Ana Popovic / Unconditional
Unconditional Spielzeit: 50:58
Medium: CD
Label: Eclecto Groove Records, 2011
Stil: Blues Rock

Review vom 19.08.2011


Jürgen Hauß
Sex sells! Mit diesem Schlagwort 'muss' eine Besprechung der vorliegenden Scheibe angesichts des provokanten Covers einfach anfangen. War es vor nicht allzu langer Zeit noch eine unbekannte Schönheit, die mit nichts als einer Gitarre bekleidet das Cover der CD Raised On Rock von der Blindside Blues Band zierte, gewährt uns hier die Protagonistin höchstselbst einen nur durch ihre Gitarre teilweise verdeckten Blick auf ihren nackten Körper.
Und dabei muss Ana Popovic gar nicht zu derart marktschreierischen Mitteln greifen, um Interesse für ihre neueste Veröffentlichung zu wecken. Ihr Name allein dürfte ausreichend sein, die Anhänger des gepflegten Blues Rock für die Scheibe zu gewinnen. Dennoch sprang mir die CD natürlich sofort ins Auge, als ich sie im Plattenladen meines Vertrauens, Mr. Music in Bonn, vielzählig von der Regalwand prangen sah (zumal die einschlägigen Versender im Internet die Veröffentlichung - nach wie vor - erst für den 19. August 2011 ankündigen; und selbst auf Anas Homepage ist ein späterer Termin genannt), so dass ich natürlich sofort zugriff.
Das Cover ziert ein Booklet, welches ausgefaltet eine collagenmäßige Grafik rund um die Protagonistin sowie sämtliche Songtexte enthält. Bei erster Lektüre fällt sofort auf, dass Ana gegenüber dem Vorgängeralbum Blind For Love ihre gesamte Begleitband ausgetauscht hat. So fehlt (mir) insbesondere der charismatische Bassist Ronald Jonker, der sich gerade bei Live-Auftritten sich stets ein großartiges Wechselspiel mit Ana Popovic geliefert hat. Vorliegend taucht er lediglich als Mit-Arrangeur bei "Reset Rewind" auf. Dafür ist der Tastenmann Jon Cleary wieder mit dabei, der Ana bereits auf Still Making History begleitet hat. Jetzt lege ich aber endgültig das Booklet zur Seite, um mich ganz der Musik zu widmen.
Los geht's wie vielfach bei Anas Konzerten mit dem etwas ruhigeren Stück "Fearless" auf der Akustik-(Blech?)-Gitarre, jedenfalls, wie von ihr bevorzugt, geslidet. Flotter geht es nach dem Wechsel zur Elektrischen weiter; die Bluesharp von Jason Ricchi gibt dem Song zudem einen raueren Klang. Und erstmals kommt hier das Wah Wah-Pedal eindrucksvoll zum Einsatz.
Den Titelsong der CD "Unconditional" kann man hingegen schon wieder als Ballade bezeichnen. Das Rückgrat bilden eine klar wahrnehmbare Piano-Begleitung sowie sanfte Schlagzeug-Klänge - fast schon Barmusik. Doch die Solo-Gitarre weist wieder in Richtung Blues-Kneipe. Klassischer 'Schweineorgel-Sound' leitet "Reset Rewind" ein und prägt in der Folgezeit das Klangbild. Der Song erinnert anfangs stark an "The Weight" von Smith aus dem Soundtrack zu "Easy Rider".
Anspieltipp auf der CD ist für mich eindeutig die rein instrumentale "Slideshow", die Ana Popovic zusammen mit Sonny Landreth mit dem gemeinsam komponierten gleichnamigen Track abzieht. Teilweise parallel, teilweise duellartig spielen beide sich die Töne nur so um die Ohren - klasse! Ana bedankt sich in den Credits bei ihrem »Slide-Idol seit frühester Jugend« für dessen »Voodoo-Gitarre«; damit ist stilistisch alles beschrieben!
Mit "Business As Usual" nimmt Ana das Tempo wieder heraus. Der Song scheint zweigeteilt zu sein: Nach der Hälfte der Spielzeit ist der abgedruckte Text komplett abgesungen, und eine jaulende Solo-Gitarre übernimmt das weitere Erzählen, so dass man sich eigene Gedanken zum Titelthema machen kann. Doch zum Ende hin wird der Gesangspart einfach wiederholt und bringt das Stück zu Ende.
Funkige Töne prägen "Your Love Ain't Real"; Klänge, die man von Ana bereits von früheren Alben her kennt, doch sie kehrt spätestens bei den Solo-Einlagen immer wieder zum Blues zurück.
Mit "Work Song" wird der zweite Teil der CD eingeläutet, in dem Ana ausschließlich auf Fremdkompositionen zurückgreift (lediglich bei "Summer Rain" hat sie kompositorisch immerhin noch mitgearbeitet). Dem Nat 'Cannonball' Adderley-Klassiker fehlen hier allerdings die typischen Bläser; vielmehr ist auch hier wieder die 'Schweineorgel' neben der Solo-Gitarre das prägende Instrument.
"Summer Rain" könnte nicht aktueller sein bei der momentanen Wetterlage, aber so 'sweet', wie Ana ihn besingt, kann ich ihn momentan angesichts des vorherrschenden Dauerregens nicht mehr finden. Dafür plätschert der Song recht nett daher. Und anschließend nochmals "Voodoo" über die so benannte "Woman". Dem Thema wird Ana durch den starken Einsatz des Wah Wah-Pedals musikalisch sehr gerecht. Und ein gewisser Zauber, der von der Protagonistin ausgeht, ist einfach nicht wegzudiskutieren.
Der Titel "One Room Country Shack" sticht mir sofort ins Auge, habe ich doch eine tolle Version dieses Songs von Blood, Sweat & Tears in meinem Bestand. Dieses Songs? Ähnlichkeiten sind kaum vernehmbar, ist doch die B,S&T-Interpretation insbesondere von starkem Bläsereinsatz (und der markanten Stimme von David Clayton-Thomas) geprägt. Auch der Text ist nur phasenweise übereinstimmend. Und schließlich werden mit Mercy Walton hier bzw. John Lee Hooker dort auch unterschiedliche Komponisten genannt. Ana lehnt sich mit ihrer Interpretation jedenfalls stark an die auf Mercy Walton basierende Version von Buddy Guy an (selbstverständlich mit geschlechtsspezifischen Textanpassungen) und bringt den Song als sehr ruhige Ballade daher - Gänsehaut!
Den Schlusspunkt setzt Ana mit "Soulful Dress", einem ebenfalls uralten Bluesstück (u.a. 1984 durch Marcia Ball gesungen). Ana Popovic interpretiert diesen Bläser-unterlegten Track mit kraftvoller, halt 'bluesiger' Stimme im Wechsel mit transparenter Solo-Gitarre, da wippt man unweigerlich mit. Schade nur, dass der Song sehr frühzeitig und relativ 'hart' ausgeblendet wird; Platz für mehr wäre angesichts der Gesamtspielzeit der CD von gerade einmal gut fünfzig Minuten ausreichend vorhanden gewesen.
Mag es auch vereinzelt Schreiber auf RockTimes geben, die einem Auftritt von Ana Popovic nichts abgewinnen können - ich gehöre eindeutig nicht dazu! Und der vorliegende Auftritt ist eine 'runde Sache'. Ich möchte mein Review daher beschließen mit einem Satz, den 'Joe' Brookes als Einleitungssatz für sein Review über "Blind For Love" gewählt hat: »Eine Ana Popovic konnte immer schon über ihre Gefühle singen und entsprechend den Blues dazu spielen«. Dem ist nichts hinzuzufügen!
Line-up:
Ana Popovic (vocals, electric, acoustic and slide guitar)
Sonny Landreth (2nd slide guitar - #5)
Jason Ricci (harmonica - #2)
Jon Cleary (keys except - #8,10)
David Torkanowski (keys - #8,10)
Calvin Turner (bass)
Doug Belote (drums)
Leon Kid 'Chocolate' Brown (trumpet)
Tom Fitzpatrick (sax)
Avist Martin Mycartery 'Scooter' Groce, Jerome Alexander (background vocals)
Tracklist
01:Fearless Blues (3:16)
02:Count Me In (4:54)
03:Unconditional (3:52)
04:Reset Rewind (3:38)
05:Slideshow (5:22)
06:Business Asw Usual (3:22)
07:Your're Love Ain't Real (4:15)
08:Work Song (4:01)
09:Summer Rain (4:36)
10:Voodoo Woman (4:11)
11:One Room Country Shack (6:33)
12:Soulful Dress (2:53)
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