Für die einen ist er ein seelenloser Frickler, für die anderen ein technisches Genie: Yngwie Malmsteen. Wenn er spielt und seine pfeilschnellen Riffs mit Überschallgeschwindigkeit in die Menge schießt, klappen so manchen Möchtegern-Gitarristen vor Ehrfurcht die Kinnladen nach unten. Jeder Veranstalter ist gut beraten, sich nicht mit ihm auf den Deal einzulassen, ihn nach Noten zu bezahlen. Da könnte ganz schnell der Insolvenzverwalter vor der Tür stehen.
Aber er ist auch ein gnadenloser Egozentriker, dessen Mitmusiker sich live dezent im Hintergrund zu halten haben. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz, ansonsten könnte es für Ying Yangs 'Kollegen' unangenehme Folgen haben, die so mancher schon zu spüren bekam. Und dass der Sechs-Saiten-Hexer seine Sänger wechselt wie andere Leute ihre Unterhosen, ist ebenfalls ein offenes Geheimnis.
Aber es sind weder verbale noch tätliche Entgleisungen des Gniedelkönigs Gegenstand dieser Schreibe, sondern dessen neues Album - "Perpetual Flame". Für alle Frickelhasser ist diese Nachricht so interessant, wie ein Furz unterm Tannebaum, für seine Fans dagegen eine freudige Botschaft, die die Hoffnung weckt, dass einige seiner letzten, mächtig schwächelnden Vorgängerwerke ("War To End All Wars" - nur grausam; oder auch "Unleash The Fury" - hat mich überhaupt nicht vom Hocker gehauen…) damit endlich getoppt werden.
Dieses Machwerk nun erscheint auf Yngwies eigenem Label Rising Force, produziert vom Meister höchstpersönlich und gemischt von niemand Geringerem als Tausendsassa und Knöpfchendreher Roy Z, der u.a. für solch metallische Größen wie Judas Priest oder Bruce Dickinson bereits an den Reglern saß. Beste Voraussetzungen also für eine tolles Klangerlebnis.
Wer vielleicht meint, die Vocals hören sich an wie… ja klar, da war doch mal was mit Priest - richtig: Tim 'Ripper' Owens (Ex- Judas Priest , Ex-Frontman von Iced Earth) schwingt seine Stimmbänder.
Weiterhin dürfen Derek Sherinian am Keyboard und Patrick Johannson an den Drums den Guitar-Hero als schmückendes Beiwerk unterstützen. Denn mal abgesehen davon, dass er sämtliche Gitarrenparts (Lead-, Rhytm-, 12String-, Acoustic- sowie Synthesizer-Guitar) selbst einspielte, zupft er noch so ganz nebenbei die dicken Saiten, steuert einige Keyboardsounds bei und übernahm sogar die Vocals bei dem über siebenminütigen "Magic City" - und macht dabei noch nicht mal eine schlechte Figur. Nein, ich unterstelle ihm diesmal keine Unzufriedenheit mit den Gesangsleistungen seines Angestellten - wirklich nicht...☺.
Obwohl ich meine wohl nicht ganz unbegründeten Zweifel habe, dass es ein 'Ripper' mächtig schwer hat, gegen solche Goldkehlchen wie Joe Lynn Turner, Göran Edman, Doug White oder Jeff Scott Soto anzustinken.
Das Gitarrenintro sowie die Zwischensoli von "Magic City" - ich bilde mir ein, diese auch schon mal irgendwie auf diversen Malmsteen-Platten gehört zu haben - und doch ist dieses Stück für mich ein Highlight auf der Platte.
Der gute Yngwie ist viel zu selbstbewusst und eigenwillig, als dass er den neuesten Trends hinterherhechelt, er verfolgt einzig und allein seine eigenen Ziele. Und genau das spiegelt sich - sowohl musikalisch als auch im Hinblick auf die üblichen, klischeehaften Texte - auf "Perpetual Flame" recht eindrucksvoll wieder.
Allein schon mit dem Nackenbrecher "Death Dealer" lehrt er so mancher Power Metal-Band das Fürchten. Im Hochgeschwindigkeits-Galopp brettert der Gitarren-Derwisch über die Saiten bis sie glühen und gibt dem Gaul mächtig die Sporen.
"Four Horsemen (Of The Apocalypse)" - die Fäuste recken sich fast automatisch in die Luft und man kann gar nicht anders als mitzugrölen. Das Stück hat fast hymnenhaften Charakter und nicht nur die Füße wippen im Takte mit.
"Be Careful What You Wish For"? Ein typischer Malmsteen-Song, den wir von unzähligen seiner Platten kennen: fulminante, kochende Gitarrensoli bis zum Abwinken, eingängige Melodien, geile Doublebass-Atacken satt - Fan-Herz was willst du mehr?
Der Stampfer "Live To Fight" gehört für mich, neben der Midtempo-Nummer "Priest Of The Unholy" sowie dem schnelleren, in Richtung AOR driftenden "Red Devil" zu den nächsten Highlights auf der Scheibe, der man im Großen und Ganzen doch bescheinigen kann, dass sie sich um Längen von den letzen Outputs abhebt. Lediglich des 'Rippers' Stimmchen kann mich einfach nicht überzeugen, dazu finde ich diese auch viel zu dünn abgemischt.
"Eleventh Hour" überrascht mit fast schon orientalischen Elementen, die Nummer hat das gewisse Etwas, das mich noch mal die Repeat-Taste drücken lässt. Und schon wieder ein Hammerstück!
Natürlich gibt es auch noch diverse Instrumentalstücke ("Lament", "Caprici Di Diablo" sowie "Heavy Heart" - das mir ebenfalls mächtig bekannt vorkommt), hier kann sich uns' Ying Yang frei entfalten und gniedelt sich dementsprechend auch die Seele aus dem Leib - nun, was solls - genau dafür lieben wir ihn doch, oder?
Mit dieser Scheibe hat sich der Griffbrett-Quäler - gegenüber den vorangegangenen Veröffentlichungen - endlich selbst übertroffen. Keine schlimmen Füller wie damals, jeder Song ist einfach nur hörenswert. Dennoch habe ich eine Bitte: Tu mir den Gefallen und such Dir um Himmelswillen einen anderen Mikrofon-Quäler! - Oder sing selber!
Ach ja, und dass sowohl Lyrics als auch die Kompositionen aus seiner Feder stammen, muss ich das wirklich extra erwähnen?
Ich bin mal gespannt, wer auf seinem nächsten Geschoss die Drumstöcke schwingt... und dann zeigt uns der Tausensassa, wo tatsächlich der Drumhammer hängt!!!
Noch eine letzte Anmerkung zur Coverabbildung: Ich hab den Eindruck, das Foto darauf ist mindestens 20 Jahre alt, denn irgendwie hab ich den guten Yngwie etwas anders in Erinnerung - schaut mal, das war 2001.
Tracklist |
01:Death Dealer
02:Damnation Game
03:Live To Fight (Another Day)
04:Red Devil
05:Four Horsemen (Of The Apocalypse)
06:Priest Of The Unholy
07:Be Careful What You Wish For
08:Caprici Di Diablo
09:Lament
10:Magic City
11:Eleventh Hour
12:Heavy Heart
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