Loch Vostok / Reveal No Secrets
Reveal No Secrets Spielzeit: 52:01
Medium: CD
Label: Nightmare Records, 2009
Stil: Heavy Metal

Review vom 19.06.2009


Michael Knoppik
Laut Promotion-Agentur sind Loch Vostok eine Progressive-Band, was immer das auch heißen mag. Nun, was ist Progressive? Ist es etwas Progressive Rock-iges wie Genesis oder
Emerson, Lake & Palmer? Ist es etwas Post-Rockiges wie etwa Radiohead oder späte Talk Talk, etwas Canterbury-artiges wie Caravan?
Hm, was ist Progressive?
Ist es vielleicht etwas Krautiges wie Birth Control, etwas prä-elektronisches wie NEU! ? Oder gar etwas Elektronisches wie Kraftwerk oder Jean Michel-Jarre, etwas Neo Proggiges wie Marillion, oder etwas Progressive Metaliges wie Dream Theater? Ist es ein Death Metal-/Prog Rock-Mix wie Opeth? Ist es etwas prä-proggiges wie das "Sgt. Pepper"-Album der Beatles? Ist es Art Rock wie Pink Floyd oder Art Pop wie Kate Bush?
Ist Progressive vielleicht auch etwas ganz eigenständiges wie Van Der Graaf Generator,
Frank Zappa, oder Herbert Grönemeyer? Ist es etwas Jazziges wie Weather Report oder gar Dave Brubeck? Ist es etwas Klassisches wie The Nice, Procol Harum oder der gute alte Johann Sebastian Bach? Ist es etwas noch Eigenständigeres wie Magma oder die Aufnahme eines zwanzig Minuten laufenden Wasserkochers?
Also für mich ist Prog recht klar definiert, aber ich finde das - wie viele andere auch - nicht leicht in Worten zu formulieren. Nicht immer ist Prog gleich Prog, wenn die Songs lang sind. Und nicht immer ist Prog gleich Prog wenn viele Keyboards vorhanden sind. Genauso wenig wie es gleich Prog ist, wenn mal Takt- und Tempiwechsel vorkommen. Metallica haben auch Krummtakte und Epen gespielt. Siehe z.B. der Stimmungsumschwung im Song "Master Of Puppets", um nur ein einziges Beispiel zu nennen. Dennoch sind die frühen Metallica klar dem Thrash- und Speed Metal zuzuordnen, auch wenn sie durchaus progressiv waren.
Auch Iron Maiden waren ab und zu mal progressiv. Man höre sich nur das Album "Brave New World" an. Trotzdem sind sie dem ganz klassischen Heavy Metal zuzuordnen.
Aber, darf sich Loch Vostok nun Prog nennen? Klar, es kommen Taktwechsel vor, aber im Großen und Ganzen ist es doch einfach Metal. Naja, einfach Metal gibt es ja auch nicht. Es ist eher eine Mischung aus -oh ja! - klassischem Metal und an Black Metal erinnernden Growls. Es wird auch über den Tod gesungen, eine weitere Parallele zum Black Metal. Ob es nun teilweise satanische Texte sind, darauf habe ich nicht geachtet. Aber das finde ich eigentlich auch nicht so wichtig!
Die relativ hohe Kopfstimme und die lang gezogenen Gesangstöne erinnern an klassischen Heavy Metal. Aber ich sag jetzt mal nicht, dass sie wie Iron Maiden klingen. Das wäre jetzt sogar zu gemein. Man sagt auch nicht jeder Alternative-Band nach, dass sie wie Velvet Underground klingt. Ebensowenig wie man jeder Progressive Rock-Band nachsagt, sie klinge wie King Crimson. Es ist und bleibt aber trotzdem zu einem gewissen Anteil klassischer Heavy Metal.
Das mag jetzt alles abwertend klingen, denn es handelt sich bei diesem Output von Loch Vostok um ein sehr solides Metal-Album, mit eben leichten progressiven Anklängen. Beispiele gefällig? Aber gerne doch! Track sechs enthält bei Minute vier unter anderem Keyboardeinlagen, die an typische Prog-Moogsoli erinnern. Track sieben enthält ebenfalls bei Minute vier rhythmische Spielereien, die auch an Prog erinnern. Das ist das, was ich früher bei Metal 'Gebretter' genannt habe, als ich mich in dem Genre noch nicht auskannte. Bei fast jedem Stück wechseln sie wie Opeth zwischen Gegrunze und melodischem Gesang, nur dass es bei Opeth halt auch besser klingt. Eine Prise Bombast und Epik ist auch dabei, aber das kennt man auch von zahlreichen anderen Metal-Bands.
Wenn sich Loch Vostok jetzt Melodic Black Power Metal zuschreiben würden oder meinetwegen auch Progressive Power Death/Black Melodic Metal, dann wäre es ja okay. Und das schreibe ich jetzt auch nur zur Korrektur. Denn wenn ihr wirklich was Neues und Progressives wollt, dann kauft euch Controlling Crowds von Archive! Im Ernst!
Die Scheibe dürfte jedem gefallen, der halt - ich wiederhole mich - Metal mag und nichts gegen ein wenig Gegrunze hat. Die Mischung ist echt okay. Aber Leute, das kennen wir schon! Ich las auch, dass die Band wie In Flames klingt und diese auch Melodic Death Metal machen. Mag sein, kenne ich mich nicht mit aus. Es wird aber sicherlich einigen von euch zur Orientierung helfen.
Wie bewertet man so ein Album? Am besten gar nicht. Es wird einigen Leuten gefallen, es wird anderen Leuten weniger gefallen. Anderen wird es am Allerwertesten vorbeigehen und wiederum andere werden es lieben oder hassen. Deswegen bewerte ich dieses Album mal nicht, und das ist eine Ausnahme bei mir. Das Album muss also doch irgendwie was haben. Aber halt nicht für jeden...
Und ein Klassiker wird es garantiert nie werden….
Line-up:
Teddy Möller (vocals, guitars)
Niklas Kupper (guitars)
Tomas 'Tym' Jonsson (bass)
Fredrik Klingwall (keyboards)
Alvaro 'Alvis' Svanerö (drums)
Tracklist
01:Loss Of Liberty
02:Energy Taboo
03:Dig Deeper
04:Uncompassion
05:Thirty Years
06:Raiders Of The Lost Heart
07:Blindfolds Off
08:What Once Was
09:Breakthru
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