»Led Zeppelin, von der Presse niedergemacht und von den Fans verehrt, tief verwurzelt im Rhythm & Blues, ausgestattet mit sattem siebenstelligen Jahreseinkommen und der (fast) alles umfassenden Freiheit von Superstars der Siebziger. Sie hetzten mit ihrem Privatjet um den Erdball, beurteilten die Städte nach ihren Groupies, zerlegten Zimmer in den miesesten Absteigen und besten Klassehotels und nähren mit ominösen Runen ihren eigenen Mythos.
So ganz nebenbei revolutionierten sie noch die Rockmusik und schlugen eine prachtvolle Brücke zwischen schwarzer und weißer Musik.«
Gibt es denn eigentlich noch etwas, was nicht schon über die legendärste Band der 70er Jahre veröffentlicht wurde? Da sind zum einen jede Menge toller Bildbände, es wurden Biografien publiziert, die man als relativ seriös bezeichnen kann, aber auch Bücher die sich hauptsächlich mit den Ausschweifungen der Band beschäftigen. Wobei man sich hier wirklich nicht sicher sein kann, was Wahrheit oder Legende ist.
Vor nicht all zu langer Zeit rezensierte unser Kollege Manni Hüther Talking, ein interessantes Buch: »Exklusiv zusammengestellt aus authentischen Zitaten der Bandmitglieder« und er war begeistert, da dieses Buch ganz offensichtlich aus der üblichen Masse an Veröffentlichungen heraus sticht.
Nun liegt mir das im Jahre 2006 mit dem Originaltitel "Whole Lotta Led - Our Journey with Led Zeppelin" herausgekommene und zwischenzeitlich auch in deutscher Ausgabe (Whole Lotta Led - Unsere Reise mit Led Zeppelin) erschienene Werk der beiden Autoren Hulett und Prochnicky vor. Beides langjährige und beinharte Fans der Supergroup, gehen sie den Ursachen ihres Erfolges auf den Grund. Gerade Prochnicky recherchierte über dreißig Jahre lang intensiv die Geschichte der Band, angefangen mit den Yardbirds, den New Yardbirds bis hin zur Entstehung und Auflösung von Led Zeppelin.
Dazu muss man einfach wissen, dass in den Reihen der Yardbirds neben solch begnadeten Gitarristen wie Jeff Beck und Eric Clapton auch Jimmy Page agierte und als die Truppe nach vielen bandinternen Querelen am 7. Juli 1968 zerbrach, überlies man Manager Peter Grant die Namensrechte. Da es galt, noch vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen (u.a. war für die Yardbirds eine Skandinavientour geplant), musste schnellstmöglichst eine neue Band auf die Beine gestellt werden. Ein schwieriges Unterfangen, da am Ende auch Yardbird Chris Dreja sein Instrument an den Nagel hängte. Also begab sich Page auf Musikersuche, die er am Ende in Robert Plant (einem Nobody, der als Sänger bei diversen lokalen Bands wie Hobbstweedle seine Stimmbänder zur Verfügung stellte), John Bonham (ein Freund Plants, der als Drummer bereits von sich Reden machte) sowie John Paul Jones (Sessionmusiker wie Page und Multitalent) fand, die alle genau so hungrig aufs Musikmachen waren, wie Page.
Die New Yardbirds wurden gegründet, benannten sich aber später, als man sich einig darüber war, dass man es nicht nötig hatte, unter dem 'alten' Namen zu firmieren, in Led Zeppelin um. Die Band, die bei jedem ihrer Auftritte den Saal zum Brodeln brachte, war bereit zum Abheben wie ein Zeppelin.
Und sie hoben ab!
Der Autor erzählt sehr ausführlich über den Werdegang der Band und dessen Begleitumstände, über ihren kometenhaften Aufstieg bis hin zur traurigen Auflösung.
Dabei verlieren auch so manche Anekdötchen ihren Mythos, denn es kommen jede Menge Zeitzeugen zu Wort: Fans und Groupies, Manager und Roadies, Plattenfirmenchefs oder auch Konzertveranstalter, erzählen über Vorkommnisse und Begebenheiten, wobei die Band und ihr Umfeld nicht immer in rosigem Licht erstrahlen. Man erinnere sich nur an die tätlichen Übergriffe des Hünen Peter Grant und einigen Roadies in Oakland an einem Bühnenarbeiter des dortigen Veranstalters Bill Graham, der den Sohn von Grant zur Ordnung rief, lt. Bonham aber angeblich von diesem geohrfeigt worden sein soll. Der Mann wurde deshalb krankenhausreif geschlagen. Der sich daran anschließende Prozess zog sich über ein Jahr hin, gespickt von ständigen Drohungen gegen die Anwälte Grahams. Solche Szenen waren leider kein Einzelfall im Zep-Lager.
Detailliert wird ebenfalls über fast jedes bedeutende Konzert berichtet. Da wird eingehend sowohl Bühnenausstattung als auch das Equipment der Band analysiert, jede mehr oder weniger extravagante Pose der Musiker geschildert (»Jimmy hüpft über die erhöhte Plattform, seine goldene Gibson Les Paul hängt in Schritthöhe, er hebt einen Arm gen Himmel…«) und sogar das Outfit eines jeden Bandmitgliedes bis ins einzelne beschrieben »Page trug Hosen mit Mond und Sternen darauf. Robert Plant glänzte wie immer mit seiner Kleidung, die den Unterleib zur Geltung brachte.«)
Selbst über jede Regung der Zuschauer wurde 'Buch geführt' (»…und die Menge antwortete damit, dass sie Streichhölzer anzündeten…«). Ja selbst jeder einzelne Zep-Song wird auf Herz und Nieren geprüft, sowohl textlich, als auch musikalisch. So arbeiten sich beide Autoren akribisch von Platte zu Platte und lassen den Leser an sämtlichen Veröffentlichungen, angefangen von "Zep I" (1969) bis "In Through The Out Door" (1979) teilhaben. Lediglich "Coda" (1982) bleibt außen vor. Aber das hat seinen Grund, denn mit Bonhams Tod am 25.09.1980, »als Todesursache wurde ein Lungenödem angegeben - die Lungen mit Wasser gefüllt, verursacht durch das Einatmen von Erbrochenem«, endet leider das Kapitel Led Zeppelin. Mit ihm wurde die größte Rock'n'Roll-Band der Welt zu Grabe getragen. Doch ihre Musik wird ewig weiterleben!
Alles in allem ein lesenswertes und wirklich interessantes Buch von Fans für Fans.
Ein Manko hat es aber, denn mit dem Lektorat scheint man es nicht sehr genau genommen zu haben. So gibt es jede Menge Verwechslungen der Musiker (Beispiel): »Richard Digby Smith […] war eingeschüchtert, als er bei einer Session anwesend war, als Page "Since I've Been Loving You" sang: […] "ich kann Robert jetzt noch am Mikro sehen.« Ich für meinen Teil kann mich nicht entsinnen, Page jemals als Sänger bei Led Zep erlebt zu haben.
Oder: »Wegen der Probleme mit der Steuer konnte sich Page nicht in seinem eigenen Haus erholen.« Hier ging es um Plants Autounfall und seine anschließende Erholungsphase.
Aber auch jede Menge grammatikalische und Rechtschreibfehler stechen ins Auge. Auch sind mir einige - ich nenne es mal 'komische Satzbauweisen' aufgefallen. Diese liegen vermutlich an der Übersetzung, was aber bei entsprechender Korrektur hätte ebenfalls auffallen müssen und beseitigt werden können. Es wird gespart, koste es, was es wolle! Solche Dinge schmälern aber für meine Begriffe gehörig den Lesegenuss.
Wer über solche Schwächen hinwegsehen kann, wird sich mit diesem kurzweiligen Buch, das weitab von sensationsheischenden Machwerken ist, schnell die Zeit vertreiben. Einige Schwarz-Weiß-Fotos zieren das Werk und im Anhang findet man übrigens noch eine Diskografie und eine Bibliografie aufgelistet.
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