Nächstes Lebenszeichen der legendären englischen Psychedelic und Progressive Rockband Nektar, die sich seit ihrer Reunion im Jahr 2000 als sehr aktiv erwies. Allerdings drehte sich dabei das Personalkarussell ganz heftig. Wurde The Prodigal Son, das erste Studioalbum nach über zwanzig Jahren von den Ur-Mitgliedern Roye Albrighton (guitar, vocals) und Allen "Taff" Freeman (keyboards, vocals) zusammen mit dem Schlagzeuger Ray Hardwick 2001 in den Londoner Rich Bitch Studios eingespielt, so waren ein Jahr später bei der ersten großen Reunion Tour auch Derek "Mo" Moore (bass, vocals) und Ron Howden (drums) wieder mit dabei, so dass Nektar nun wieder im Original Line Up auf der Bühne stand und so auch auf der CD/DVD "Greatest Hits Live" zu sehen und hören sind. Es folgte im Jahr 2004 mit "Evolution" die nächste Studio Produktion. Bei den Aufnahmesessions in den 'Chapel Studios', Lincolnshire, war 'Mo' Moore schon nicht mehr mit dabei. Gesundheitliche Probleme zwangen ihn zum Ausstieg. Seinen Part am Tieftöner übernahm Randy Dembo, der sich nahtlos ins Bandgefüge einpasste. Außerdem wurde mit Door To The Future ein Livealbum mit Mitschnitten aus den siebziger Jahren herausgebracht, das Nektar auf dem Höhepunkt ihrer Karriere zeigt.
Während dieser Zeit war die Band fast pausenlos auf Tour und kam so logischerweise auch wieder nach Deutschland, wo sie schon immer eine große Fangemeinde hatten und auch einige Zeit lebten. So wurde, fast zwangsläufig, der WDR 'Rockpalast' wieder auf Nektar aufmerksam und schnitt am 13. März das Konzert in der Bonner 'Harmonie' mit. Teile davon wurden inzwischen im TV ausgestrahlt, und jetzt liegt der komplette Gig auf DVD vor. An den Keyboards stellte sich mit Tom Hughes ein neues Bandmitglied vor, der ein paar Monate zuvor den tourmüden 'Taff' Freeman ersetzt hatte.
Bei der Songauswahl nehmen Titel der ersten vier Alben "Journey To The Center Of The Eye", "A Tap On The Ocean", "Remember The Future" und dem Doppelalbum "Sounds Like This" einen großen Teil des Konzertes ein. Eine weise Entscheidung, sind diese Scheiben das wohl Stärkste, was Nektar jemals auf Platte gepresst haben. Das Konzeptalbum "Remember The Future" wurde hier sogar komplett und durchgehend im Verhältnis 1 zu 1 zur Studio Version dargeboten, was live durchaus nicht immer der Fall war. Dadurch gelang es der Band fast mühelos, das Publikum durch die verschiedenen Teile des Werkes zu führen und es so zum konzentrierten Zuhören zu bringen. Selbst nach über dreißig Jahren hat das Stück mit seinen laufenden Wechseln in Tempo und Lautstärke nichts von seiner Faszination verloren, die es schon damals auf mich ausübte. Schlichtweg gesagt: "Der Knaller des Konzertes!"
Aber natürlich nicht der Einzige. Gleich am Anfang gibt es fünfzehn Minuten "A Tap In The Ocean" auf die Ohren, gleich gefolgt von "Desolation Valley", das schon immer zu den Highlights der Nektar Konzerte gehörte. "King Of Twilight", "Show Me The Way", "A Day In A Life Of A Preacher", alles was der Fan erwartet, ist hier vertreten und kommt kraftvoll rüber. Zusätzlich sind mit "Cast Your Fate" und "Good Day" zwei Songs dabei, die nicht ganz so oft live gebracht wurden.
Auch spätere Kompositionen wie "What's Life" von der LP "Down To Earth" und "The Debate" aus dem aktuellen Longplayer "Evolution", die ich als gar nicht so stark in Erinnerung hatte, fügen sich in diesen Live-Versionen musikalisch nahtlos ein.
Von der ersten bis zur letzten Minute brodelt es im Saal. Roye Albrighton zieht alle Register seines Könnens. Mal hart und schnell, dann wieder leise und zart, interpretiert er die ganze Bandbreite der Musik von Nektar, immer unterstützt von Tom Hughes, der seine Hammond mit fliegenden Fingern malträtiert. Dazu sorgen Randy Dembo und ein stoisch ruhig spielender Ron Howden für den nötigen Druck.
Das Publikum in der anscheinend gut gefüllten 'Harmonie' scheint jedenfalls voll auf seine Kosten gekommen zu sein. Diese Stimmung ist deutlich zu spüren. Da ich die Möglichkeit hatte, die DVD per Beamer auf Leinwand zu sehen, war ich auch von der Kameraführung begeistert. Immer wieder wird das Treiben der Musiker auf der Bühne durch hervorragende Nahaufnahmen festgehalten. So viele Feinheiten sind sonst nicht oft zu beobachten.
Fazit dieses Mitschnittes: Neben der Länge von ca. 2,5 Stunden wurde hier nachträglich nichts verändert. Absolutely Live! Keine Overdubs schmälern das Erlebnis. Da wirken ein paar Verspieler oder gelegentliche Schwankungen bei den Vocals nur menschlich und völlig normal. Das ist ein 'w i r k l i c h e r' Konzertmitschnitt, wie er meiner Meinung nach sein sollte.
Einen Tag später gab es als zusätzlichen Bonus ein ca. 22 Minuten langes Akustik Set. Nektar unplugged, wie ich sie noch nie gehört habe. Neben "Always" wurde noch "Telephone" vom Album "Man At The Moon" sowie die beiden "Sound Like This" Songs "Do You Believe In Magic" und "Good Day" angestimmt. Letzteres als besonderer Gag mit deutschem Text. Ein ausführliches Interview, in dem sich Roy Albrighton und Ron Howden unter anderem zur Bandgeschichte äußern, sowie eine Slideshow, eine filmische Biografie und die Diskografie von Nektar ergänzen diese über 200 Minuten lange Doppel DVD, die wirklich keine Wünsche offen lässt.
Technik: Dolby Digital 5.1 Surround,
Dolby Digital 2.0 Stereo,
Videoscreen 16 : 9,
PAL Farbsystem
Spielzeit: 200 Minuten, Medium: DVD, SPV, 2005
DVD1: The Cocert:1:A Tab In The Ocean 2:Dream Nebula/Desolation Valley/Waves 3:Remember The Future Part 1 4:Remember The Future Part 2 5:Cast Your Fate 6:The Debate 7:Cryin' In The Dark/King Of Twilight 8:That's Life 9: Show Me The way 10:A Day In The Life Of A Preacher/Squeeze 11:Recycled 12:Good day 13: Fidgety Queen
DVD2: Acoustic Set: 1:Do You Believe In Magic 2:Telephone 3:Always 4:Good Day,
Interview, Slideshow, Biography Section, Discography Section
Jürgen Bauerochse, 09.10.2005
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