Ana Popovic (& Ronnie Baker Brooks)
Gevarenwinkel Festival, Herselt (Belgien)
25. August 2012
Stil: Blues

Videoclip-Review vom 11.10.2012


Jürgen Hauß
Lange habe ich nichts Neues mehr von Ana Popovic gehört. Lange? Nun gut, ihre letzte CD Unconditional ist gerade erst vor einem Jahr erschienen, doch in der immer schnelllebigeren Zeit ist das heutzutage schon eine Ewigkeit her. Da fängt man an zu grübeln bzw. zu googlen.
Auf diese Weise erfahre ich zunächst, dass Ana Popovic kürzlich zum zweiten Male Mutter geworden ist; das erklärt bereits ausreichend eine gewisse Zurückhaltung hinsichtlich öffentlicher Präsenz. Gleichzeitig lese ich aber, dass sie - ungeachtet ihrer Schwangerschaft - bereits im April diesen Jahres in Memphis im Plattenstudio gewesen sein soll, um eine neue CD aufzunehmen; und auch für diesen Oktober sind acht Tage für »Recording Sessions in Memphis« eingeplant. Das lässt ja hoffen!
Doch für den Moment reicht mir das nicht, so dass ich mich weiter umschaue. Dabei entdecke ich, dass Ana Ende August dieses Jahres auf dem Gevarenwinkel Festival im belgischen Herselt aufgetreten ist. Videos von diesem Auftritt gibt es zahlreiche im Netz. Doch eine Aufnahme fesselt mich ganz besonders.
Nach Ana Popovic kam noch Ronnie Baker Brooks auf die Bühne, ein amerikanischer Gitarrist (und Musikproduzent), der mit seiner gleichnamigen Band dem Chicago Blues frönt, der jedoch auf RockTimes bislang leider nur beiläufig Erwähnung gefunden hat. Doch er und Ana Popovic kennen sich schon seit vielen Jahren und haben bereits zusammen gespielt. Und von daher verwundert es nicht, dass Brooks die Popovic zum gemeinsamen Jammen auf die Bühne bittet.
Gespielt wird "Stuck On Stupid", ein Song, den Ronnie Baker Brooks gerne live und auch sehr ausgiebig geradezu zelebriert. Nach anfänglichen Präluminarien schmeißen sich die beiden Protagonisten in der über zehnminütigen Darbietung wechsel'saitig' die Soli nur so um die Ohren, dass es eine wahre Freude ist. Während Ronnys Gesangspartien bildet Ana mit ihrer Stratocaster quasi die duettierende Gegenstimme. Bei einem gemeinsamen Schrammeln (ab etwa 10:00) kommen sich die beiden bereits ein wenig körperlich näher. Ein abruptes, völlig synchrones Break aller beteiligten Musiker zeigt allerdings, dass die Nummer nicht völlig spontan dargeboten wird.
Doch der eigentliche Höhepunkt kommt - wie so oft - zum Schluss. Dabei scheint dieser jedenfalls vorliegend nicht eingeplant zu sein, sondern entsteht aus einer technischen Panne heraus. Denn plötzlich gibt Anas Gitarre keinen Ton mehr von sich, sie stakst etwas unbeholfen über die Bühne, und auch kurzfristige Versuche, das Missgeschick zu beheben, zeigen keinen Erfolg. Brooks spielt unbeirrt weiter und nimmt schließlich Ana Popovic freundschaftlich in den Arm, doch nicht, um sie zu trösten. Vielmehr schmiegt sich der wuchtige Brooks mit seinem Körper ganz an seine Kollegin, und diese erkennt sofort das Angebot: Von diesem Moment spielen die beiden zusammen auf einer Gitarre! Während Brooks das Griffbrett bearbeitet, schrammelt die Popovic nur so über die Saiten, dass man nicht glauben kann, dass hier die Steuerungsbefehle für die beiden Hände aus zwei unterschiedlichen Körpern kommen, so perfekt passen die Griffe und Einsätze zueinander.
Brooks zieht dabei mit dem Gesicht derartige Grimassen und gerät körperlich geradezu in Ekstase, dass man unweigerlich glaubt, Ana würde etwas anderes bearbeiten als seine Stratocaster (honi soit qui mal y pense!). Schließlich kommt es zur Trennung, wobei insbesondere Brooks geradezu glückselig lächelt; aber auch Ana scheint ihren Spaß gehabt zu haben.
Währenddessen sind im Hintergrund die Reparaturbemühungen weiter gegangen, und auf wundersame Weise können die beiden die für einen Bluessong typischen Schlusssequenzen des Songs wieder in angestammter Position und auf den eigenen Gerätschaften spielen; geradezu entspannt wird das Finale bestritten, wobei Ana schaut, als ob sie immer noch nicht begriffen hätte, was da gerade so abging.
Herrlich, dass man auch als Nicht-Besucher dieses Konzerts dank Youtube die Möglichkeit hat, an solch besonderen Ereignissen im Nachhinein noch partizipieren zu können. Jetzt heißt es wieder warten, bis endlich die neue CD von Ana Popovic erscheint.
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