Vor ziemlich genau zwei Jahren kursierte in den gemeinhin gut unterrichteten Kreisen der Freunde des klassischen Rocks 70er Jahre-Prägung einer von überraschend vielen Geheimtipps - One Hand Free nannte sich die Combo aus New Hampshire und ihr 2004er Debütalbum wurde zwei Jahre verspätet den Szenefreaks zugänglich gemacht.
Der Allgemeinheit wird es offenbar schon seit geraumer Zeit nicht mehr zugetraut, auch nur einen Hauch latentes Interesse an handgemachter Rockmusik klassischer Prägung - also viel Gitarre, aber nicht tiefer gelegt oder hypernervös, groovender Bass, wuchtiges, zugleich differenziertes Schlagwerk, B3-Orgelgrundierung und unüberhörbare Blues-, R&B-, Rock 'n' Roll-, Country-, Funk- oder Souleinflüsse - zu haben oder gar in nachwachsender Generation zu entwickeln. Nur ganz wenige namenlose Combos bekommen per Plattendeal die Chance, etwas bekannter zu werden. Noch weniger können dabei auf einen Majordeal mit entsprechender Promotion zählen. Und das auch nur dann, wenn sich durch die Quintessenz ihrer Musik und ihrer Vermarktungsmöglichkeiten mindestens die neuen Led Zeppelin heraufbeschwören lassen.
Der megagroße Rest vom Fest sucht nach innovativen Alternativen, veröffentlicht Privatpressungen oder Pressungen auf Winz-Labels, kreiert neue Distributionswege und gelangt somit an der großen Masse des völlig gleichgeschalteten Ottonormalhörers vorbei in die Fänge der begierig auf neue Sensationsbands wartenden, selbstredend immer gut informierten Spezialistenkreise, die sich Jahr für Jahr über großartige Entdeckungen freuen, die niemals in Gefahr geraten werden, durch Massenkompatibilität ihren gewissen Exklusivitätsstatus zu verlieren.
One Hand Free waren vor zwei Jahren so eine Entdeckung und verschwanden anschließend wieder im Off der riesigen Fraktion der verhinderten Rockhelden.
Sehr schade eigentlich, denn mindestens "Come On Strong" mit seiner hochgradig prägnanten Basslinie hätte für einen ewigen Platz im Rockolymp sorgen müssen! Stattdessen geriet diese Band, zumindest beim Rezensenten, schlicht in Vergessenheit, um nun plötzlich wieder aus dem berüchtigten Off aufzutauchen.
"Quadraphonic" nennt sich ihr zweites Werk, und nach einer Kurzrecherche nehme ich erfreut zur Kenntnis, dass selbiges immerhin bei einem großen Online-Versandhandel und auch einem der letzten verbliebenen ernstzunehmenden Plattenläden Norddeutschlands, mit Standorten in Bremen und Hannover, zu erstehen ist - mithin also der berühmt berüchtigten breiten Masse durchaus zugänglich. Und dies zu einem erträglichen Kurs, wobei allerdings die Digi-Pack-Aufmachung ausgesprochen puristisch, wenn nicht sogar mager daher kommt. Gleiches trifft auf die Gesamtspielzeit zu, welche Assoziationen an die gute alte Vinylzeit hervorruft.
Das ist allerdings kein Zufall, denn erstens startet der Silberling mit einem beherzten Aufprallgeräusch der Tonabnehmernadel in die Rille eines imaginären schwarzen Rundlings, inklusive anschließendem Knistern und Rauschen, und zweitens wartet die Gesamtproduktion mit einem sehr ausdrucksstarken, dynamischen, differenzierten und ausbalancierten Analogsound auf, der einen wirklich an bessere Zeiten musikalischer Reproduktionen denken lässt und somit zwangsläufig nostalgische Gefühle weckt.
Das musikalische Geschehen vermag das Ganze durchaus zu untermauern, ohne allerdings in purer Nostalgie zu verkümmern.
Sicherlich gibt es weit und breit nichts Innovatives zu hören, aber dafür gediegenes Rockhandwerk mit viel Retro-Rock, Southern-Flair, Jamrock-Anklängen und einem kompakten, ausdifferenzierten Spiel, wie es dem hoch gelobten Debüt noch nicht zu eigen war. Dieses Album ist im direkten Vergleich mehr aus einem Guss, wenngleich auch deutlich unspektakulärer. Ich fahnde hier vergeblich nach Songs für den ewigen Rockolymp, werde aber durchgehend auf einem hohen spieltechnischen und interpretatorischen Niveau unterhalten, wobei Andrew Blowens charakteristischer und Stil-kompatibler Gesangsvortrag und Josh DiJosephs geschmackvolle Saitenbeiträge hervorstechen.
Es gibt auch zwei ruhigere Momente im insgesamt recht unaufgeregten Grundtenor dieser Veröffentlichung zu genießen, wobei "Lucky" einerseits das musikalische Highlight setzt, andererseits aber geradezu penetrant an Gov't Mule gemahnt, einer Band, die scheinbar unglaublich großen Einfluss auf die zeitgenössische klassische Rockmusik zu haben scheint, in ihrer ganzen Klasse und Bandbreite aber selten erreicht wird.
Der Rezensent muss zugeben, sich mit einer abschließenden Wertung dieser Silber-Scheibe sehr schwer zu tun. Wer sich im World-Wide-Web umschaut wird feststellen, dass ihr ein signifikanter Fortschritt zum Erstling attestiert wird und damit bedenkenlos allen Genrefreunden oder denen, die es vielleicht trotz aller Hürden noch werden wollen, empfohlen werden kann.
Dem habe ich nichts hinzuzufügen, vergebe aber dennoch keinen Tipp, da mir persönlich im Vergleich zum Debüt die echten Songhighlights fehlen und bemühe mich um Innovation, in dem ich mich frech bei Salvador Dalí anlehne und eine künstlerisch wertvolle Uhrenbewertung kreiere:
Line-up:
Andrew Blowen (vocals/keyboards)
Geoff Taylor (bass)
Josh DiJoseph (guitars)
Kelly Bower (drums)
Tracklist |
01:King By Now
02:Majesty
03:Heavy Hands
04:Lucky
05:Dig
06:Badway
07:Hard Times
08:Stumble
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