Neal Morse / Sola Scriptura
>Sola Scriptura Gesamtspielzeit: 75:58
Medium: CD
Label: InsideOut, 2007
Stil: Retro Prog, Prog.-Metal, Hard Rock, Mel.-Rock

Review vom 19.02.2007


Ralf 'Jogi' Ruhenstroth
Wen wundert es, dass schon wieder etwas Neues von Neal Morse vorliegt? Einmal jährlich ist inzwischen Morse-Time. Um das alles umzusetzen, hat er ja einen ganz besonderen Workaholic im Schlepptau. Dieser heißt Mike Portnoy und sitzt am Schlagzeug. Der Mann spielt bekanntermaßen wie am Fließband die Scheiben ein. Während jetzt im Februar das neue Album von Neal Morse mit dem Titel "Solo Scriptura" erscheint, hocken Portnoy und seine Stammformation
Dream Theater zusammmen und werkeln in den Avatar Studios in New York am Nachfolger von "Octavarium". Und damit es nicht langweilig wird, gibt es zusätzlich wunderbare Lehr-DVDs des Großmeisters am Schlagzeug, deren Veröffentlichung auch dazwischen geschoben werden.
Neben der Vergangenheit mit Transatlantic, u.a. mit Mike Portnoy und Roine Stolt von
The Flower Kings, wissen wir alle, dass Neal Morse seit 2003 auf Solo-Wegen ist. "Sola Scriptura" bedeutet 'Allein die Schrift', und da sind wir wieder bei seinen 'Bekehrungsversuchen'. Mich jedenfalls interessiert seine Einstellung zur Kirche genauso wenig, wie die Erinnerung daran, dass Martin Luther im Jahr 1517 seine 95 Thesen an das Portal der Schlosskirche zu Wittenberg genagelt hat. Die persönlichen Schlüsse, die Morse dabei musikalisch verarbeiten möchte, dürften für den geneigten Hörer in der Tat nur nebensächlich sein.
Kommen wir zurück zur Musik. Auf diesem Album spielt neben dem ständig an der Seite klebenden Randy George kein Geringerer als Paul Gilbert die Gitarre, den wir aus der Formation Mr. Big kennen. Bei dem freue ich mich übrigens schon auf die G3-Tour mit Joe Satriani und John Petrucci.
Mit über 75 Minuten wird ausreichend Material geboten, wobei drei der vier Stücke vor Überlänge nur so strotzen. "The Door", mit knapp 30 Minuten, kommt sehr abwechslungsreich rüber. Ungewöhnlich erscheint mir die gebotene Härte. Die Gitarren klingen an vielen Stellen messerscharf und da ist es für den alten Prog-Metaller Portnoy natürlich kein Problem, ordentlich Schub zu liefern. Ohnehin ist das Schlagzeugspiel auf "Sola Scriptura" eine Klasse für sich und obwohl ich gerade auf dem einen oder anderen Dream Theater-Release Mike Portnoy für einen ausgesprochenen Knüppler halte, so finde ich, dass auf dem neuen Morse-Album die Härte gut gewählt ist. Die Gitarrenarbeit von Paul Gilbert ist ebenfalls sehr sehr hörenswert. Auffällig sind neben den progressiven Elementen, die ich natürlich erwartet habe, die vielen Ausflüge in einen schnörkellosen Hard Rock. Das gibt dem gesamten Song eine harte Ausstrahlung, die sich wirklich ganz knapp an der Schwelle zum metallischen befindet. Die Grenzen sind da manchmal fließend. Und man scheut auch nicht, sich in den melodischen und eingängigen Rock der softeren Variante zu begeben. Sehr schön!
Allerdings, und da sei auch bei Neal Morse mal etwas Kritik angebracht, zieht die Band in allen drei Longtracks fast das gleiche Schema durch. Alle genannten Stilelemente finden sich, wenn auch nicht in der gleichen Reihenfolge, in "The Conflict" und "The Conclusion" wieder. Und wenn man sich diese Songs zu Gemüte geführt hat, dann schreckt man bei den Tönen der Ballade "Heaven In My Heart" förmlich auf. Versteht mich nicht falsch, ein geiler melodischer, sich ins Ohr fräsender Song, der auch noch von Streichern begleitet wird, aber dieser Track passt irgendwie nicht zum Rest des Konzeptes.
Im Ergebnis gefällt "Sola Scriptura" besser als ? und erzeugt bei mir nach dem letzten Output "Cover To Cover", welches mal eben zwischendrin erschienen war und mich vom ersten Ton an langweilte, doch wieder positive Stimmung in Sachen Neal Morse. Dass er nicht mehr Mitglied bei Spock's Beard ist, spielt überhaupt keine Rolle. Er zieht seine Sache durch und hat es ja auch drauf. Bleibt nur die Frage, wie viele Alben von Neal Morse dieser Art noch gebraucht werden. Qualitativ ist dieser Silberling astrein aber das ganz große Aha-Erlebnis wird den Progfans sicherlich nicht kommen. Ich bin gespannt, ob sich die Musiker dieser Güte für das nächste Album etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Auch wenn es dann etwas länger dauert. Sonst gibt es Schelte wegen wenig Innovation!
Line-up:
Neal Morse (vocals, guitars, keyboards)
Mike Portnoy (drums, vocals)
Randy George (bass, vocals)
Paul Gilbert (guitars)
Tracklist
01:The Door (29:14)
   a)Introduction
   b)In The Name Of God
   c)All I Ask For
   d)Mercy For Sale
   e)Keep Silent
   f)Upon The Door
02:The Conflict (25:00)
   a)Do You Know My Name?
   b)Party To The Lie
   c)Underground
   d)Two Down, One To Go
   e)The Vineyard
   f)Already Home
03:Heaven In My Heart (5:11)
04:The Conclusion (16:34)
   a)Randy's Jam
   b)Long Nights Journey
   c)Re-Introduction
   d)Come Out Of Her
   e)Clothed With The Sun
   f)In Closing…
Externe Links: