Es wird ja gern die neue Bluesstimme beschworen. Wenn der Glaube groß genug (jedenfalls größer als das objektive Urteilsvermögen), dann verkünden die lieben Kollegen auch schon öfters mal euphorisch »habeamus mamam!«. Manchmal werden sie sogar wirklich fündig und wenn's im bayerischen Voralpenland ist. Blues kennt keine regionalen Grenzen, aber irgendwie ist er offensichtlich im flachen Land eher daheim, als dort, wo das Radfahren anstrengender ist.
Und so schickt sich wieder mal einmal eine junge Dame von der Waterkant an, uns den Blues zu bringen. Jessy Martens heißt sie und ist, wenn die PR-Infos stimmen, grad mal 20 Jahre jung. Die Hamburgerin kommt im Schlepptau von Jan Fischer's Blues Support, die sie auch auf ihrem Debüt begleiten. Das ist auf dem hanseatischen Moon Sound Label erschienen und für diese Neuentdeckung (von wem auch immer) ziehen wir aber ganz RockTimes-mäßig unsere Hüte!
Fräulein Martens hat nicht nur die allzu gern zitierte 'Röhre', sondern singt erstaunlich nuanciert die Blue Tunes, mit zartem Schmelz genauso, wie mit jazzigen Phrasierungen und einer Power, die für so ein zartes Geschöpf schon mehr als erstaunlich ist. Der rezensierende Mensch an seinem PC ist begeistert! Und erinnert sich an eine ebenso stilistisch geschmeidige (aber wohl mindestens doppelt so alte) Jessica Born live in Schmölz.
Das Küken trägt nicht nur dick auf (wie unlängst einer ebenso begabten englischen Kollegin kritisch unter das zarte Stubsnäschen gerieben werden musste), die hat den Groove. Der kommt nicht von ungefähr, wenn man den weiteren Angaben glauben darf. Musical-Schulung, Solostimmen in diversen Gospelchören und Vorzeigeschülerin in der Hamburger School of Music. Glücklicherweise Verzicht auf die Casting-Komiker und Karriere als Popsternchen. Yeah, here's the real music!
Das Protegé von Jan Fischer tut ihr mehr als gut, der Mann (und Produzent des Albums) sorgt mit den weiteren Mitspielern für den richtigen, vorwiegend akustischen Unterbau. Das klingt rund und genau auf die beachtlichen Fähigkeiten der jungen Künstlerin zugeschnitten, eine absolut stimmige Produktion. Auf "That's Why I'm Crying" bewegt sie sich durch ein Repertoire von gut gewählten Covers, die jedoch klingen, als wären sie für sie gemacht.
Da kommt einiges aus den Lautsprechern - knackiger R&B, ansteckender Jump Blues, brodelnder Sex (absoluter Anspieltipp "Love Me Like A Man"), zeitgenössische Interpretationen alter Klassiker, Tiefblaues aus der britischen Slow Blues-Ecke, Barrelhouse Honky Tonk, jede Menge Soul und dann noch die Schicksalsnummer aller Blues-Elevinnen: "Summertime". Jessy Martens bleibt zunächst bei einer sparsam instrumentierten, langsamen Version und lässt mit ihrer großen Stimme das Feuer nur verhalten glühen. Daraus wird nach einem Break eine explosive R&B-Nummer - und verhallt sanft. Ja, das lässt sich der geplagte Schreiberling nach so vielen mittelmäßigen Versuchen, die er mittlerweile erdulden musste, gern noch öfters gefallen. Gut gemacht, Mädel! Und auch ein großes Kompliment an die Begleitband - well done, die Herren.
Talent braucht man hier nicht mehr zu bescheinigen, das ist echtes Können einer jungen Künstlerin, die ihren Weg machen wird. Ihr Bluesfreaks da draußen, hört die Botschaft: Jessy Martens hat's drauf und ist auf dem Weg zu euch!
Vergesst all die blassen Mauerblümchen - hier kommt die neue Lady Blues!
Line-up:
Jessy Martens (vocals)
Jan Fischer (piano / background vocals)
Ralf Böcker (saxophone)
Martin Friedenstab (guitars)
Jochen Reich, Björn Puls (drums)
Bernd Ohnesorge, Dirk Vollbrecht, Andrew Krell (double bass)
Tracklist |
01:Never Make Your Move Too Soon
02:Mess Around
03:Love Me Like A Man
04:Good Morning Blues
05:That's Why I'm Crying
06:I'm No Sophisticated Mama
07:Trying To Make A Living
08:Hard Times
09:Saved
10:Summertime
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