Axel Rudi Pell & Mad Max / 25.04.2012, Garage, Saarbrücken
Garage
Axel Rudi Pell & Mad Max
Garage Saarbrücken
25. April 2012
Konzertbericht
Stil: Hard Rock


Review vom 03.05.2012


Boris Theobald
Mad Max Nein, ganz so schlimm wie befürchtet hatte es sich nicht ausgewirkt... In Saarbrücken spielten Mad Max und Axel Rudi Pell - und in Madrid die Bayern im Halbfinal-Rückspiel der Champions League. Der Besucherandrang beim melodischen Doppelpack war - gefühlt - durchaus okay und noch im Normalbereich. 45 Minuten lang lieferten Mad Max ein erfrischend unmodernes Warm-up und spielten neun Songs aus vier Jahrzehnten. Soundtechnisch war gleich alles im grünen Bereich - so kompliziert ist der Klang der Band ja auch nicht - und so konnte die Gruppe um Front-Blondino Michael Voss gute Laune im Retro-Flair verbreiten. Zumindest ein kleiner, aber harter Kern ging vor der Bühne ordentlich mit.
Mad Max Diese Voss-Stimme, die man auch von vielen, vielen Melodic Rock-Projekten kennt, kommt auch live mit optimistischer Energie rüber. Er klingt wie ein ewig Jugendlicher, und sieht auch ein bisschen so aus. Pulsierende Mid-Tempo-Heavy-Hymnen wie "Welcome To Rock Bottom" oder "Metal Edge" zündeten ebenso wie die Helloween'eske Temponummer "Wait For The Night" oder das episch angehauchte "Lonely Is The Hunter". Der Klassiker "Night Of Passion" lieferte nochmal eher den typischen 'gut aufgelegten' Pose Rock. Mein Favorit war aber "Fallen From Mad Max Grace" mit einem richtig schön hypnotischen Chorus. Eher enttäuschend war leider der neue Song zum Schluss, "Fever Of Love" - kitschig und langweilig. Vielleicht aber vor allem falsch platziert.
Um die Atmosphären in den Refrains ordentlich zu pushen, arbeiteten Michael Voss und vor allem Basser Roland Bergmann, der die zahlreichen Background Vocals beisteuerte und auch schon mal Teile des Lead Gesangs übernahm, mit einem auffallenden Effekt. Bergmann sang, und aus den Boxen kam die Wucht eines ganzen Chors. Schon imposant - zumal er ein richtig guter Backings-Sänger ist - aber mit der Zeit nervte das künstliche akustische Aufplustern. Sei's drum - der Auftritt war insgesamt eine absolut gute 80er-Show samt Doppelsoli von Voss mit dem Gitarrenkollegen Jürgen Breforth und sympathischem Umgang mit den Fans.
Mad Max     Mad Max     Mad Max
Nun war es Zeit, die im Hintergrund 'wartende' Bühnendeko mit Burgenwand zu enthüllen. Die Augen der Totenköpfe begannen zu glühen, das Intro wummerte bombastisch aus den Boxen und ARP betraten die Bühne. Der FünferARP legte erwartungsgemäß energisch los und startete innerhalb von einer Sekunde von Null auf Hundert. Die Nummer eins vom
aktuellen Album, "Ghost In The Black", war der optimale Opener. Und beim folgenden "Strong As A Rock" nahm Sänger Johnny Gioeli gleich das Publikum mit ins Boot und forderte im Chorus die 'Rock'-Rufe. Der Mann gab unheimlich Gas, forderte und förderte die Stimmung.
ARPGitarren-Wizard Pell bearbeitete stoisch-geheimnisvoll seine Saiten, stand vorm Burgen-Backdrop wie das Maskottchen seiner eigenen Band und zeigte zwischendurch immer wieder zustimmende Gesten in Richtung Fans - einfach kultig, einfach sympathisch. Bassist Volker Krawczak, cool aufgemotzt mit Piratenkopftuch und hochgesteckter Sonnenbrille, brummelte fein vor sich hin, sang hier und da die Texte der Klassiker mit und flachste auch schon mal mit dem Sänger. Und während Keyboarder Ferdy Doernberg hinter seinen Tastenkästen lässig und zufrieden vor sich hin grinste, fegte Gioeli über die Bühne, als ob man ihm die Wasserflaschen mit Energy-Drinks gefüllt hätte. Mit großen Gesten und viel körperlicher Präsenz interpretierte er den über weite Strecken sehr bekannten Stoff, und sang dabei so genial...
ARPBei den rockenden Nummern wie "Fool Fool" oder "Carousel" wunderte man sich, woher der Mann die Puste nimmt! Schlag auf Schlag Weltklasse-Vocals. Und noch ein Stück genialer: die epischen Teile! Die Strophe von "Mystica": Doernbergs gespenstische Keyboard-Atmo, und dazu nichts als der Gesang, diese expressiven Screams Gioelis... das sitzt wie im Studio und ist noch eine unglaubliche Klasse besser. Es jagte einem heiße und kalte Schauer über den Rücken. Auch bei der Powerballade "Oceans Of Time" konnte Gioeli seine Stärken zu hundert Prozent ausspielen; ebenso beim frühen Höhepunkt der Show, dem Medley aus "Masquerade Ball", "Casbah" und "Dreaming Dead" mit einem Schnipsel Whole Lotta Love. Das war eine viertel Stunde voller musikalischer Gänsehaut!
ARPBei "Mystica" mit ausgedehntem Mistreated-Mittelteil bewies Gioeli dann auch noch mit allen möglichen Sperenzchen, was für einen genialen Blues Rock er in der Stimme hat. Für einen herrlichen Moment sorgte ein Metalhead im Publikum, der die Nummer genau so gut hätte ruinieren können, wenn dieser Johnny Gioeli nicht so spontan wäre... Da setzte er zum finalen »Since my baby left me...« an, dann Stille - Kunstpause - und dieser Typ gröhlt hinein »I've been losing my mind.« - »That's right. But only it goes like this« antwortete Gioeli und zog die Töne mit einer Extraportion Tremolo aus den tiefsten Tiefen seiner Seele. Wie im Drehbuch, klasse!
ARPVom neuen Album gab es außer dem Opener 'nur' "Before I Die" und den Titeltack "Circle Of The Oath", der brillant rüber kam. Der Song hat alles, was ARP ausmacht: das Geheimnisvolle, das Epische und das Rockende. Es mögen manche Mitsing-Klassiker wie "Snake Eyes" oder "Nasty Reputation" gefehlt haben - aber man wird bei einer so immensen Diskografie immer irgendetwas vermissen. Etwas schade war es, dass die Masse der Konzertgänger nur selten richtig euphorisch mitgegangen ist. Vielleicht ist es schon so 'erwartbar', dass die Band live tatsächlich so klasse ist wie man es erwartet? Vielleicht gab es ja deswegen mit "Rock The Nation" nur eine einzige Zugabe - weil die Band fühlte, dass es nicht ganz stimmte. Das lag aber keinesfalls an ihr - die Performance war hingebungsvoll!
ARPAusgerechnet beim Schlagzeugsolo kochte die Stimmung am meisten - das ist schon eine Seltenheit! Aber bei ARP ist halt ein Kult-Promi am Werk. Schlagzeug-Tier Mike Terrana malträtierte sein Werkzeug mit gewohnter und geliebter Energieverschwendung. Da hängen die Becken absichtlich so hoch, dass er sich auch schön strecken muss - gut für die Show, das sitzt! An sich machte er da nichts Spektakuläres - aber alleine Mimik und Gestik des Irokesen-Trommlers sind schon ein Hingucker. Und wenn man dann noch als Rausgeher Jacques Offenbachs berühmten Cancan aus "Orpheus in der Unterwelt" vom Band laufen lässt und drübertrommelt, dann ist das Spektakel perfekt.
»Well done, grandpa!« Kommentierte Gioeli, »muscles of steel. And the brains of an ice cube...« Mann, die haben schon Spaß. Eine klasse Liveband! Und nach 95 Minuten ARP waren die Bayern immer noch nicht fertig, sondern in der Verlängerung. Das Spiel soll hochspannend gewesen sein - aber ich traue mich zusagen: Die Metalheads in der Garage nahmen noch ein bisschen mehr fürs Langzeitgedächtnis mit als die Fußballgucker.
Danke schön an Heiko Renno von der Garage für die problemlose Akkreditierung.
Line-up Axel Rudi Pell:
Axel Rudi Pell (guitars)
Johnny Gioeli (lead vocals)
Volker Krawczak (bass, backing vocals)
Ferdy Doernberg (keyboards, backing vocals)
Mike Terrana (drums)
Setlist
Ghost In The Black
Strong As A Rock
Before I Die
Medley:
Masquerade Ball / Casbah / Dreaming Dead / Whole Lotta Love
Drum Solo
Mystica (incl. Mistreated)
Circle Of The Oath
Oceans Of Time
Fool Fool
Keyboards Solo
Carousel

Encore:
Rock The Nation
ARP   ARP   ARP   ARP
ARP      ARP
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