Wer kennt
Elliott Murphy? Musikfans, die regelmäßig bei Blue Rose ordern oder die zumindest mal in die Label-Sampler "Nuggets" (siehe die Nummern
18,
19 und
20) reingehört haben. Und sonst? Sicher nur ein sehr spezielles Publikum. Dabei veröffentlicht der gebürtige New Yorker und seit 1990 in Paris lebende Mann das mittlerweile 29. Album in seiner fast dreieinhalb Jahrzehnte umfassenden Karriere. Er gehört zu den unermüdlich Tourenden und ist in Europa weit unterwegs, im Mai auch wieder in Deutschland (siehe
Tourtermine).
Nach der letzten Blues-CD "Murphy Gets Muddy" mit Cover bekannter Standards stellt der umtriebige Musiker diesmal wieder seine eigenen Autoren-Qualitäten unter Beweis und liefert mit seiner regulären Band ein gutes Singer/Songwriter-Album ab. Aufgenommen wurde es in Le Havre und dazu gibt es einige Gast-Beiträge. Der Titel ist dabei leicht missverständlich, Murphy meint damit, dass er soviel unterwegs ist, dass er quasi überall zuhause ist.
Die 13 Songs pendeln zwischen recht exotischen Schauplätzen und drehen sich um alle möglichen Leute, also klassisches Terrain für einen Liedermacher. Der ist allerdings fest eingebettet in seine Band, die ihn mal sanft, mal rockig unterstützt, also keinesfalls ein Ego-Trip. Erzählen kann er, seine meist gefühlvollen, balladesken Songs haben Charme und sind gut geerdet. Die variable, aber nicht sehr feste Stimme erinnert mitunter an den jungen
Bob Dylan ,
an
Rick Danko von der
Band oder andere Kollegen der Zunft. Allerdings gehört "Coming Home Again" zu der Art von Musik, die sich wohl erst nach mehrmaligem Hören voll erschließt, die zwar gefällt, aber nicht sofort hängen bleibt. Es lohnt auf jeden Fall, sich damit näher zu befassen; gute Texte, feine Arrangements und ein transparenter Sound unterstreichen die hohe Qualität der Produktion.
Im Opener "Pneumonia Alley" macht gleich die Slide von
Murphys Partner
Olivier Durand Lust auf mehr. Dann geht's mit einem riffigen Akustik-Rocker mit Gitarre und Mundharmonika ("As Good As") weiter. "A Touch Of Kindness" erinnert mit seinen Ohrwurmqualitäten an
Al Stewart. Mit den nächsten beiden Titeln wird's ruhiger und nachdenklicher. "Making Friends With The Dead" und "40 Days And 40 Nights" sind Songs mit leicht surrealen Texten der Selbstreflexion, mal sparsamer, mal üppiger instrumentiert.
"Losing It" kommt als Country-Schnulze über das Älterwerden daher, bevor
Murphy mit "The Prince Of Chaos" einen düsteren Slowsong mit reichlich seltsamem Arrangement anstimmt. Dafür legt "Maryann's Garage Sale" als Sixties-Popsong im Stil von "La Bamba" und mit "Mendocino"-Orgel (Gast
Kenny Margolin von der
Willy DeVille Band) kräftig los. Recht schräg schleicht sich auch "Not Enough Time" heran. "Johnny Boy Gone" ist eine Ballade, die es in sich hat, musikalisch und textmäßig allererste Sahne. Mit "Canaries In The Mind" rockt's wieder fröhlich, "Jesse" ist der sanfte Nachruf auf einen abgestürzten Musikerfreund und mit "Home Again" klingt das Album geruhsam aus.
Nun, es ist vorauszusehen, dass
Murphy auch mit diesem Album nicht den großen Wurf landen wird, weil seine schönen Songs einfach keine Breitenwirkung erzielen. Fans gut gemachter, abwechslungsreicher Singer/Songwriter-Musik mit durchaus rockigem Background sollten "Coming Home Again" jedenfalls antesten. Wer
John Hiatt
mit seinen eher akustischen Sachen mag, dem wird auch "Coming Home Again" gefallen. Allerdings ist ein deutlicher Pop-Anteil nicht zu überhören. Dem sehr geschmackvollen dreiflügeligen Digipack ist ein reich bebildertes Booklet mit allen Texten und den jeweiligen Besetzungen eingefügt.