Weiber über Weiber … auf meinem Schreibtisch, genauer gesagt auf dem Stapel der zu besprechenden Alben. Normalerweise verbrenn ich mir nicht die Gusch über irgendwelche irgendwie geartete Vertreterinnen des anderen Geschlechts. Und 'Weiber', verehrte Wesen von der anderen Fraktion, ist bei uns Franken in keiner Weise abwertend gemeint!
Ein ganz besonderes steht im großen Kontrast zu den sonstigen, den Schöngeistern aus der folkigen Singer/Songwriter-Abteilung oder den wilden Röhren aus der blauen Ecke: Die 'Rockhexe' Marie Deutschland, die schon mit ihrer EP
einen doch recht eindrucksvollen Vorgeschmack auf die nun vollständige CD "Das Pendel des Schicksals" gab. Zur Geschichte dieser NDW-Figur bitte ich die geneigten Leser auf mein vorgenanntes Review zurückzugreifen, zumal ich mir dann auch die nähere Beschreibung der dort enthaltenen vier Songs sparen kann ☺.
Der zwiespältige Eindruck des Appetitmachers bleibt auch beim Durchhören des Gesamtwerks. Einerseits die wirklich beeindruckende, klare Stimme der Protagonistin, die mit deutlich vernehmbarem fränkischen Zungenschlag sowohl mühelos durch die Oktaven, als auch durch die verwendeten Stile ihrer selbst geschriebenen Songs schneidet. Andererseits dieser zuweilen doch recht gewöhnungsbedürftige Mix aus Deutschrock, Prog, Klassik-Zitat und bedeutungsschwangeren Texten. Ich hoffe, die schwarzgewandtete, blassgeschminkte Fraktion der Musikfans kann damit mehr anfangen, als der profane Liebhaber bodenständiger Rockmusik. Am Sound ist offensichtlich nochmal gefeilt worden, das klingt nun jedenfalls runder als auf der EP, dynamisch und druckvoll.
"Königin der Nacht" scheint (wie ein paar andere Titel auch) aus dem damaligen und nun flott rockendem NDW-Fundus zu stammen, jedenfalls erinnern mich die Kiekser doch sehr an Frl. Menke, auch wenn Frau Rüttinger mit einer trillernden Mozart-Koloratur im Mittelteil dem unvorbereiteten Hörer wohl schon mal ordentlich die Ohren putzt. Mit "Amerika" kommt dann der erste Song, der den schon leicht erschlagenen Normalo-Musikmenschen die welken Löffel aufrichtet. Eine folkige Nummer, die schön locker und erfreulich unangestrengt rüberkommt und mit dem Banjo auch mal andere Farbtupfer bringt.
"Stumm steht der Wald" - ein klassisch ausgerichtetes Klagelied bei der die Marie ihre schöne Stimme zur Klavierbegleitung erhebt und das als Einstieg zum nachfolgenden, umso wuchtiger arrangierten Umwelt-Epos "Mutter Erde" dient. Für das luftigere "Prolog im Himmel" wurde Goethes Gedicht zugrunde gelegt. Der Titeltrack verblüfft als kleines Folk Rock-Meisterwerk in bester keltischer Tradition. Oh Marie, warum nicht mehr davon… .
Die Nightwish-Fraktion sollte mal "Mit weißen Flügeln" antesten, das nahtlos in das kurze "Bald kommt die Zeit" übergeht. Zum Schluss gibt's nochmal ordentlich was auf die Lauscher: Michael Zichner mit seinen übereinander geschichteten Äxten und "Haffner Instrumental" - ein versöhnlicher Ausklang.
Wenn musikalisch auch nicht alles nach meinem Geschmack ist, so gilt dem Familienclan von Marie Deutschland doch ein dickes Kompliment für das Gesamtprodukt. Ein sehr ansprechendes Klappcover samt 24-seitigem Booklet (mit Zitronenduft!) und schöner Artwork, die von Heidemarie Rüttinger (alias M.D.) selbst stammt, packt den Silberling vorbildlich ein. Hier macht sich ihr Hauptberuf bezahlt. Auf der Homepage ist ein Selbstportrait der Künstlerin zu finden, das möglicherweise Rückschlüsse auf ihr Seelenleben und auch auf ihre Songs zulässt. Vielleicht verschwinden nun die Dämonen mit dieser musikalischen Selbstverwirklichung im zweiten Anlauf. Alles Gute Marie Deutschland und für das nächste Album vielleicht doch mal ein paar kritische und ordnende Ohren samt Hände von außerhalb!
Das Album (und die EP zum Antesten) gibt es derzeit nur im Selbstvertrieb über die Homepage (s.u.) sowie zum Downloaden bei iTunes.
Tracklist |
01:Königin der Nacht
02:Nie mehr bist du mein Prinz
03:Amerika
04:Hexenmeister
05:Stumm steht der Wald
06:Mutter Erde
07:Prolog im Himmel
08:Intermezzo
09:Belladonna
10:Ave Maria
11:Fantasie
12:Das Pendel des Schicksals
13:Mit weißen Flügeln
14:Bald kommt die Zeit
15:Haffner Instrumental
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