Zweiter Konzertbesuch der RockTimes-Redaktion in Rainers Rockhouse innerhalb weniger Wochen. Nachdem wir am 12. Mai dieses Jahres den Gig von Todd Wolfe aus allernächster Nähe verfolgen konnten und dabei begeistert waren, der Band fast Auge in Auge gegenüber zu stehen, waren für diesen Donnerstagabend Johnny Mastro & Mama's Boys in Sarstedt angekündigt. Klar, dass wir uns diese Show reinziehen würden, denn vor fast genau zwei Jahren hatten wir die vier Jungs aus Kalifornien schon einmal im Blues Joint, Seelze, erlebt und dabei einen der heißesten Auftritte gesehen, die uns bisher untergekommen sind. Nur zu gut erinnerten wir uns an den quirligen Frontmann, der sich fast die Lunge aus dem Hals blies und seine Bluesharp zum Glühen brachte.
Schon damals waren wir ziemlich nah am Geschehen, aber die Aussicht, diese starke Band fast hautnah in dem kleinen Saal zu erleben löste ein wohliges Gefühl der Vorfreude bei uns aus, denn die intensive Musik von Johnny Mastro & Mama's Boys kommt in kleinen, intimen Locations am Besten rüber. Nur in einer solchen Atmosphäre kann sich dieses besondere Feeling, dieser Geruch nach Männerschweiß und Whiskey, eben der ganze Dreck dieser Sounds so richtig entfalten. Nicht umsonst hat die Band fünfzehn Jahre die Club-Szene rund um Los Angeles unsicher gemacht und dabei ihr Publikum verzaubert.
Als die Gruppe gegen 20.30 Uhr das erste Set des Abends eröffnete, wurde sehr schnell klar, dass die Jungs mal wieder sehr motiviert waren. Obwohl auf der kleinen Bühne recht wenig Bewegungsfreiheit herrschte, brach sofort wieder das erwartete Soundgewitter über das Publikum herein. Drummer Jimmy Goodall, wieder perfekt durch Lippenstift und Nagellack aufgebrezelt, donnerte seine kraftvollen Salven ab, die man ihm, allein durch sein äußeres Erscheinungsbild, eigentlich gar nicht zutrauen würde. Dabei fand ich besonders faszinierend, mit welcher Coolness und Ruhe er die druckvollsten Rhythmen durch die Anlage jagte. Fast stoisch sorgte er für jede Menge Dampf im Kessel, sodass sich jeder Schlag höchst angenehm in der Magengegend bemerkbar machte.
Dagegen wirkte Bassmann Mike Hightower fast schon wie ein Energiebündel. Hatte er vor zwei Jahren noch fast keine Regung bei seinem Spiel gezeigt, so kniete er sich jetzt auch bewegungstechnisch wesentlich mehr rein. Seine pumpenden und wummernden Läufe gruben sich in dem kleinen Raum metertief in die Gedärme und bildeten so die ideale Ergänzung zum Schlagzeug. Die Rhythmus-Sektion war also bereit, um Rainers Rockhouse komplett in Schutt und Asche zu spielen. Einfach nur herrlich, dieses Kraftwerk in voller Aktion zu erleben.
Smokehouse Brown dagegen brauchte einige Zeit, um so richtig in Fahrt zu kommen. Wie üblich Kette rauchend, knallte er seine Gitarren-Sounds für seine Verhältnisse relativ ruhig aus den Boxen. Doch je weiter sich das Konzert entwickelte, je mehr steigerte er sich auch optisch immer mehr in die Musik rein, und so kam das Publikum dann doch noch in den Genuss seiner berühmt-berüchtigten Ausbrüche. Gegen Ende der Show verließ er dann auch mal seinen angestammten Standpunkt auf der Bühne, um mehr Platz zu haben und seine Soli nun endlich mit vollem Körpereinsatz zu unterstützen. Dieser Mann ist immer wieder eine Augen- und Ohrenweide!
Und Johnny Mastro selbst? Auch er war voll motiviert. Wie immer ganz in schwarz gekleidet und mit großer Sonnenbrille, zog er mal wieder alle Register seines großen Könnens an der Bluesharp. Ständig wechselte er die kleinen Instrumente und verausgabte sich dabei wieder völlig. Schnell stand ihm der Schweiß auf der Stirn und zeugte von der großen Anstrengung während des Auftrittes. Klasse, wenn man Johnny beobachtet, wie er ein Solo an das nächste anschließt, vor allem wenn sich das Ganze in einer Entfernung von zwei Metern abspielt. So etwas gibt es nur in Rainers Rockhouse, und das macht das ganz besondere Flair dieses kleinen Clubs aus.
Musikalisch gab es natürlich den kompromisslosen und äußerst aggressiv gespielten Blues Rock auf die Ohren, bei dem man keine solistischen Höchstleistungen erwarten darf. Hier steht nach wie vor das reine Feeling im Vordergrund. Nichts anderes zählt, und auch kleinere Zwischenfälle werden einfach perfekt kaschiert. So riss plötzlich eine Saite an der Gitarre von Smokehouse. Na und? Dann wurde mal eben der Gershwin-Klassiker "Summertime" in Trio-Besetzuing eingestreut, und die Sache war wieder aus der Welt. So etwas nenne ich Rock'n'Roll in Reinkultur. Es gibt keinerlei künstliches Gehabe, keine Allüren. Nur so kann und muss diese Musik gebracht werden. Rockmusik, wie sie in ihren Wurzeln entstanden ist. Und dafür steht diese Band, wie kaum eine zweite.
Als der knapp zweieinhalbstündige Gig zu Ende war, stand einmal mehr fest, dass Johnny Mastro & Mama's Boys zu den intensivsten Live-Bands zählen, die momentan unterwegs sind. Diese Jungs muss man einfach auf der Bühne erlebt haben!
Line-up:
Johnny Mastro (harp, vocals)
Smokehouse Brown (guitar)
Mike Hightower (bass)
Jimmy Goodall (drums)
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