Wow, seit ihrer Premieren-EP Songs Of Love And Death haben Pale Obsession aus Luxemburg den sprichwörtlichen Quantensprung vollzogen. Die Hand voll Songs von 2006 waren schon eine mehr als ordentliche Visitenkarte in Sachen Dark Melodic Metal bis Gothic Rock. Jetzt liegt das erste Album in Komplettlänge vor und donnert überraschend bombastisch aus den Boxen. Dass die Jungs es drauf haben, wussten wir ja schon - nun haben sie ihre Songs produktionstechnisch aufs nächste Level gehievt.
Für die Revolution in Sachen B-Note war die Zusammenarbeit mit Stefan Helleblad maßgeblich, mit dem zusammen Pale Obsession ihren Stoff zum Teil in Luxemburg, zum Teil in Schweden aufgenommen und abgemischt haben. Und Helleblad gehört immerhin zu dem Team, das auch schon für den prunkvollen Klang des letzten Albums von Within Temptation verantwortlich zeichnete. In die selben Sphären schwermetallischen Edel-Bombasts rücken nun auch Pale Obsession vor.
Die Songs auf "Made Of Glass" sind dunkel eingefärbte Metal-Ohrwürmer in Kompaktlänge, umrahmt von melancholischen Keyboardparts, die aus hohen Streichern und lyrischen Pianoklängen bestehen. Die Räume werden dabei so eng gemacht wie das Mittelfeld der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Aber es wird nicht overplayed, nicht alles künstlich und unkontrolliert zugekleistert - vielleicht ist auch dies ein Pluspunkt der Zusammenarbeit mit erfahrenen Produzenten. Anfängerfehler sind Fehlanzeige - das Ganze klingt ungeheuer routiniert, und das wirkt: Die Songs hypnotisieren.
Dass jene Luxemburger Klang-Hypnose keine farbenfrohe und flockig frohlockende Frühlingswiese heraufbeschwört, das verheißt ja allein schon der Bandname - die 'Bleiche Besessenheit' aus dem Großherzogtum klingt meist melancholisch, und doch mit einer sehr lebendigen Melodik niemals niedergeschlagen. Man pendelt zwischen traurig-lyrischer Zerbrechlichkeit wie in dem von Sänger Joe May zauberhaft inszenierten Intro von "Worlds That Never Were" und opulent in Klang gesetzter Dramatik wie bei den betörenden Chören von "Prayers For Deliverance" mit Raum füllenden, hohen Backing Vocals...
... samt weiblicher Gesangsparts im Hintergrund? Nein, nein - es ist alles Joe May! Kaum zu glauben, das musste sich der verblüffte Autor dieser Zeilen erst von der Band bestätigten lassen. Der hat es echt drauf. Klingt manchmal etwas wie der Sänger der deutschen Band Wolfsheim, aber gesanglich stärker und längst nicht so weinerlich. Insgesamt ist die Band ohnehin wesentlich heavier - Namen wie Paradise Lost oder HIM kommen einem in den Sinn. Und weil Pale Obsession doch nicht so ganz Goth-lastig klingen, sondern eher wie dunkler, melodischer (Bombast-)Metal, darf auch der Name Nightwish fallen.
Obwohl die Keyboards viel Raum einnehmen und jene Melodien vorspielen, die sich danach immer wieder wie auf einer Spieluhr im Kopf des Hörers replizieren, klingen Pale Obsession mitnichten nach Synthie-Plastik. Die beiden Gitarren im Line-up der Gruppe lassen sich nicht verdrängen und sorgen für Riff-betonte, hart zupackende Drives ("My End Is Coming", "Kiss The Sky"), sliden immer wieder Metal-lastig übers Griffbrett oder begleiten Keyboard und Gesang mit dynamischem, melodischem Lead-Gitarrenspiel ("Groupie No. 1"). Der letzte Feinschliff wären noch etwas mehr Soli - die sind zu rar gesät.
Eines der wenigen Soli, dafür ein traumhaft schönes, gibt es in "Love's Still Burning", eine ergreifend schöne, schmerzerfüllte Powerballade, die in ihrem Ausdruck gar ein wenig an Kamelot erinnert. Definitiv eines der Highlights des Albums, zusammen mit dem sehr eingängigen und absolut Hit-tauglichen "Lady In Black", dem besonders intensiv geführtten "The Lovers Die" mit der wohl stärksten Keyboard-Gitarren-Symbiose des ganzen Albums ... und natürlich dem Schlusstrack. Das orchestrale "The Ghost And The Sadness" kommt als ausgewachsener Fantasy-Soundtrack daher und ist das bisherige Prunkstück der Band, inklusive leidenschaftlichem Solo, geheimnisvollem Break und ganz viel Gänsehautgefühl.
Nicht nur hier ist klar, dass es keinesfalls die bärenstarke Produktion alleine reißt - die Band bringt auch gutes Songwriting und die mehr als vorzeigbare Stimme von Fronter Joe May mit. Da dürfte die Suche nach einem starken Label im Rücken eigentlich nicht lange dauern - Pale Obsession passen mit Sicherheit ins Beuteschema zahlreicher Fans von dunklem, melodischem und bombastischem Metal. Und neben zahlloser 'kleinerer' Gigs haben sie anno 2010 im heimischen Luxemburg auch immerhin schon die Shows von Tokio Hotel (Mei, da muss man durch...) und Epica (... und das hat doch schon was!) eröffnet. Mit den Jungs ist definitiv zu rechnen.
Line-up:
Joe May (vocals)
Christian Krier (keyboard)
Luc Coljon (guitar)
Fred Brever (guitar)
Christophe Groben (bass)
Marc Goergen (drums)
Tracklist |
01:Prayers For Deliverance (4:11)
02:Fatal Memories (4:08)
03:Groupie Nr. 1 (4:23)
04:Worlds That Never Were (4:38)
05:Tomorrow Must Be More (3:14)
06:Love's Still Burning (5:01)
07:My End Is Coming (3:52)
08:Lady In Black (4:10)
09:Between The Shades (3:31)
10:Kiss The Sky (3:37)
11:The Lovers Die (3:10)
12:War (Intrumental) [1:59]
13:The Ghost And The Sadness (4:20)
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