Als Bluesgaragen-Macher Henry die Bandansage mit den Worten »Es ist gar nicht so einfach, eine Bluesband in Italien zu finden « begann, konnte ich ihm nur aus vollem Herzen beipflichten. Außer Rudy Rotta kam mir so ganz spontan kein anderer Name in den Sinn, und auch jetzt, mit einem zeitlichen Abstand, bin ich bei der Suche auch nicht viel weiter gekommen. Der 12-Takter gehört also anscheinend nicht gerade zur 'Volksmusik' im Spaghetti-Land. Aber die wenigen Bluesmusiker aus Italien mischen dafür die Welt der blauen Musik ganz schön auf und haben sich inzwischen einen sehr guten Ruf unter den Fans dieser Stilart erspielt.
Morblus wurde im Jahr 1991 gegründet, besteht also schon über zwanzig Jahre und kann inzwischen schon auf acht Alben und eine Live-DVD zurückblicken, von denen der größte Teil auch in der RockTimes-Redaktion besprochen wurde. Ein weiteres und sicheres Indiz dafür, über welche Klasse diese Band verfügt. Stilistisch bewegt sich Morblus im Spannungsfeld von Blues, Funk, Blues Rock und R&B und hat sich neben unzähligen eigenen Touren auch einen hervorragenden Ruf als Begleitband gemacht. So standen sie inzwischen mit Leuten wie John Mayall, Robben Ford und Ronnie Earl zusammen auf der Bühne und auch im legendären B.B. King's Blues Club in Memphis gaben sie schon ihre Visitenkarte ab.
Die Gruppe um den Sänger/Gitarristen Roberto Morbioli bevorzugt eine Musik der feineren Gangart. Hohe Musikalität und außergewöhnliche Fähigkeiten an ihren Instrumenten zeichnen die vier Bandmitglieder aus, sodass die einzelnen Songs fast schon zelebriert werden. Da sitzt jeder Ton perfekt, ohne dass die Spontanität verloren geht. Ich habe selten so eine homogene Truppe gehört, die auf einem qualitativ so hohen Level spielt und dabei durch ellenlange Improvisationsteile, die aber dennoch perfekt durcharrangiert wirken, begeistern kann. Fast alle Songs schrammten die zehn Minuten-Grenze und boten dabei jedem einzelnen Musiker immer wieder die Gelegenheit, ausgiebig zu solieren, was neben dem Bandleader auch hauptsächlich von Keyboarder Daniele Scala wahrgenommen wurde.
Doch auch die Rhythmus-Abteilung konnte sich nach Herzenslust austoben. In einem wahren Funk-Marathon kamen Drummer Diego Pozzan und Bassmann Stefano Dallaporta nacheinander zu richtig heftigen und lang ausgedehnten Soloeinlagen, bevor die gesamte Band wieder zum Grundthema zurückkehrte. Ein wahres Highlight des Abends, zumal Roberto Moglioli bei diesem Song einen Ausflug ins Publikum machte und so ein hautnahes Erleben seiner Gitarrenkunst möglich machte. Insgesamt gesellte er sich zweimal unter die Zuhörer und legte so eine ungeheuere Nähe zu seinen Fans an den Tag. Morblus hatte die Anwesenden voll im Griff.
Das zweiteilige Set bestand zum größten Teil aus Eigenkompositionen, die teilweise auch aus instrumentalen Nummern bestanden und das Publikum zum genaueren Hinhören zwang. Diese gut zweieinhalb Stunden waren also kein Gig, bei dem die Band nur frenetisch abgefeiert wurde, sondern man musste sich schon ein wenig konzentrieren, um die Musik voll verinnerlichen zu können. Nur so war es möglich, die ganze Klasse der Gitarrenarbeit und die tollen Keyboardklänge genießen zu können. Morblus forderte die Zuhörer, die sich darauf auch gerne einließen und die Sounds begeistert in sich aufnahmen.
Logischerweise wurden aber die bekannteren Coverversionen am meisten beklatscht. So war im ersten Teil der Show der "Stormy Monday Blues" der Höhepunkt. Kein Wunder, denn dieser Song bietet ja jede Menge an Improvisationsmöglichkeiten, was die Band auch reichlich ausnutzte und sich in einer hervorragenden Jam-Session meilenweit vom Grundthema entfernte. Es ist immer gut anzuhören, wie dieser unzählige Male gecoverte Titel ein ums andere Mal anders interpretiert wird. Und auch die Fassung von Morblus war eine wahre Ohrenweide.
Ein weiteres Highlight war der Albert King-Klassiker "I'll Play The Blues For You", bei dem Morbioli erstaunlich nahe an die Gitarrenklänge des Originals herankam und fast die gleiche Magie wie die Blueslegende verbreitete.
Etwas unerwartet für uns kam dann der Prince-Song "Purple Rain" zum Einsatz. Doch auch hier bleibt festzustellen, dass die Italiener diesen Ohrwurm perfekt coverten, wobei das Gitarrensolo im zweiten Teil des Titels zu den besten des Abends gehörte. Natürlich wurde der Refrain intensiv mitgesungen, sodass sich Gänsehaut-Feeling einstellte.
Mein persönlicher Höhepunkt war aber der John Lee Hooker-Klassiker "Boom Boom", der zunächst als 'Footstumping Music' begann und sich dann zu einem rasend schnellen und voll abgehenden Boogie entwickelte. Immer wieder lösten sich Gitarre und Keyboard als führendes Instrument ab und machten dieses Stück zu einem richtigen Erlebnis. Wahrscheinlich wäre auch der selige John Lee dabei begeistert mitgegangen und hätte sehr gestaunt, was Morblus aus diesem Titel gemacht hat. Schon auf dem Album On The Way Back ist eine Version dieses Überfliegers zu hören, doch an diesem Abend gab es eine noch heißere und über fünfzehn Minuten lange Fassung auf die Ohren.
An diesem 31. März 2012 erlebte die Bluesgarage eines der hochwertigsten und anspruchsvollsten Konzerte der letzten Zeit.
Line-up:
Roberto Morbioli (guitar, vocals)
Daniele Scala (organ, keyboards)
Stefano Dallaporta (bass, backing vocals)
Diego Pozzan (drums)
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