So langsam durchdringt es meinen immer noch dröhnenden Schädel, dass ich gestern Abend Zeuge eines wahrlich tollen Auftritts einer vor Spielfreude nur so strotzenden Band gewesen bin, einer Band, die man im Grunde schon lange totgesagt und von der wohl kein Mensch geglaubt hatte, sie je wieder live erleben zu dürfen. Nun, manchmal kommt es eben anders und
Little Caesar kamen zu ihrem einzigen Konzert in Holland nach Kerkrade und trotz der Lautstärke (s. o., kein Schädel wegen Alk!) bekamen wir ein sehr gut abgemischtes Programm zu hören. Vielleicht war es auch gerade wegen der aufgedrehten Regler, dass wir bei
Little Caesar mit dem Begriff Authentizität in puncto dreckigem Malocher-Rock nicht geizen dürfen.
Der leider nur zu 60 % gefüllte Rock Temple kochte und man darf mit Fug und Recht sagen, dass sich im Publikum nahezu ausschließlich Hardcore-Fans befanden, die jede Silbe mitsingen konnten. Zu Singen gab es auch eine ganze Menge und Frontmann
Ron Young, der in einer Ansage zu Beginn attestierte, seine Erkältung vom Vorabend wieder im Griff zu haben, ließ keinen Zweifel daran, dass man für Rock'n'Roll gekommen war.
Die Band - in nahezu originaler Besetzung - vollführte mit den frühen Krachern "Rock'n'Roll State Of Mind" und "Hard Times" knallhart und ehrlich einen Zeitsprung in die späten achtziger Jahre, als man sich gerade 'etablierte', nur um dann auch recht schnell wieder zu verschwinden [vgl. hierzu
RT-Archiv zu
Little Caesar]. Das Volk im Rock Temple liebte es und nahm auch die dargebotenen Songs der neuen
Redemption dankbar und enthusiastisch, um nicht ekstatisch zu sagen, auf. Ex-Bouncer und jetzt Sänger
Young verstand es mit äußerst sympathischen Ansagen, einen Eindruck zu hinterlassen, der diametral entgegengesetzt zu seinem Äußeren steht. Zusammen mit dem Bassmann
Fidel und Gitarrist
Loren Molinare standen da schon drei coole Säue am Rand der Bühne. Wobei, hmmm, ich muss mich meinem Vorschreiber
Steve Braun, der uns den
Gig in Bonn nahegebracht hat, anschließen, denn den guten
Molinare mit seinen ADHS anmutenden Sprüngen könnte ich mir eher bei einer Formation á la
Clash in den frühen Achtzigern vorstellen. Gegenpole hierzu waren
Joey Brasler und
Tom Morris, wobei sie sich von ihrem musikalischen Engagement her absolut nicht verstecken mussten.
Das Vorurteil mit den volltätowierten Prolls ist natürlich nicht mehr, als nur genau das. Als die Band sich nach knapp zwei Stunden dann unter's Volk mischte, kamen die Jungs im Einzelgespräch natürlich ganz anders rüber. Offensichtlich erfreut signierten sie die Setlist mit Grüßen für
RockTimes und
Joey Brasler brachte sie später extra noch einmal hinter die Bühne, um von
Ron Young noch ein fehlendes Autogramm zu holen.
Zwei Mal ließen sich die Mannen nach dem Hauptset noch auf die Bühne holen und man hatte den Eindruck, sie seien wirklich beeindruckt ob des lautstarken Zuspruchs gewesen und ich hoffe sehr, dass wir nicht wieder etliche Jahre warten müssen, um sie mal wieder in Europa begrüßen zu dürfen. Für mich bleibt als Fazit in jedem Fall, dass sich die immerhin 10 km bis ins benachbarte Süd-Limburg wahrlich gelohnt haben. Die wohl überlegte Mischung alter und neuer Stücke kam bei allen Besuchern ausnahmslos sehr gut an und ich überlege mir, vielleicht doch zum nächsten erreichbaren Auftritt nach Frankfurt zu fahren ...
PS. Den Bericht über die Show in Kerkrade hatte ich ursprünglich schon halb geschrieben - mit Playlist etc. - erinnerte mich dann aber an eine Mail von
Steve Braun, in der er schrieb, er hätte schon immer gern ein Review zu Little Caesar verfasst. Somit habe ich das Ding auf Eis gelegt, aber die Chefin meinte, ich soll mal ruhig schreiben. Da Konzertablauf und wohl auch unsere Eindrücke recht identisch waren, bleibt es dieses Mal bei dem, was Ihr oben lesen könnt.