Mizzle / Grasshoppers
Grasshoppers Spielzeit: 32:59
Medium: CD
Label: Expressie Produkties, 2014
Stil: Pop, Rock

Review vom 07.05.2014


Joachim 'Joe' Brookes
Drehorgel, Kirmes, Karussells, freudiges Kindergeschrei, Paradiesäpfel, gebackener Fisch, Autoscooter. Zumindest der letzte Begriff ist viel zu modern für Mizzle, »[...] ein Soloprojekt des Bassisten und Songwriters Casper van Beugen [...]«. Er nennt das Fahrgeschäft viel lieber Selbstfahrer. Diese Assoziationen kommen einem in den Kopf, wenn "Intro: Invasion" im Gange ist. Ja, ein Marsch-imitierendes Schlagzeug sorgt für das, was der Titel aussagt.
Mizzle heißt Sprühregen und der kann unangenehm sein. Heuschrecken können zu einer Plage werden. Ganz gleich, wohin sie hüpfen, Mizzles "Grasshoppers" werden auf dem grünen Rasen nicht gefangen und schon gar nicht bekämpft. Casper van Beugen stammt aus s'Hertogenbosch (oder kurz Den Bosch).
Mit Klaas van Eijkeren gründete er Ende der Neunzigerjahre Crimble Cromble. 2005 war Schluss mit der Formation und 2007 zog der Protagonist nach Köln. Global gesehen ein Katzensprung, lokal betrachtet wohl ein Glückgriff, denn Mizzle ist mutig und mit seiner Art Musik zu spielen erfolgreich.
Song-Reste aus der Crimble Crumble-Zeit sowie neue Kompositionen wurden für das Mizzle-Album "Twelve Reasons To Take A Holiday" (2009) und die EP Sixpack (2011) verwendet. Die vorliegende Platte dokumentiert die Vorliebe des seit 2011 bei Keegan bassierenden Casper van Beugen für die Sechziger-/Siebzigerjahre, Syd Barrett und wer das von Pete Townshend komponierte, 1966 auf "A Quick One" (The Who) erschienene "Run Run Run" covert, der erweist sich als echter Zeitreisender in Sachen Musik. Das Stück macht unter Mizzles Obhut genauso viel Spaß, wie zu aufmüpfigen Mittsechzigerzeiten. So bekommt man durch Casper van Beugen den Bogen zu seiner eigenen Jugend, zumindest, was die in den Fünfzigerjahren geborenen Babyboomer angeht.
Unterstützung hatte der Niederländer von Peter Richter (Ex-Zeromin) und Marcus Brand (Ex-Benzin). Als Special Guests werden Ian Winick, Ian Maxwell sowie Matthias Kaufman gelistet. Die Liebe zu den Jahren des Straßenprotestes, der freien Liebe, legalize alles Mögliche, Minirock, Hippies, Bhagwan und Waberlampen ist in "Grasshoppers" unüberhörbar.
Nach dem Kirmes-"Intro: Invasion" macht sich Mizzle zunächst keine Freunde. Zu sehr arbeiten beim Song "Grasshopper" im "Spirit In The Sky"-Modus von Norman Greenbaum. Nun mach schon, wo liegt denn der Nennwert dieses Stücks? Wie sich die Nummer dann doch von dem One-Hit-Wonder entfernt und mit einem klasse E-Gitarrensolo aufwartet.
Bei der Verbundenheit zu den beiden erwähnten Jahrgängen fällt einem ein anderer Niederländer ein: Dirk Speksnijder, der sich auch diese Zeit als Vorlage aussuchte. Eingängig ist "Grasshoppers". Obwohl man die bereits oben erwähnte Syd Barrett/Pink Floyd-Perspektive nicht aus dem Augenwinkel verliert. Da sondert der Körper des Hörers selbstredend Glückhormone aus.
Balladesk darf dann natürlich auch sein. Dann, wenn sich "Mildew Of Your Mind" dreht. Diese dreieinhalb Minuten sind großartig inszenierte Musik, deren Melancholie man am liebsten mit einem Kescher einfangen und in einem Glas mit löchrigem Deckel aufbewahren möchte.
Mizzle kann die E-Gitarre allerdings auch ordentlich verzerrt krachen lassen. So der Fall in "Sixpack". Anders, zumindest was den Sechssaiter angeht, gibt sich die Formation in "'Till You Die". Mit Punk'n'Roll und Nirvana-Gitarre zeitlich aus dem Rahmen springend, vibrieren und wabern die besungenen Jahre dennoch ordentlich mit.
Aus meiner Sicht ist das abschließende und gleichzeitig längste Stück "Rabbits With Plums" ein anderes Kaliber. Hier wird eine Art psychedelische Duftmarke versprüht und die riecht auch noch ganz gut. Diese Richtung ist für die Zukunft durchaus ausbaufähig und Casper van Beugen kann doch gute Lieder schreiben. So ist auch "Saturday" sehr interessant, weil Matthias Kaufman mit seinem Cello einen sentimental-schönen Kontrapunkt zur E-Gitarre setzt.
Mizzles "Grasshoppers" ... reinhören und es öffnet sich ein musikalischer Himmel, in den man sich immer wieder aufs Neue verlieben kann.
Line-up:
Casper van Beugen (lead vocals, bass, keyboard, percussion, backing vocals)
Peter Richter (guitar solo - #11, drums, percussion)
Marcus Brand (electric rhythm guitar, electric lead guitar, backing vocals)

Special Guests:
Ian Winick (acoustic guitar - #5,6)
Ian Maxwell (backing vocals - #3, additional backing vocals - #2)
Matthias Kaufman (cello - #1,10)
Tracklist
01:Intro: Invasion (0:53)
02:The Grasshopper (3:34)
03:Nancy (2:47)
04:Chicken Soup (2:56)
05:Mildew Of Your Mind (3:26)
06:Sixpack (3:01)
07:Run Run Run (2:45)
08:Come Baby, Touch Me (2:53)
09:'Till You Die (2:04)
10:Saturday (3:32)
11:Rabbit With Plums (5:08)
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