Der in Las Vegas ansässige Gitarrist Jimmy McIntosh hatte 2006 mit seinem Solodebüt "Orleans To London" gewaltig Staub aufgewirbelt. Nicht nur aufgrund der großartigen Musik, sondern auch, weil er dafür sowohl den Rolling Stones-Gitarristen Ronnie Wood (ebenfalls Ex- The Faces), als auch den (aus vertraglichen Gründen) unter dem Decknamen Ram Rod agierenden Jeff Beck für sich gewinnen konnte. Neun lange Jahre sind seither ins Land gezogen, viel Zeit und Muße für's Songwriting, für die Weiterentwicklung des eigenen Stils sowie die richtige Zeit und den richtigen Ort der Nachfolgescheibe zu wählen.
Nun liegt diese mit dem Namen "Jimmy McIntosh And..." vor und treibt im Musikraum eines im südwestlichen Teil Deutschlands gelegenen Belegschaftsteils von RockTimes seine Blüten. 'El Becko' ist zwar nicht mehr am Start, dafür aber einmal mehr Mister Wood, der sich sowohl als Gitarrist wie als Songwriter mit einbringen konnte. Und überhaupt wird man schon ganz nervös, wenn man sich die Namen der beteiligten Musiker so auf der Zunge zergehen lässt. Neben McIntosh und Wood sind als weitere Gitarristen noch die Szene-Ikonen John Scofield und Mike Stern mit im Spiel. Am Piano und der Orgel sitzt niemand Geringerer als Ivan Neville ( The Neville Brothers, Keith Richards' X-pensive Winos) und am Schlagzeug Toss Panos (u. a. Robben Ford und Michael Landau).
Ja, es ist ein Instrumental-Album, aber dafür ein verdammt gutes. McIntosh versteht es ganz prächtig, in seinen Songs eine sehr dichte Atmosphäre und Gefühle, die man fast zu greifen können glaubt, aufzubauen. Und bezüglich der Stilistik ist er dabei unglaublich flexibel. Auf den zwölf vorliegenden Tracks findet man Blues, Jazz, Fusion und Rock... meistens - und genau darin liegt wohl die Magie der Scheibe - mit absoluter Leichtigkeit ineinander übergreifend. Jimmy McIntosh ist filigran, ohne damit protzen zu müssen oder dem Hörer auch nur ansatzweise auf den Senkel zu gehen.
Die Hälfte der Songs stammen aus der Feder des Protagonisten, wovon mich das sehr jazzlastige "PM Blues" am meisten beeindruckt, obwohl ich nun wirklich nicht der Jazz-Freak vor dem Herrn bin. Ronnie Wood brachte mit "Slow Blues" und "Fast Blues" (umwerfend originelle Titel, Ronnie!) zwei Stücke dieser Stilrichtung mit, während sein Meisterstück auf diesem Album allerdings die Nummer "I Gotta See" (von seinem letzten Solo-Werk I Feel Like Playing) ist. Eine wundervolle Ballade, unterlegt vom warmen Orgelspiel Nevilles und zumeist geführt durch das extrem starke Saxofon-Spiel Albert Wings. Das geht runter wie Öl und hat erhöhte Suchtgefahr. Gäbe man das Stück einem angesagten Sänger der Gegenwart und verwendete den Text dazu, die Wahrscheinlichkeit eines Riesenhits ließe sich nicht von der Hand weisen.
Und um die Stones-Geschichte von "Jimmy McIntosh And..." abzuschließen sei auch die extrem geile Version der Keith Richards-Nummer "Demon" (von dessen zweitem Soloalbum "Main Offender") erwähnt. Auch hier glänzt in erster Linie wieder Albert Wing, der sein Saxofon erst streichelt, dann quält, durch den Dreck zieht und es anschließend übergangslos wieder liebkost. Das ist nicht nur ganz großes Kino, sondern wird dem Original sowohl gerecht, wie es dieses auch ehrt. Eine kleine Dosis Robert Johnson gefällig? Ja, auch der Mann mit der schicksalsträchtigen Begegnung mit dem Gehörnten und Pferdefüßigen an einer Kreuzung irgendwo im tiefsten Süden der USA ist hier mit dem "32-20 Blues" vertreten. Und auch das wieder - muss es noch erwähnt werden? - auf allerhöchstem Niveau was sowohl Technik als auch Feeling angeht.
Instrumental-Alben sind ganz sicher nicht jedermanns Sache und auch der Rezensent ist eigentlich kein erklärter Fan davon, aber das zweite Album von Jimmy McIntosh hat dann doch auf voller Länge überzeugt. Und das betrifft jeden einzelnen Punkt dieser Scheibe, seien es der Protagonist selbst, die weiteren Musiker, das Songwriting, die Arrangements, der Sound... you name it! Ein ganz großes Lob und anerkennendes Kopfnicken gehen also in Richtung Las Vegas, das ganz offensichtlich weitaus mehr zu bieten hat als Roulette-Tische, 'leichte' Ladies und das Versprechen, alle Geheimnisse zu bewahren, die sich innerhalb der City Limits so rasant auftürmen, wie die zu schälenden Kartoffelberge in einem alten deutschen Märchen.
Wer nach wie vor Zweifel an Instrumental-Alben hat, der sollte sich "Jimmy McIntosh And..." zu Gemüte führen!
Line-up:
Jimmy McIntosh (guitars)
John Scofield (guitars - #3,7)
Mike Stern (guitars - #5,11)
Ronnie Wood (guitars - #1,8,12)
Ivan Neville (piano - #7,8, organ - #2,3,8)
Albert Wing (saxophone - #8,9)
John Humphrey (bass)
Keith Hubacher (bass - #7,10)
Dan Lutz (acoustic bass - #5)
Toss Panos (drums)
Tracklist |
01:Slow Blues
02:The Logue
03:Letsco
04:Ju Ju
05:PM Blues
06:Sophisticated Lady
07:Lavona's Boogie
08:I Gotta See
09:Demon
10:32-20 Blues
11:Back2Cali
12:Fast Blues
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