Old 97's / The Grand Theatre Vol. 2
The Grand Theatre Vol. 2 Spielzeit: 42:02
Medium: CD
Label: Blue Rose Records (New West Records), 2011
Stil: Alternative Country

Review vom 28.08.2011


Markus Kerren
Ein hervorragendes Beispiel für Durchhaltevermögen ist die Band Old 97's aus Dallas, Texas. Die spielen nämlich seit Anfang der Neunziger in unveränderter Besetzung zusammen und legen neben kontinuierlichem Touren und regelmäßigen Scheiben ihr nunmehr neuntes Studio-Album vor. Als Beispiel für die gefühlte Achterbahnfahrt des Quartetts sei nur mal der Wechsel von einem Indie-Label zum Major und wieder zurück aufgeführt. Dabei ist die neue Langrille offensichtlich die Fortführung ihres letztjährigen The Grand Theatre Vol. 1. Dies schlicht und ergreifend schon deshalb, weil sie den gleichen Namen trägt, der lediglich auf ein 'Vol. 2' geändert worden ist.
Wie Steve bereits in seinem Review zum Vorgänger aufführte, hatte die Truppe vor dessen Aufnahme eigentlich genug Material für ein Doppel-Album in petto, entschloss sich jedoch, das Ganze lieber auf zweimal zu veröffentlichen. Nun waren die vier Musiker in der Zwischenzeit aber nicht mehr ganz so zufrieden mit dem seinerzeit in Dallas aufgenommenen Material und beschlossen, in Richtung Austin zu ziehen und einiges des auf "... Vol. 1" nicht verwendeten Materials noch einmal neu mit einem frischen Produzenten aufzunehmen. Gesagt - getan, und schwupp haben wir in Form von Teil 2 die nächsten 13 Tracks der Alternative Country-Rocker vorliegen.
Steve fehlte es bei "... Vol. 1" etwas an Stringenz, was aber ganz offensichtlich so eine Art Konzept für dieses zweigeteilte Opus zu sein scheint. Denn auch "... Vol. 2" springt häufig und gerne zwischen verschiedenen Stilen umher. Diesmal gesellt sich ziemlich viel Country- bzw. Alternative-Pop zur Stilistik hinzu, sodass ich beim fröhlichen Länder-Raten während des ersten Durchlaufs spontan auf England getippt habe. Ein Grund dafür war "White Port" (eines von zwei Stücken, bei dem Murry Hammond die Lead Vocals übernahm), das mit extrem 'Irischem Trinklied-Einschlag' und brünstigem Jodler daherkommt. Das geht in die Beine und laesst umgehend an den Kühlschrank und ein kühles Helles (oder Schwarzes, um in Irland zu bleiben) denken.
Stilistisch sehr nah an den ursprünglichen Punk Rock (als dieser seinen Namen noch verdiente) angelehnt sind sowohl das Instrumental "Marquita" als auch das direkt folgende "Bright Spark (See What I Mean)". Wobei man den Gesang außen vorlassen muss, da hier die Rotzigkeit zugunsten einer eher sauberen Leistung geopfert wurde. Grundsätzlich können die sehr flotten, eingängigen Midtempo-Rocker/Popper den Löwenanteil für sich verbuchen. Dabei erscheint Rhett Miller auch noch ein hoffnungsloser Melancholiker zu sein, selbst wenn er uns diesen Fakt nicht unbedingt mit dem Hammer einzutrichtern versucht, sondern vielmehr sehr subtil damit zu Werke geht.
Das zweite von Murry Hammond gesungene Stück hört auf den Namen "How Lovely All It Was", bei dem auch er mit einem weinenden Auge erscheint. Was durchaus Sinn macht, wenn man durch den Promo-Zettel erfährt, dass die Nummer einem verstorbenen Freund gewidmet ist. Ein Rocker mit angezogenen Zügeln entlässt uns in Form von "You Call It Rain" aus dem 'Grossen Theater'. Einmal mehr cool und sehr eingängig, ohne dabei zu süßlich zu klingen. Ein eher achselzuckendes, verwirrtes und irgendwo auch resignierendes Trinker-Lied ist "Visiting Hours", bei dem der Protagonist nicht einmal mehr zu wissen scheint, warum er überhaupt seinem Durst nachgeht...
Mein Fazit fällt etwas freundlicher aus, als es bei Steve der Fall war. Ganz sicher wird auch "The Grand Theatre Vol. 2" in keinem Jahres-Poll auftauchen, aber ich sehe die Stilwechsel auf der mir vorliegenden Scheibe nicht so dramatisch (wobei ich zugegebenermaßen "...Vol. 1" nicht gehört habe und deshalb auch keine direkten Vergleiche damit anstellen kann). Um das komplette Spektrum dieser Scheibe abzudecken, sollte man in "I'm A Trainwreck", "White Port", "Bright Spark (See What I Mean)" und "How Lovely All It Was" reinhören.
Eine gute, coole Platte, der - und hier kann ich meinen Vorgänger bestätigen - allerdings auch wieder ein Überflieger-Song und das ganz Zwingende fehlt.
Line-up:
Rhett Miller (lead vocals, guitars)
Murry Hammond (bass, guitars, lead vocals - #6,13, vocals, piano, harmonium)
Ken Bethea (lead guitars)
Philip Peeples (drums, percussion, guitar - #1)

With:
Richard Martin (piano - #3)
Audie Bethea (guitar - #6)
Tracklist
01:Brown Haired Daughter
02:I'm A Trainwreck
03:Perfume
04:The Actor
05:No Simple Machine
06:White Port
07:Ivy
08:Manhattan (I'm Done)
09:Marquita
10:Bright Spark (See What I Mean)
11:Visiting Hours
12:How Lovely All It Was
13:You Call It Rain
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