Metrum / You Know
You Know Spielzeit: 51:28 (CD), 31:59 (DVD)
Medium: CD & DVD
Label: Silversonic, 2015
Stil: Metal


Review vom 13.04.2015


Boris Theobald
So muss das, so baut man sich was auf! Drei Jahre ist es her, da brachte die österreichische Formation Metrum - drei Jungs mit deutsch-amerikanisch-österreichischen Wurzeln - ihr Debütalbum Broken raus. Das bestand aus düsterem Hard Rock - mehr als hörenswert, aber auch noch mit ein paar Schwächen und Längen. Und dann haben sie live gespielt, Feedback aufgesogen und daraus gelernt, sind als Band noch enger zusammengewachsen, haben fleißig Songs geschrieben ... Und das ist die Belohnung, für die Band und die Fans: "You Know" ist ein richtiger Kracher. Metrum haben sich gar nicht viel 'verändert' - sie sind aber enorm gereift. Die Riffs kommen wuchtiger, die Atmosphären sind ausgefeilter, das Songwriting sowohl abwechslungsreicher als auch tiefgründiger; und der Gesang hat praktisch all seine kleinen Schwächen, die noch da waren, abgestreift. Alexander Cornel Grössl 'knödelt' nicht mehr - shoutet sich stattdessen ungeheuer emotional ins Gefühlszentrum des Hörers.
Und mit was für einer amtlichen Abrissbirne das Album nach dem Intro "First Steps" startet: "Red Carpet". Wow. Unheilvolle Bässe, furchteinflößende Stakkato-Riffs, zurückgenommene Passagen voll angespannter Ruhe und einer verstörend langsamen Melodie der Clean Gitarre, deren einzelne Töne wie Nadelstiche wirken. Der Chorus: eine Bombast-Walze mit dichtem Background-Gegrowle. Baaaam! Volltreffer. Das atmosphärisch düstere Dickicht atmet etwas Evergrey, die brachiale Kraft zweier Gitarren Power Metal à la Brainstorm und das Ächzen und Stöhnen der Riffs, zum Beispiel bei "You Know", hat einen Prog-Anstrich im Stile von Communic. Trotzdem etablieren Metrum aber 'Metrum' - das war nicht einfach, aber mit dieser Platte kriegen sie es hin. Die Vielfalt macht es! Die Unberechenbarkeit ...
In Form von "Away" hauen Metrum beispielsweise eine wehmütige Nummer raus, die introvertiert beginnt, im Chorus 'explosiv' zündet und so was von geradeaus ist ... ja, es passt. Der Hörer kann das gerade sehr gut gebrauchen. "Sent To War" geht einen Schritt weiter und startet sogar mit akustischer Gitarre. "Damn You" entpuppt sich sogar als rein akustisches Stück - ganz und gar kurzweilig komponiert. Die Nummern auf "You Know" leben von großen Kraftgegensätzen - und nicht zuletzt auch davon, wie Alexander Grössl die Schritte auf verschiedenen Levels mit seinem Gesang mitgeht. Das ist nicht nur stimmlich, sondern auch emotional eine überragende Leistung.
Seien es solche sich aus der Ruhe entwickelnden Stücke, seien es kraftvolle Hard Rocker wie "Egomaniacs", Power Metal-Kracher mit Anstrichen von Alternative, Gothic und allem, was sonst noch böse klingt wie "Prejudice" oder "Isn't Life" mit kleinen Psycho-Drehs - Metrum bescheren uns so ein handwerklich allerfeinst umgesetztes und kompositorisch aufregendes Potpourri aus Wut mit Ruhepolen. Und die Jungs haben vieles, das sie wütend macht. "You Know" ist ein Anti-Kriegs-Album über Vorurteile, verdeckte Absichten, Täuschung und verquere Ideologien. Textlich drückt Alexander Grössl das ein Stück weit eleganter aus als noch auf "Broken", wo mir die Lyrics oft zu plump und zu direkt waren. Nun macht er zwar auch keine Umschweife, aber es wirkt doch etwas 'poetisch gereifter':
»Creatures of our planet / Pulled down by our undertow
Nature is in a casket / Our offspring have a greenish glow
Inequality justified by / A mentality that makes me cry
This fact is undeniable / Selfishness will let us die!

They're bleeding on our carpet / From the wounds that we inflicted
I'm trying to break, I'm trying to break the habit
Of living like a capitalistic savage«
Klasse, oder? Der rote Teppich in "Red Carpet" wird niemandem zu Ehre ausgerollt, sondern er ist rot vor Blut. Und noch ein gutes Stück knackiger bringt die Band ihre Message in "You Know" in nur einer Zeile zum Ausdruck - eine Zeile, die auch klanglich richtig knallt: laut, böse, zornesrot und wutverzerrt:
»We are just another tool in the system of doom«
Die Scheibe kommt mit einer Bonus-DVD daher, die von den Live-Qualitäten der Truppe zeugt. Man spielt fünf Stücke (davon zwei bisher unveröffentlichte) im Unplugged-Gewand auf einer Theaterbühne mit gänzlich abgedunkeltem Hintergrund - hinter der Band ist alles schwarz. Das macht schon Eindruck. Ein Typ mit 'Anonymous'-Maske (ein Sympbol für Revolution, so die Band) spielt Kontrabass. Im Zuschauerraum sitzen die Musiker und gucken sich selbst zu - und zwar jeder in mehrfacher Ausführung. Der Gesang ist super, die Atmosphäre ist fesselnd; und Bernhard Böhm und Alex Grössl zeigen mit zwei Gitarren gekonnt, dass 'unplugged' noch lange nicht 'Ballade' heißen muss. Zwischen den Nummern gibt es Kommentare der Bandmitglieder. Als Extra bekommen wir den beeindruckenden Videoclip zu "Perfect Remedy" mitgeliefert.
"You Know" ist ein richtig geiles Brett. Da hat die Konkurrenz im düsteren Metalbereich erst einmal einiges zu bohren. Dieses Album sollte man besitzen. Und wenn nicht - bitte ändern! Auch Fans von Tool oder Black Label Society sollten mal ihre Ohren spitzen.
Line-up:
Alexander Cornel Grössl (vocals, guitar)
Moritz Böll (drums, percussion)
Bernhard Böhm (bass guitar)
Tracklist
CD:
01:First Steps (0:49)
02:Red Carpet (4:36)
03:You Know (4:04)
04:Away (3:36)
05:Sent To War (3:48)
06:Damn You (4:31)
07:Egomaniacs (3:35)
08:Torture Me (4:56)
09:The Aftermath (5:16)
10:Perfect Remedy (4:08)
11:Prejudice (3:52)
12:Isn't Life (3:18)
13:All The People (0:52)
14:Narrow Road (4:04)
DVD:
01:Sent To War
02:Precious
03:Forbidden
04:Bound To Die
05:Broken Bonus: Perfect Remedy
Externe Links: