Gleich drei Veröffentlichungen hatte Wolf Maahn in 2011 – mit seinem eigenen Label Libero die Deluxe Edition seines 2010 veröffentlichten Studio-Albums "Vereinigte Staaten", bei EMI erschien die remasterte Doppel-CD Rosen im Asphalt Live! und das CD+DVD-Pack Direkt ins Blut (Un)plugged als Remastered Extended Edition.
2012 hätte er sich da eigentlich bequem zurücklehnen können, denn Futter genug war ja auf den Markt geworfen worden. Stattdessen versuchte er sich an der Quadratur des Kreises und brachte mit "Lieder vom Rand der Galaxis" ein Live-Solo-Album. Ein Schelm, der Böses dabei denkt... 2012 ist schließlich ein Wolf Maahn-Jubiläumsjahr – vor genau 30 Jahren erschien mit "Deserteure" sein erstes Album.
Solo war Maahn zunächst nur selten zu sehen, zumeist bei kurzen, eher spontanen Auftritten, beispielsweise beim fünften Anti-WAAhnsinn-Festival. (Für alle Spätgeborenen oder Präsenilen – DAS Anti-Atomkraft-Event schlechthin, damals 1986 – 90 Tage nach Tschernobyl).
2005 schließlich lässt er sich breitschlagen und geht erstmals auf Solo-Tour. Und jetzt, sieben Jahre später, erscheint das dazu passende Album. Maahn begründet sein Zögern so:
»Die Solo-Shows rocken, sind sehr intensiv und es macht Spaß! Aber funktioniert das auch auf einer kleinen Stereoanlage in einem Wohnzimmer in Deutschland?«
Mit seinen Bedenken liegt er gar nicht so falsch und fast wäre dieses Review auch ganz anders ausgefallen. Ziemlich flach kam mir die Scheibe bei den ersten Hördurchgängen vor. Ich hab sie nebenbei laufen lassen, relativ leise und SO gespielt plätschert sie so vor sich hin, drückt sich sehr bescheiden in den Hintergrund und kommt fast schon belanglos rüber. Auch wenn Maahn keiner von den Musikern war, die ich rauf und runter, vorwärts und rückwärts kannte, war er in den späten 80ern doch ganz sicher nicht völlig an mir vorbeigegangen. Dennoch war bei diesen ersten leisen Hördurchgängen kein Song dabei, der mich aufmerken ließ oder mir auch nur den Hauch des Wiedererkennens vermittelte. Erst ein beherzter Dreh am Lautstärkeregler änderte das – aaaaaaaaaaahhhhhh! Geht doch!!!
Vielleicht sollte man das CD-Cover mit einem Warnaufkleber nachrüsten: »Leises Hören kann Langeweile verursachen!«
Nachdem nun aber die Randparameter geklärt sind – kommen wir doch endlich zur Hauptsache: der Musik!
Viel Neues gibt es erwartungsgemäß nicht auf der Platte, dafür einen Rückblick auf die letzten 30 Jahre. Überschneidungen mit den Alben des letzten Jahres sind dabei wohl kaum zu vermeiden, solche Hits wie "Rosen im Asphalt", "Der Clown hat den Blues", "Irgendwo in Deutschland" oder "Ich wart' auf dich" sind auf allen dreien vertreten. "Fieber", "Deserteure" oder auch "Kleine Helden" haben den weiten Weg durchs Weltall nicht geschafft und fehlen bei "Lieder vom Rand der Galaxis".
Aber der Rest lässt sich durchaus hören. Nach eigenen Angaben hat Maahn eine Weile gebraucht, um Sound und Spielweise seiner Gitarren zu seiner Zufriedenheit auszufeilen. Da er als Linkshänder die Gitarre einfach umdreht, aber die Saiten nicht umspannt, war es für ihn wohl wirklich nicht ganz einfach, so an seinem Spiel zu arbeiten, dass er selbst damit glücklich war. Dennoch haben ihn die Sologeschichten fasziniert. Wolf Maahn schreibt im Booklet »Mein Gesang hatte auf einmal sehr viel mehr Raum. Schon bald hörte ich mich die Songs anders singen, Feinheiten auskostend, neue Grenzen auslotend, neue Interpretationsmöglichkeiten, die mich die Songs noch einmal neu entdecken ließen.«
Gelohnt haben sich seine Mühen aber allemal, denn – die richtige Lautstärke vorausgesetzt – rockt und groovt die Scheibe ganz gewaltig, von vorn bis hinten. Cool ist schon der Anfang mit "Irgendwo in Deutschland". Zur perkussiven Gitarre gesellt sich ein stampfender Fuß als bass drum-Ersatz. Das jubelnde Publikum als Background-Chor bietet Maahns Gesang den optimalen Rahmen. Bluesig gibt sich "Ich wart' auf dich", während bei "Kathedralen von Zahlen" die Gitarre stellenweise fast ein wenig flamencomäßig eingesetzt wird.
Und – immerhin – es gibt sogar eine neue Nummer: "Nothing But A Heartache". Die ist so eingängig, dass ich erstmal gesucht habe, von wem er die gecovert hat...
Auch der Rest ist durchgehend geglückt, am besten hört Ihr selbst rein!
Es lohnt sich, auf die Entdeckungsreise zu den "Liedern am Rand der Galaxis" aufzubrechen, aber - »Play It Loud!!!«
Line-up:
Wolf Maahn (lead vocals, acoustic guitar, cajon)
Tracklist |
01:Irgendwo in Deutschland
02:Ich wart' auf dich
03:Kathedralen von Zahlen
04:Kind der Sterne
05:Nothing But A Heartache
06:Vereinigte Staaten
07:Durch alle Zeiten
08:Total verliebt in dich
09:Unter einem grossen Himmel
10:Am heutigen Morgen
11:Sterne in meinen Schuh'n
12:Rosen im Asphalt
13:Seltsamer Tag
14:Der Clown hat den Blues
15:Gut, gut, gut
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