Das Wort bzw. der Begriff 'exotisch' liegt ja immer im Auge des Betrachters. Dennoch muss fairerweise ebenso gesagt werden, dass unserer Redaktion nun nicht gerade massenhaft Alben aus dem Fußball-Land Brasilien auf den Tisch flattern. Und genau von dort kommt die Igor Prado Band, die sich auf "Way Down South" mit den Delta Groove All Stars verstärkt hat. Der Namensgeber brachte sich das Gitarrenspiel als Linkshänder autodidaktisch auf einer Rechtshändergitarre bei und gründete diese Combo mit seinem Bruder und Schlagzeuger Yuri im Jahr 2000. Entdeckt wurden sie Jahre später von dem amerikanischen Blues-Sänger Lynwood Slim, mit dem 2010 die Scheibe Brazilian Kicks entstand.
Mittlerweile hat sich die Igor Prado Band zu einer der führenden Größen in Südamerika entwickelt. Auf dem nun bei uns erschienenen "Way Down South" befinden sich 13 Tracks, die allesamt aus Sessions sowie Kollaborationen mit anderen Musikern (des Delta Groove-Stalls) der Marke Kim Wilson, Mud Morganfield, Sugaray Rayford, Junior Watson plus vielen anderen entstanden und in den Jahren zwischen 2011 und 2014 aufgenommen wurden.
Um ganz ehrlich zu sein, hätte ich selbst nach mehreren Durchläufen nie für möglich gehalten, dass diese Scheibe von Musikern aus Sao Paolo aufgenommen wurde. Und das liegt zum einen daran, dass die Musiker ihren Blues wirklich drauf haben (sodass man ihn ohne nochmal nachzudenken nach Chicago verorten würde), zum anderen die Sänger bis auf zwei Ausnahmen (die Prado selbst übernahm) US-Amerikaner sind. Apropos Ausnahmen: Bei "You Got What It Takes" singt sich der gute Igor so sehr in Rage, dass er seinen Co-Vocalisten J.J. Jackson gar in ein bewundernd-amüsiertes Lachen versetzt. Logisch, dass sich da auch beim Hörer die Mundwinkel nach oben ziehen.
Bei vier der Tracks sind dann auch sehr erfrischend wirkende Bläser mit im Spiel, die dem gesamten Album angenehm zusätzliches Volumen verleihen. Prado spielt eine hervorragende Blues-Gitarre und die Gastsänger übertreffen sich immer wieder selbst. Klagt uns Sugaray Rayford bei dem eröffnenden "Matchbox" sowie "Big Mama Blues" sehr gekonnt sein Leid, so besticht Mud Morganfield bei "She's Got It" vollmundig in "Hoochie Coochie Man"-Manier, während hier die Blues Harp von Ivan Marcio das Sahnehäubchen ist. Neben vielen anderen kommt selbstverständlich auch der 'Entdecker' Lynwood Slim bei zwei Nummern, nämlich "Baby, Won't You Jump With Me" und "You Better Believe It" zu Ehren.
Die Tempi der einzelnen Stücke werden höchst variabel gesetzt, was die gut 53 Minuten geradezu wie im Fluge vergehen lassen. Selbstverständlich ist der Blues das vorherrschende Stilmittel, aber es wird auch mal gerockt oder in jazzige Gefilde abgetaucht. Uneingeschränkter Herrscher ist jedoch der 12-Takter, der neben der locker groovenden Rhythmusabteilung bei etwa der Hälfte der Titel auch von dem klasse Piano Ari Borgers verfeinert wird. Auf jeden einzelnen der Gäste einzugehen, würde den Rahmen dieses Reviews sprengen. Festgestellt werden darf aber, dass sich unter den 13 Songs kein einziger Ausfall finden lässt.
Mit dem superstarken Akustik-Blues "Trying To Do Right" (hier mit Omar Coleman an den Vocals und der Blues Harp) werden wir schließlich aus "Way Down South" entlassen. Eine Nummer, die sehr große Lust aufkommen lässt, den Silberling gerade nochmal von vorne laufen zu lassen. Eine durchweg starke Scheibe, die den Freunden des Genres nur wärmstens ans Herz gelegt werden kann. Chicago Blues made in Brazil - und warum eigentlich auch nicht? Qualität stand schon immer über Herkunft - und Qualität haben die hier beteiligten Musiker allesamt mit Löffeln gefressen.
Line-up:
Igor Prado (guitars, lead vocals - #6,9)
Rodrigo Mantovani (acoustic & electric bass)
Yuri Prado (drums & percussion)
Denilson Martins (tenor saxophone - #1,4,9,11, baritone saxophone - #1,9,11)
With:
Sugaray Rayford (lead vocals - #1,10)
Kim Wilson (lead vocals - #2,8)
Mud Morganfield (lead vocals - #3)
Lynwood Slim (lead vocals - #4,11)
Mitch Kashmar (lead vocals & harp - #5)
Rod Piazza (lead vocals & harp - #7)
J.J. Jackson (additional lead vocals - #9)
Wallace Coleman (lead vocals & harp - #12)
Omar Coleman (lead vocals & harp - #13)
Mike Welch (guitar - #1,10)
Junior Watson (guitar - #4)
Ari Borger (piano - #1,4,5,10,11,12)
Donny Nichilo (piano - #3)
Honey Piazza (piano - #7)
Raphael Wressnig (Hammond B3 - #6)
Ivan Marcio (harp - #3)
Randy Chortkoff (harp - #10)
Tracklist |
01:Matchbox
02:Ride With Me, Baby
03:She's Got It
04:Baby, Won't You Jump With Me
05:What Have I Done
06:Shake & Fingerpop
07:Talk To Me, Baby
08:If You Ever Need Me
09:You Got What It Takes
10:Big Mama Blues
11:You Better Believe It
12:Rooster Blues
13:Trying To Do Right
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Externe Links:
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