Kneift mich mal jemand. Pavlov's Dog bellt wieder ... und zwar mit einer neuen Platte.
Eine nicht nur gefühlte Ewigkeit ist her, seit die letzte Platte der Band um den Sänger mit der ungewöhnlichen Stimme David Surkamp erschienen ist. Das war Mitte der Siebzigerjahre und die Gruppe hatte leider damals nur einen kurzen Bestand. Aber die 1973 von Drummer Mike Safron gegründete Band kam zurück. 2004 gab es anlässlich des dreißigjährigen Jubiläums von "Pampered Menial" ein Konzert in Originalbesetzung. Mit jungen Musikern wurde der Altersdurchschnitt nun gesenkt. Über die Livequalitäten der neubesetzten Band konnten wir uns bereits 2007 freuen.
Nun ist es vollbracht und endlich gibt es mit "Echo & Boo" ein brandneues Album. Von der Faszination der frühen Jahre ist nichts verloren gegangen und Surkamps Stimme hat immer noch eine hohe Ausstrahlung. Okay, damals wie heute scheiden sich die Geister des Musikgeschmacks genau daran. Surkamps Singstimme muss man mögen. Die ist, auch wenn sie auf vorliegender Platte oft in Chorusse eingebettet wird, prägend für Pavlov's Dog.
Prägend war in der Gründungsbesetzung auch der für die Streichinstrumente zuständige Sigfried Carver (Richard Nadler). Ihm widmet Surkamp das neue Werk und verständlich ist, dass die Violine, jetzt durch Abbie Hainz gespielt, reichlich vertreten ist.
Mit ihrem weit gefächerten Spektrum und wunderschönen Arrangements muss man "Echo & Boo" im obersten Regalbrett einsortieren. Das Album mit einem herrlich gestalteten Booklet wirkt wie ein wunderschöner Spielfilm mit Action und verträumten Sequenzen. Da hat der Hörer richtig was zu tun und keine Zeit für irgendwelche Aktivitäten zwischendurch. Pavlov's Dog ist immer noch mittendrin und nicht nur dabei.
Auf dem Album serviert die Band unter dem Titel "The Death Of North American Industry Suite" ein fast surreales Werk in mehreren Teilen. Darin enthalten ist der von Stephen Foster (1826 - 1864) geschriebene Song "Oh! Susanna" (in der Tracklist der CD mit "Oh Suzanna" angegeben). Die beiden instrumentalen Titel "We Walk Alone Forever" sowie "We Walk Alone Forever Again" sind trotz ihrer Kürze opulente Songs voll Dramatik und Sanftmut. Fast klassisch, möchte man sagen. Beim Foster-Cover steht der Gesang im Mittelpunkt. Wenn Surkamp einen Teil ganz ohne Begleitung intoniert wird pure Gänsehaut erzeugt. Gut vorstellen kann man sich, dass die Songs ohne Worte live ausgebaut werden. Im provokanten Titel "Ava Gardner's Bust" findet sich folgende Textzeile:
»Democrats are just so useless, and republicans just don't care.«
Ohne Kommentar!
Neben den vielen Tastenklängen spielt E-Gitarrist Bill Franco eine große Rolle im Kollektiv der Songs. Er ist ein echter Tausendsassa an den Saiten und drückt zum Beispiel "Calling Out For Mine" seinen individuellen Stempel auf. Etwas ebenfalls ganz besonderes ist "Jubilation". Pavlov's Dog unterbreiten dem Hörer ihre ganz persönliche Sichtweise des Jazz. Safron aktiviert die Jazzbesen. Es swingt und groovt. Gast Phil Gomez hat ganz fein strukturierte Pianoläufe drauf. Mit der Violine im Spiel ist diese Nummer ein weiterer Höhepunkt des Albums. In der Ballade "I Don't Do So Good Without You" hören wir einen Surkamp, der hier nicht ganz so hoch singt. Das Flügelhorn von Keith Moyer ist traumhaft schön. Am Ende wird es dynamisch und jazzig.
Auffallend ist bei der neuen Scheibe, dass man sich auf viele Klassikelemente einlässt. Diese finden sich schön verteilt in einigen Kompositionen. So zum Beispiel als Einleitung für "I Don't Need Magic Anymore". Der Song drückt mit einem gigantischen E-Gitarrensolo musikalische Magie aus. 2010 ist die Gruppe in der Lage zu rocken als auch Streicheleinheiten zu verteilen.
Wie es früher war, kann Pavlov's Dog mit zeitgemäßem Gewand voll überzeugen. Einerseits in fast orchestraler Bandbreite oder anderseits intimer Atmosphäre sind die Songs eine brillante Standortbestimmung der Band. Es rockt mit Kraft und die balladesken Parts sind Träumereien in Pastellfarben. Nach so langer Zeit ist mit "Echo & Boo" sozusagen ein beachtlicher Neubeginn gestartet worden.
Line-up:
David Surkamp (vocals, 6 & 12-string guitar, electric guitar, piano, keyboards, bass, mandolin)
Sara Surkamp (vocals, guitar, percussion)
Bill Franco (electric guitar)
Nick Schlueter (piano, vocals)
Abbie Hainz (violin, vocals)
Rick Stieling (bass)
Mike Safron (drums, drum programming)
Featuring Contributions By:
Phil Gomez (piano - #1 - 3,12)
Michael McElvain (piano - #13)
John Wallach (bass - #9)
'Bongo' Billy Costello (drums, Arp, chimes, pecussion - #1 - 4,11 - 13)
Keith Moyer (flugelhorn - #4)
Greg Siller (cat herder)
Jean Baue (soprano vocals - #1 - 3,13)
Saylor Surkamp (backing vocals - #2,5,7)
Nick Oliveri (backing vocals - #9)
Tracklist |
01:Angeline (4:35)
02:Angel's Twilight Jump (5:18)
03:I Love You Still (3:25)
04:I Don't Do So Good Without You (5:18)
05:Echo & Boo (4:29)
The Death Of North American Industry Suite:
06:We Walk Alone Forever (2:06)
07:Oh Suzanna (1:00)
08:We Walk Alone Forever Again (1:10)
09:Ava Gardner's Bust (3:48)
10:Calling Out For Mine (4:08)
11:We All Die Alone (5:05)
12:Jubilation (5:37)
13:I Don't Magic Anymore (5:37)
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Externe Links:
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