Am 17. Mai kann eine deutsche Rocklegende
»Mit 66 Jahren...« singen, wenn sie es sich nicht verkneifen kann: Der berühmteste Hut-Träger Deutschlands, 'Nuschelschnute'
Udo Lindenberg, braucht allerdings nicht erst mit 66 durchzustarten. 41 Jahre nach seinem Aufsehen erregenden Debütalbum startete der Deutschrocker unter dem Motto "Ich mach mein Ding" am 10. März seine
[Verf.: wievielte eigentlich?] Deutschlandtour in der 'Mannemer' SAP Arena... und
RockTimes war bei der mit Gänsehautmomenten gespickten Show hautnah und gefühlsecht dabei!!
Dass ausgerechnet er dieses für einen waschechten Rock'n'Roller biblische Alter erreicht, damit hätte der Hauptakteur des Abends wohl am wenigsten gerechnet. Hier muss ich mal meine Huldigung an einen der Lieblinge meiner Jugendtage loswerden. Egal wie man zu
Lindenberg steht,
[Verf.: und das schwankt ähnlich wie bei Helge Schneider zwischen den Polen: 'abgöttisch lieben' und 'abgrundtief hassen'] - eines war der Bursche immer, egal was er gerade gemacht hat:
authentisch.
Udo hat tatsächlich immer 'sein Ding' gemacht - nicht immer geradlinig, aber immer glaubwürdig! An dieser Stelle mag mir eine persönliche Rückblende nachgesehen werden:
Ich persönlich kam über "Ball Pompös", "Votan Wahnwitz" und "Galaxo Gang" zur Hamburger Schnodderschnauze. Leute, das war damals einzigartig in Deutschland! Irgendwelche progressiven Schöngeister sangen seinerzeit natürlich auch schon auf Deutsch, aber dass auch richtig dreckige Rock'n'Muttersprache geht, das bewies einzig und allein unser
Udo. Der
Maffay war für unsereins eben
nicht authentisch - dem hefteten wir damals beständig den Schlagerfuzzi an die Backe. Wie ungerecht das war, sieht man wohl erst dann richtig deutlich, wenn die Haare lichter und die Scheuklappen durchsichtiger werden...
Danach wurden die Platten etwas schwächer, auch was die Chartplatzierungen betrifft, dafür die Tourneen immer gigantischer: die "Dröhnland"- und die "Heizer"-Tour. Vergiss die
Stones [Verf.: ein Trauerspiel in diesen Zeiten!] - hieß es damals zurecht - wir haben
Udo! Auch der Schwenk weg vom Panikorchester hin zur Neuen Deutschen Welle war nachvollziehbar, weil
Lindenberg sich nie neuen Einflüssen verschlossen und vor allem stets junge Musiker gefördert hat. Für mich bedeutete diese 'Crossroad' zwar die Abkehr von der Musik
Lindenbergs, denn NDW war definitiv nicht 'mein Ding', allerdings nicht ohne dessen Weg mit höchstem Respekt weiterzuverfolgen. Sein Engagement gegen Rechts, für die erste Popakademie Deutschlands oder Afrika -
Udo blieb sich immer selbst treu, machte konsequent 'sein Ding'.
Und heute... erlebt der Mann mit seinen ersten Nummer-Eins-Alben überhaupt,
Stark wie zwei und "MTV Unplugged - Live aus dem Hotel Atlantic", seinen x-ten Frühling. Ein von Kritik wie Publikum frenetisch gefeiertes Musical, trefflich
Hinterm Horizont genannt, setzt auf die unglaubliche Erfolgsserie seiner späten Jahre nicht nur das i-Tüpfelchen sondern ein dickes, fettes Ausrufezeichen!
Premierenfieber in Mannheim! Wie nervös
Udo gewesen sein muss, zeigte sich nicht nur in den unvermeidlichen kleinen Fehlerchen im Ablauf, sondern vor allem daran, dass der Meister sich nach der Show gar nicht mehr 'einbekam'... tausendmal bedankte er sich, wollte sich kaum vom Publikum trennen - wohl gemerkt: nach einer Show von fast drei Stunden!!!
Der Abend in Mannheim war eine der seltenen Sternstunden im Leben eines Musikfreundes - Gänsehautmomente im Minutentakt! Diese begannen mit dem Auftakt, bei dem der Meister mit einem riesigen Zeppelin einschwebte, gingen über zauberhafte Balladen und ein gigantisches Medley im ersten Zugabenblock weiter und endeten mit dem Abflug des Hauptdarstellers zum Abschluss eines schweißtreibenden Drei-Stunden-Konzertes; Akrobatik und Artistik natürlich inbegriffen - wenn
Lindi auf Tour geht, wird die ganz große Trickkiste aufgemacht.
Zuletzt sah ich
Lindenberg während der "Heizer"-Tour. Das ist jetzt fast 22 Jahre her, aber der Entertainer hat nichts, aber auch gar nichts von seiner Magie eingebüßt. Fünfzehntausend Zuschauer in der ausverkauften SAP Arena, dort wo ansonsten Eishockey und Handballbundesliga zuhause sind, waren von der Eröffnung durch das pompöse "Odyssee" bis zum melancholischen Finale mit "Goodbye Sailor" in seinem Bann gefangen.
Lindenberg macht keine halben Sachen - "Ich mach mein Ding" ist selbstredend ein 'ganz großes Ding'.