Das Thema, dass es seit einiger Zeit drei verschiedene Fraktionen gibt, die alle (mit oder ohne Namenszusatz) unter dem Banner Jane unterwegs sind, haben wir ja bereits zur Genüge durchgekaut. Auch bekannt dürfte mittlerweile sein, dass sich Werner Nadolny zum Ziel gesetzt hat, den ursprünglichen Sound der Band sowohl am authentischsten am Leben zu erhalten, als ihn auch zeitgemäß klingen zu lassen. Im letzten RockTimes-Interview hatte er bereits von gleich zwei zu veröffentlichenden Alben gesprochen und nun liegt mir das erste, "The Journey" auch vor.
Und während ich das CD-Cover so betrachte, fällt mir plötzlich wie Schuppen von den Augen, dass wir es hier tatsächlich mit der ersten "Best Of" von dieser Truppe überhaupt zu tun haben. Ca. 1978 sollte mal eine mit dem Namen "Waiting For The Sunshine" auf den Markt kommen, die dann aber (wenn ich korrekt informiert bin) zugunsten des nächsten Studio-Albums "Age Of Madness" doch nie veröffentlicht wurde. Ungewöhnlich für einen der Top-Seller des Deutschlands der siebziger Jahre. Wobei es sich bei "The Journey" aber auch nicht um eine lupenreine "Best Of" handelt, denn die enthaltenen neun, bzw. zehn Tracks wurden allesamt noch einmal neu, von der gegenwärtigen Besetzung von Jane feat. Werner Nadolny aufgenommen.
Nun war ich - ein hoffnungsloser Fanatiker bezüglich der Alben vor allem aus den Siebzigern - im Vorfeld ehrlich gesagt etwas skeptisch, ob dieses Projekt tatsächlich gelingen könnte. Schließlich waren auf den Originalen mit Musikern wie Klaus Hess, Peter Panka oder auch Bernd Pulst Leute am Start, die allesamt auf ihre Art und Weise einzigartig waren bzw. kaum zu kopieren sind. Aber Werner Nadolny ist ein weiser Mann und machte bereits im Vorfeld klar, dass dieses ganz eigene Feeling der alten Aufnahmen schlicht und ergreifend nicht mehr reproduzierbar ist und er dem Ganzen vielmehr ein zeitgemäßeres Gewand verpassen wollte, ohne dabei die Vergangenheit zu verleugnen.
Machen wir uns also mal von der Vergangenheit frei und gehen ganz unbedarft und ohne Erwartungen an die Sache heran. Wenn man das kann, dann hat man es hier mit einem absoluten Hammer-Album zu tun. Die Songs an sich bedürfen eh keiner Hinterfragung mehr und mit den zehn vorhandenen Tracks bekommt man zehn Klassiker geboten, mit denen die Band sowieso nichts falsch machen konnte. Der Sound wurde wirklich astrein, voll und warm von Anca Graterol und Ossy Pfeiffer in den Frida Park Studios in Hannover in Szene gesetzt. Auch hier kann man eigentlich nur die Höchstnote verteilen.
Und wie sieht's mit der Umsetzung aus? Vor allem als Arrangeur hat Nadolny ganz hervorragende Arbeit geleistet, wie man alleine schon an der Verschmelzung der drei Titel "Windows", "Spain" und "Love Your Life" erkennen kann und anerkennen muss. Aber ganz ehrlich, das markante Gitarrensolo von "Hangman", das nun einem Keyboard-Part gewichen ist, bevor Dete Klamann dann doch noch die Saiten krachen lässt, fehlt mir doch schon. Auch der Sprechteil von Torsten Ilg bei "Love Your Life" kommt mir viel zu lange und irgendwie gewollt dramatisch vor. Sowohl der Gitarrist Dete Klamann wie auch alle anderen Musiker liefern im Prinzip einen super Job ab und klingen auch sehr eigenständig.
Eine der schwierigsten Aufgaben hatte sicherlich der Vokalist Torsten Ilg, der vom Feeling her teilweise immerhin eine Distanz von 40 Jahren überbrücken musste. Das ist ihm meiner Meinung zwar nicht immer, aber dennoch sehr oft und dazu sehr gut gelungen. Speziell bei Nummern wie "So So Long", "Lady", "All My Friends" oder "Back Again" kommt der Gesang richtig klasse und überzeugend. Nicht ganz so mein Fall sind die Vocals bei den "Together"-Nummern und auch bei "Way To Paradise", wobei ich gerade schon ganz kräftig vom Objektiven ins Subjektive abdrifte. Und eigentlich kann ich Ilg auch gar keinen Vorwurf machen, denn im Vergleich zu Bernd Pulst könnte es mir wahrscheinlich sowieso kein anderer Sänger dieser Welt bei den Stücken des Jane-Debüts recht machen.
Rein objektiv gesehen ist "The Journey" absolut gelungen und dürfte eine Bereicherung für jeden (Kraut-) Rock-Fan sein. Sehr geile Songs (von denen einzig "Back Again" ein kleiner Etiketten-Schwindel ist, da es erst viel später als 1980 entstand - Schwamm drüber), ein druckvoller, warmer Sound werden geboten und sehr gute Musiker sind hier am Werk. Subjektiv gesehen kann ich mir zumindest bei einzelnen Songs kontroverse Diskussionen der Fans (speziell der verschiedenen Lager) durchaus vorstellen. Wobei niemand ernsthaft drum herum kommen dürfte, dass sich die Scheibe auf einem sehr hohen Qualitäts-Level befindet und es sich bei Kritikpunkten lediglich um persönliche Geschmacksfragen handeln kann. Und dass sich diese Chose rein soundtechnisch gar nicht mehr wie vor 35 Jahren anhören kann, dürfte auch klar sein.
Neben der eigentlichen Tracklist gibt es noch ein sogenanntes 'Easter Egg', ein versteckter Song, bei dem es sich - soviel darf ich verraten - um "So So Long" handelt. Man muss nur ein bisschen mit seiner Anlage rumspielen, dann findet man ihn. Die erste Auflage von 500 Stück kommt übrigens mit einer zusätzlichen, ca. 80-minütigen DVD, auf der sehr interessant und unterhaltsam das Entstehen des Albums und auch die Vergangenheit von Jane behandelt wird. Alte Filmausschnitte gibt es zwar nicht zu sehen, aber dafür plaudern die Musiker hier ein bisschen aus dem Nähkästchen. Also beeilen, wenn man sich diesen Bonus nicht entgehen lassen möchte, denn nach Auskunft der Band wird es diese DVD danach definitiv nicht mehr geben.
Erhältlich ist "The Journey - Best Of Jane '70 - '80" im gut sortierten Fachhandel und über die Webseite der Band (siehe unten).
Line-up:
Werner Nadolny (keyboards, background vocals)
Torsten Ilg (lead vocals)
Dete Klamann (guitars, background vocals)
Rolf Vatteroth (bass, vocals)
Doctor Bogarth (piano, keyboards)
Sven Petersen (drums)
Tracklist |
01:All My Friends
02:Lady
03:Daytime
04:Fire, Water, Earth & Air
05:Way To Paradise
06:Out In The Rain
07:Windows/Spain/Love Your Life
08:Back Again
09:Hangman
Easter Egg: So So Long
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Externe Links:
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