Glen Matlock & The Philistines / Born Running
Born Running Spielzeit: 45:54
Medium: CD
Label: Floating World Records, 2010
Stil: Rock

Review vom 04.09.2010


Moritz Alves
Rockkenner werden beim Namen Glen Matlock unweigerlich an die britische Punk-Legende Sex Pistols denken müssen. Denn auch wenn Matlock in den Siebzigern nicht durchgängig aktives Bandmitglied war, ist der Mann rückblickend doch als die treibende Kraft hinter der Gruppe zu sehen, zeichnete er für deren größte Hits ("Anarchy In The UK", "God Save The Queen" und "Pretty Vacant") verantwortlich. Auch auf musikalischer Ebene war er (schon) damals der versierteste der vier Pistols, und sein Ersatz Sid Vicious (1957-1979, R.I.P.) wurde ohnehin nur aufgrund seiner Punk-Attitüde angeheuert, denn es ist hinlänglich bekannt, dass er vom Bassspiel kaum etwas verstand.
Dass Matlock im Herzen allerdings mit der Punkbewegung nicht sonderlich viel am Hut hatte bzw. längst über seine Jugend in dieser Szene hinausgewachsen ist, sagt er dann und wann in Interviews (wie erst kürzlich im Berliner Hard Rock Café). Aber auch sein frisches Album "Born Running", das er mit seiner langjährigen Begleitmannschaft The Philistines in Form gebracht hat, zeugt eine ganze Dreiviertelstunde davon - mit Punk Rock hat das hier dargebotene Songmaterial nämlich rein gar nichts zu tun.
Vielmehr wird man ganze zwölf Songs lang mit klassisch-zeitlosem (britischen) Rock konfrontiert. Das Liedgut zeugt durchweg von bodenständiger Songwriting-Kunst irgendwo zwischen
Joe Strummer auf Solopfaden, Bruce Springsteen und Ron Wood (passenderweise ist Matlock bei den gerade reformierten Faces am Bass dabei), auch wenn es im Schnitt nicht an diese großen Namen heranreichen kann. Das hier ist erwachsene, reife Rockmusik, die sauber gespielt ins Ohr geht (gerade der mittlerweile verstorbene Leadgitarrist Steve New, dem "Born Running" gewidmet ist, fällt hier neben Multiinstrumentalist Matlock positiv auf) und das Bein immer wieder mitwippen lässt - grundsolides Handwerk mit einigen Glanzmomenten, die aber mit Punk Rock-Intensität rein gar nichts zu tun hat; aufgrund Matlocks Einstellung aber nichts Verwunderliches.
Der Protagonist ist mittlerweile Mitte 50, was man seiner Musik auch anhört. Einzig Punk-Rüpel wie 'Mr. Exploited' Wattie Buchan werden wohl bis ans Ende ihrer Tage wütende Musik fabrizieren. Und dass Matlock sowas auch noch kann, hat er in der Vergangenheit bei den Reunion-Shows der Sex Pistols ja ausdrücklich bewiesen. Seit der Zeit bei seiner einstigen Band wird er denn auch als lebende Legende angesehen, dennoch fällt es Leuten seines Status' nicht unbedingt und immer leicht, durchweg brillante Kost auf Silberscheibe zu bannen. Das zeigt "Born Running", obwohl es - und das möchte ich festhalten - keineswegs ein schlechtes Album geworden ist, insgesamt aber doch eher durchschnittlich ausfällt.
Daran können auch besagter Steve New (Rich Kids, Public Image Ltd. [genau, John Lydons alte Spielwiese], Iggy Pop) und Drummer Javier Weyler (Stereophonics) nichts ändern, geschweige denn Produzent Jim Lowe (Stereophonics, Foo Fighters, Manic Street Preachers, Paul Weller u.a.). Trotzdem gilt: Wer ansprechende, ehrliche, handgemachte Rockmusik der alten Schule mag, der sollte Glen Matlock und seinen Philistines eine Chance geben und sich besonders "T.R.O.U.B.L.E.", "Nowheresville", "Rock Chick", "Somewhere Somehow" und den Titeltrack schmecken lassen.
Line-up:
Glen Matlock (lead vocals, guitars, bass, keyboards, percussion and backing vocals)
Jim Lowe (guitars, keyboards, percussion and backing vocals)
Javier Weyler (drums and percussion)

Steve New (lead guitar - #04, 08, 11)
James Stevenson (lead guitar - #09, 10)
Jon Tiven (lead guitar - #07)
Terry Edwards (piano - #08)
Maggi Ronson (backing vocals - #05)
Tracie Hunter (backing vocals - #05)
Tracklist
01:Born Running (3:52)
02:Get What We Get (3:39)
03:T.R.O.U.B.L.E. (3:20)
04:Nowheresville (3:54)
05:Rock Chick (3:55)
06:Timebomb (4:07)
07:Hard Work (3:39)
08:Something Tells Me (3:47)
09:Electricity (3:48)
10:Yeah Right! (3:43)
11:Way To Go (3:58)
12:Somewhere Somehow (4:12)
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