»Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört«, ist man geneigt zu sagen, denn Dave Schmidt mit seinem Label Sulatron Records und das Øresund Space Collective sind kongeniale Partner.
Der Bandname ist Programm. Die Truppe, 2004 gegründet, kommt aus der Region Øresund, also der Meerenge zwischen Dänemark und Schweden. Soweit sind wir noch auf der Erde. Teil zwei des Bandnamens ist wörtlich zu nehmen, denn spacig geht zu, beim Kollektiv.
Die Fakten: Fünf Tracks bei 70 Minuten Spielzeit. Drei Space-Gitarristen und gar vier Musiker mit Synthesizer. Und ohne Vorlauf legen die Jungs los mit einem spacigen, treibenden Jam. Quasi ohne Warnung schiebt sich der Raumkreuzer aus dem Planetenschatten und legt 'ne hohe Warp-Stufe ein. Die Synthies machen genau das, wozu sie designt sind und die Gitarren begleiten. Im Gegensatz zur gleichnamigen Platte, die Kollege Olli vor zwei Jahren in den Fingern hatte, ist "Optic Chiasm" durchaus auch eine psychedelische Spielart zu attestieren. Dicht und atmosphärisch das Grundgerüst des Tracks, die Gitarre im rechten Kanal versprüht aber eine durchs Wah Wah-Pedal gejagte Psychedelic-Sequenz. Links verstärkt durch ein nicht minder abgehobenes, aber ruhiger spielendes Pedant. Aus der imaginären Stereomitte wabern und rollten die Synthies, der Bass sowie ein fast shuffelndes Schlagzeug.
Der Grundtenor beider Alben ist aber gleich: Hinsetzen, Kopfhörer anschnallen, genießen und am besten in einem Weltall-Bildband versinken und sich treiben lassen. Die 'rechte Gitarre' sägt nun auch oberhalb der Exosphäre... und die linke auch. Man möchte mit auf die interstellare Reise, ja die Musik weckt fast süchtig machende Gelüste. Das Artwork übrigens ist passend gewählt, denn es zeigt Bilder vom MRI (Magnetic Resonance Imaging) des menschlichen Gehirns. Auch die Tracknamen stehen für Bereiche des Gehirns. Wahrscheinlich sogar die, die gerade bei mir auf Hochtouren laufen.
Es ist schon irre, wie die Gitarrenphalanx zusammenarbeitet und eine Saitenorgie fabriziert, die schwindelig macht. Nicht der Geschwindigkeit wegen, sondern weil dieser Space Jam wie aus einem Guss daherkommt und schwerelos durch die Luft sirrt und schwingt.
"Inside Your Head" ist das vierte offizielle Werk der Skandinavier. Die Aufnahmen, die zu hören sind, stammen allerdings von den Aufnahmesessions zur dritten CD, "The Black Tomato". Aus diesen Teilen hat Dave Schmidt diesen »fließenden, 70 minütigen Trip gebastelt«.
Fließend, schwebend, treibend... das ist korrekt, aber »gebastelt« klingt mir zu sehr amateurhaft. Das Ergebnis ist perfekt und ebenso perfekt auch die Professionalität der improvisierend aufspielenden Musiker. Es ist auch unmöglich, diese Art von Musik bis ins kleinste Detail zu planen. Wie das in Kollektiven üblich ist, weiß jeder was zu tun ist, was passt und wie man zusammen arbeitet, um am Ende eine gemeinschaftliche 'Arbeit' abzuliefern.
Fast getragen und mit einem irren Groove präsentiert sich der Grundrhythmus von "Fornix". Die Tasten des Rhodes ergänzen sich prächtig mit den zirpenden und zischenden Synthesizern. Umgarnt von Gitarren agiert das Schlagwerk präzise und Takt angebend. Elektronische Geräusche fliegen vorbei, haben aber nicht die Macht, die wie stoisch arbeitenden Drums und den Bass auch nur annähernd zu erschüttern. "Aqueduct Of Sylvius" ist Space-Galopp in Reinkultur. Egal welches Instrument - alles treibt den Sternenkreuzer nach vorne. Im Prinzip hätten die fünf Nummern auch eine sein können. Sind sie irgendwie auch, denn vom Konzept her ist die Musik von Øresund Space Collective so weit weg von konventionellem Songwriting wie die Erde vom OGLE-TR-56b.
Der musikalische Wahnsinn dauert einundzwanzig Minuten und heißt "Vermis". Dieses spacige Psychomonster schwebt von links nach rechts, ist in gemächlichem Tempo gehalten und vermag den Hörer in einen Bewusstseinszustand irgendwo zwischen wach sein und Traum zu versetzen. Setzt man den Fokus aufs Grundgerüst von Bass und Drums, ist es ein Erlebnis, die vorbeihuschende Elektronik oder die wie aus dichtem Nebel kommenden Gitarren zu erfassen, zu genießen und wieder 'verschwinden zu hören'. Da wird in einem Kanal spacig soliert, während aus dem andern Lautsprecher sägende Riffs ertönen und plötzlich ist es genau umgekehrt. Gleichzeitig bringen die Synthesizer Weltall-Feeling und herrje - damit könnte man Menschen hypnotisieren. "Inside Your Head": Genau, ich habe zwar keine Ahnung, welche Regionen durch die Musik angesprochen werden, aber dass sie es werden, ist spürbar. Was für ein geiler Trip!
Line-up:
Magnus (space guitar, synth)
Tobias (space guitar)
Sebastian (space guitar)
Michael (bass - #4)
Jocke (bass)
Søren (drums, percussion)
Scott (synths)
Mogens (synths)
Ola (synths, Fender Rhodes)
Tracklist |
01:Substantia Nigra (10:22)
02:Optic Chiasm (16:35)
03:Fornix (12:53)
04:Aqueduct Of Sylvius (9:56)
05:Vermis (20:46)
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