Nicht nur zu meinem großen Bedauern ist es ja schon seit geschlagenen 17 Jahren der Fall, dass weder von Shane MacGowan noch von The Pogues neues Songmaterial erschienen ist. Klar gab es immer wieder mal Gastbeiträge auf Alben anderer Musiker, manchmal mehr und manchmal weniger aufwendige Box-Sets sowie die zugegebenermaßen richtig starke DVD "The Pogues In Paris", die ein Konzert zum 30. Geburtstag der Band beinhaltet. Und nachdem im Oktober letzten Jahres auch noch der Gitarrist und Sänger Philip Chevron in die Ewigen Jagdgründe einging, haben sich die Chancen zweifellos noch mehr verschlechtert.
Ein breites, etwas entrücktes und vorfreudiges Lächeln ins Gesicht des Fans und Liebhabers zaubern dafür dann die sporadisch immer wieder mal erscheinenden DVDs älterer Konzerte sowie über die Band gedrehten Dokumentationen. Die nun von Eagle Vision (bzw. Eagle Rock) wieder ins Spiel gebrachte DVD "Live At Montreux 1995" von Shane MacGowan & The Popes stellt mich nun vor das nicht wirklich kleine Problem, dass unser Norbert eben diese bereits im Jahr 2006 aufs Trefflichste vorgestellt hat. Deshalb von mir nur noch einige Ergänzungen, vielleicht auch mit dem Hintergrund einer vor über zehn Jahren erlebten, verregneten und etwas skurrilen Nacht in Dublin City.
Denn der gute Shane war an diesem Abend des Jahres 1995 in Montreux für die damalige Phase in seinem Leben sehr gut drauf. Zumindest habe ich ihn auf unterschiedlichen Bühnen und über einen Zeitraum von etwa zwanzig Jahren schon in deutlich 'schwierigeren' Zuständen erlebt. An den Mikroständer geklammert (wie es aber ohnehin immer schon seine Art war) und scheinbar gegen die steife Brise des direkt vor ihm aufgebauten Belüfters kämpfend, lieferte er aber ein grundsolides sowie gutes Konzert ab. Genauso wie die Band richtig gut drauf war und jede Menge Spaß hatte. Von den einzigen beiden Musikern (Paul McGuinness und Tom 'The Beast' McManamon), die von Anfang bis zur Auflösung der Popes dabei waren, hat uns der Banjospieler McManamon leider auch bereits vor etwa zehn Jahren für immer verlassen.
Nachdem MacGowan damals erst ein Soloalbum (es sollte auch nur noch ein weiteres folgen) draußen hatte, stammen hier natürlich noch sehr viele Songs aus dem großartigen Fundus der Pogues, allen voran das manische "The Sick Bed Of Cuchulainn", Shanes frühe Vision "Streams Of Whiskey", der Psychobilly-Kracher "If I Should Fall From Grace With God", die bittere Kriegsballade "A Pair Of Brown Eyes", das getriebene "Bottle Of Smoke" oder das sowohl von Heim- als auch vor Fernweh strotzende sowie feucht-fröhliche "Sally MacLennane". Apropos Heimweh: Hat MacGowan jemals einen besseren Song als "The Broad Majestic Shannon" geschrieben? Die Experten diskutieren nach wie vor und jeder einzelne von ihnen hat selbstverständlich eine andere Meinung...
Aus Shanes erstem Alleingang "The Snake" (1994) wurden mit "Donegal Express" und "Nancy Whiskey" leider nur zwei (dafür aber immerhin sehr starke) Nummern vorgestellt. Schade, denn diese Scheibe hatte noch wesentlich mehr an echten Hammersongs zu bieten. Neben solo vergleichsweise seltener gespielten Pogues-Nummern wie "Sayonara" und "The Gentleman Soldier" gibt es dann aber mit "Cracklin' Rosie" ( Neil Diamond) ein sehr geiles und mit "Hippy Hippy Shake" ein zumindest witziges Cover.
Wie es ein Label schafft, selbst bei der x-ten Wiederveröffentlichung zwei falsche Songtitel in der Tracklist aufzuführen, ist mir allerdings schleierhaft. Immerhin wurde die von Norbert damals monierte falsche Spielzeit mittlerweile berichtigt. Nur für diejenigen, die Wert drauf legen und es wissen wollen: Das Instrumental "Bring Down The Lamb" ist in Wirklichkeit "The Battle Of Brisbane" und "Back In The County Hell" (ein Song dieses Namens erschien tatsächlich auf MacGowans zweitem Soloalbum "The Crock Of Gold", 1997) ist natürlich der alte Pogues-Klassiker "The Boys From The County Hell". Das sind zwar Nebenschauplätze, aber soviel Respekt sollte man jedem Musiker schon zukommen lassen.
Die Fans von Shane MacGowan bzw. The Pogues haben "Live In Montreux 1995" natürlich schon längst an einem besonderen Plätzchen in der heimischen Sammlung stehen, allen anderen sei diese Doppelscheibe (auch die CD zum Konzert liegt hier bei) allerdings wärmstens ans Herz gelegt. Zumindest jedem, der ein paar gefühlte Tröpfchen irisches Blut in sich fließen hat. Die Klasse der enthaltenen Songs ist unbestritten, Shane MacGowan in überdurchschnittlich guter Form und diese Wiederveröffentlichung somit eine rundum geglückte Angelegenheit.
Line-up:
Shane MacGowan (lead vocals)
Paul McGuinness (guitar, background vocals)
Tom McManamon (banjo)
Kieran Kiely (accordion, whistle)
Johnny Myers (whistle, fiddle)
Bernie France (bass, background vocals)
Danny Heatley (drums)
| Tracklist |
01:Streams Of Whiskey
02:Donegal Express
03:If I Should Fall From Grace With God
04:Nancy Whiskey
05:The Gentleman Soldier
06:Greenland Whale Fisheries
07:A Pair Of Brown Eyes
08:Bring Down The Lamb
09:Cracklin' Rosie
10:The Body Of An American
11:The Broad Majestic Shannon
12:Dark Streets Of London
13:Hippy Hippy Shake
14:The Sick Bed Of Cuchulainn
15:The Irish Rover
16:The Boys From The County Hell
17:Hippy Hippy Shake
18:Sayonara
19:Bottle Of Smoke
20:Sally MacLennane
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