Edition mit zwei DVDs und zwei CDs im Set oder auf einer Blu-ray, einer DVD und zwei CDs in den Handel kommen.
Man kann auch eine Music-Only-Edition mit jeweils zwei CDs erwerben.
Weiterhin wird eine Music-Only-Blu-ray-Audio-Edition, eine Vinyl-Edition sowie eine digitale Audio-Edition veröffentlicht.
Mir liegt die Standard-Version (eine DVD + 2 CDs), der noch ein hübsches Booklet mit Fotos und Anmerkungen der vier Protagonisten beigelegt ist, vor.
Ich war schwer gespannt, als ich die DVD in den Player wandern ließ:
Optisch haben sich die Herren Page, Plant und Jones natürlich verändert. Nun, der Zahn der Zeit nagt ja nicht nur an ihnen…
Jimmy erscheint im schwarzen Anzug, darunter trägt er eine schwarz-glänzende Weste und ein weißes Hemd. Aber nicht nur sein Hemd ist weiß, auch die ehemals schwarzen Haare sind schneeweiß.
John Paul Jones - der lediglich zwei Jahre jünger ist als Jimmy, sieht noch gar nicht so aus, als würde er auch bald an der magischen 70 kratzen. Er betritt die Bühne im schwarzen Hemd und Bluejeans.
Robert Plant, immer noch mit blonder, wallender Lockenmähne, ist in einer blauen Stoffhose und ebenfalls schwarzem Hemd gekleidet.
Das Küken, Jason Bonham (der übrigens einen sehr sympathischen Eindruck macht), thront, in schwarzer Jeans und T-Shirt (das mit Strassapplikationen verziert ist) gewandet, hinter einem riesigen Drum-Set.
Nach dem Intro von "Good Times Bad Times", begleitet vom frenetischen Applaus des Publikums, legt die Band sofort los.
Ich bin erstaunt, wie Robert Plant die 'alten' Zep-Songs stimmlich meistert. Natürlich muss man einige wenige Abstriche machen, dennoch kommt die 'Sirene' zum Beispiel bei "Trampled Under Foot", "Kashmir" oder auch "Whole Lotta Love", fast wie in alten Zeiten. Gespannt war ich ebenfalls, wie Plant "Nobody's Fault But Mine" oder auch das Duell zwischen ihm und Pages Geigenbogen-Solo bei "Dazed And Confused" bewältigen wird: nun, einfach nur grandios! Ab und zu lockert Robert den Set auch mit einigen kleinen Ansagen auf.
Led Zeppelin waren ja schon immer für ihre Live-Improvisationen bekannt. Deshalb ist es natürlich nicht verwunderlich, wenn man sich bei den Stücken nicht zu 100 Prozent an die Studio-Versionen hält.
Wenn man dem Film eine Weile folgt, fühlt man sich unweigerlich zurückversetzt in die 70er Jahre. Die Chemie stimmt zwischen den vier Musikern, man lächelt sich oft zu und mit jedem Song hat man das Gefühl, sie 'tauen immer mehr auf', die Spiellaune steigert sich sichtlich. Plant strahlt nach wie vor eine umwerfende Erotik aus, wenn er sich lasziv um den Mikrofonständer windet. Auch wenn bei Jimmy der Schweiß in Strömen fließt (mit dem Einsatz von "In My Time Of Dying" flog die Anzugjacke in die Ecke und zwei Songs später folgte die Weste), er ist und bleibt DER Gitarrengott. Er beherrscht seine Klampfen mit traumwandlerischer Sicherheit. Ab und zu sieht man ein verschmitztes Grinsen in seinem Gesicht.
Selbst der zurückhaltende, ruhige John Paul, ein Virtuose an Bass und Keyboard, kommt ab und zu mal während des Bass-Spiels ins Rampenlicht, lächelt seinen Mitstreitern zu und hat sichtlich Spaß. Er und Jason Bonham 'kommunizieren' hervorragend miteinander durch Blickkontakt. Das Zusammenspiel zwischen Drummer und Basser funktioniert, als ob die beiden schon seit Jahren zusammenspielen würden. Jason ist wirklich ein würdiger Vertreter seines Vaters.
Nach "Kashmir" verabschiedet man sich das erste Mal. Jason wird von Jimmy sogar anerkennend mit einem kurzen Streichler über den Kopf bedacht.
(Anmerkung der Redaktion für unsere jungen Leser: Nein, "Kashmir" ist kein geiles Cover von Puff Daddys "Come With Me" mit dem lyrischen Intro: »Aha yea yea - aha - aha yea yea...«).
Noch einmal kommt die Band für eine Zugabe zurück: Es gibt "Whole Lotta Love" und anschließend "Rock And Roll" mit einem Drum-Solo. Nach etwas über zwei Stunden geht ein spektakuläres Konzert zu Ende. Zurück bleibt ein frenetisch applaudierendes Publikum, das mit so ziemlich allen Hits der Band bedacht wurde und somit voll auf seine Kosten kam.
Klar, nach dem Genuss des Filmes wurde auch bei mir der Wunsch geweckt, ein Konzert in dieser Besetzung live erleben zu dürfen, selbst wenn ich ein kleines Vermögen dafür bezahlen müsste. Aber - ich kann mir sehr gut vorstellen, dass für Robert Plant eine Welttournee vermutlich eine Tortour werden könnte, da ihm die Zeppelin-Songs stimmlich einiges abverlangen. Also - begraben wir unsere Hoffnung.
Was mich, genau so wie meinen Kollegen Holger, bei der Kino-Premiere stört: Leider sind einige Sequenzen unscharf gehalten worden. Das ist meist dann der Fall, wenn der Fokus in Richtung der überdimensionalen Leinwand schwenkt. Die Leinwand ist zwar gut für die hinteren Reihen der Konzertbesucher, die so eine hervorragende Sicht aufs Bandgeschehen haben, stört aber den Genuss des Filmbetrachters ungemein. Man hätte sich voll und ganz auf die Bühne und die Mitstreiter konzentrieren sollen; das Gesamt-Bühnenbild ab und zu aus der Ferne filmen können.
Die Kameraführung ist zwar nicht hektisch aber ich hätte mir schon etwas weniger Reizüberflutung gewünscht. Die Menü-Führung ist einfach, Bonus-Material gibt es, zumindest auf der mir vorliegenden Version, leider nicht. Dafür muss man schon die Deluxe Editions erstehen. Der Sound der DVD sowie auch der beiden CDs (hier wurde das Konzert in zwei Blöcke geteilt) ist hervorragend.
Alles in allem ein wunderschönes Zeitdokument, das man sich als Fan und Sammler unbedingt ins Regal stellen sollte, denn wer weiß, ob wir Page, Plant, Jones und auch Bonham jr. jemals wieder gemeinsam auf der Bühne erleben dürfen.
Line-up:
John Paul Jones (bass guitar, keyboards)
Jimmy Page (guitars)
Robert Plant (vocals, harmonica)
Jason Bonham (drums, percussion, backing vocals)
Tracklist |
CD 1:
01:Good Times Bad Times
02:Ramble On
03:Black Dog
04:In My Time Of Dying
05:For Your Life
06:Trampled Under Foot
07:Nobody's Fault But Mine
08:No Quarter
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CD 2:
01:Since I've Been Loving You
02:Dazed And Confused
03:Stairway To Heaven
04:The Song Remains The Same
05:Misty Mountain Hop
06:Kashmir
07:Whole Lotta Love
08:Rock And Roll
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DVD:
01:Good Times Bad Times
02:Ramble On
03:Black Dog
04:In My Time Of Dying
05:For Your Life
06:Trampled Under Foot
07:Nobody's Fault But Mine
08:No Quarter
09:Since I've Been Loving You
10:Dazed And Confused
11:Stairway To Heaven
12:The Song Remains The Same
13:Misty Mountain Hop
14:Kashmir
15:Whole Lotta Love
16:Rock And Roll
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