Nach knapp drei Jahren ist es endlich soweit: Marillion bringen ein neues Album auf den Markt, und nachdem es für den Vorgänger "Marbles" die unterschiedlichsten Kritiken, von ganz groß bis schwach und langweilig, gegeben hatte, trat schon im Vorhinein eine gewisse Spannung auf.
Und anders als Marbles beginnt "Somewhere Else" mit mehr Power und verhältnismäßig heftigen Gitarren. Der eingelegte Mitteltrack mit ruhigem Piano und seinen Bassläufen, dazu eine wunderbar erklingende Gitarre von Steve Rothery, fördert einen erfolgreichen Marillion-Sound zu Tage. Das Stück avanciert sofort zu einem gelungenen Eröffnungstrack. Ein durchaus interessantes Schlagzeugspiel von Ian Mosley macht den Folgesong "See It Like A Baby" sehr reizvoll, und wenn man sich die Gitarrenarbeit genau anhört, dann strotzen Marillion nur so vor lauter neuer Ideen.
Eine erste Ernüchterung macht sich bei "Thank You Whoever You Are" breit. Pianoklänge und sonstige Keyboards tragen den Refrain, aber irgendwie kommt die Formation dabei äußerst langweilig beim Hörer an. "Most Toys" ist dann tatsächlich ein Totalausfall. Vollkommen uninspiriert rocken Marillion mit langweiligen Riffs, einem müden Schlagzeuggekloppe und einer eigentlich überhaupt nicht vorhandenen Power. Das ist Einfallslosigkeit pur, nichts anderes.
Ganz anders verhält es sich beim Titelstück. "Somewhere Else" geht ans Gemüt, ist sehr gefühlvoll, verfügt über intelligente Gesangsmelodien und übermittelt intensives Feeling. Da werden jede Menge Effekte verwendet, sparsam, aber mit guter Wirkung. Es baut sich eine kleine Dramaturgie auf. Auch wenn Mark Kelly in "A Voice From The Past" sehr gefühlvoll und ideenreich die Synthies bedient, so zündet diese Nummer dann leider kaum. Zwar scheinen die Marillos gemerkt zu haben, dass man nach hinten raus die Intensität der Instrumente steigern sollte, letztlich reicht es aber nicht, um überzeugend rüber zu kommen.
Nach mehrmaligem Durchhören des Silberlings wird deutlich, dass hier wieder Höhen und Tiefen vorhanden sind. Denn "No Such Thing" ist ein richtig geiler Track. Ruhig und schleppend und dennoch mit sehr viel Druck und Power, sehr groovy, und vor allen Dingen eingängig, zieht sich die gespielte Tonfolge von Steve Rothery über fast die gesamten vier Minuten. Und auch "The Wound" wirkt schlüssig und rockig. Im letzten Drittel ist eine Menge Drive vorhanden.
"The Last Century For Man" und die Stimme von Steve Hogarth ist fast unerträglich. Nölig und ein einziges Jammern. Das hat mit Singen nicht mehr viel zu tun. Ich habe keine Ahnung, warum Musiker dieses Kalibers einen solchen Schmarren zusammen spielen. Okay, die Gitarre droht immer mal wieder eine überzeugende Rolle zu übernehmen und auch die Tasten deuten etwas Intensität an. Aber das ist erneut viel zu wenig. Den Abschluss bildet das sanfte "Faith", mit akustischen Gitarren und anklagendem Gesang. Allerdings ohne jeglichen Esprit und ohne Ansatz, auch nur einen Hering vom Teller zu ziehen.
Mein Fazit: Erneut gibt es auch auf "Somewhere Else" ein paar Songs, die wirklich gut sind und die den noch immer vorhandenen Stellenwert der Band verdeutlichen. Aber der Anteil an unbedeutender und langweiliger Musik ist doch sehr groß. Marillion müssen sich an sich selbst messen lassen. Und in weiten Teilen ist das hier eine Daseinsberechtigung, mehr aber auch nicht. Wer Herzschmerz hervorrufen will, der sollte es auch gescheit tun. Wo ist die Abwechselung innerhalb der jeweiligen Stücke, wo sind die Tempoveränderungen? Ohne Fanbrille und bei objektiver Betrachtung hat "Somewhere Else" Potenzial, ist aber ansonsten ein durchschnittliches Album mit Tendenz nach unten. Kann sein, dass es noch etwas nachwirkt, wenn man sich die Scheibe noch öfter gibt, viel kann da allerdings nicht mehr kommen.
Marillion sind so wahrlich keine bedeutende Progband mehr!
Line-up:
Steve Hogarth (vocals)
Pete Trewavas (bass)
Steve Rothery (guitars)
Mark Kelly (keyboards)
Ian Mosley (drums)
Tracklist |
01:The Other Half (4:23)
02:See It Like A Baby (4:32)
03:Thank You Whoever You Are (4:51)
04:Most Toys (2:47)
05:Somewhere Else (7:51)
06:A Voice From The Past (6:21)
07:No Such Thing (3:58)
08:The Wound (7:18)
09:The Last Century For Man (5:51)
10:Faith (4:11)
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