Das Wort 'Underground' spielt eine große Rolle bei der norddeutschen Band Phono One. Sie sehen sich darin verwurzelt, stufen sich selbst als Band dort ein und betitelten ihr vorliegendes, zweites Album folgerichtig auch "The Sound Of The Underground". Sie lebten sogar, zumindest musikalisch gesehen, dort, nämlich auf der Insel Rügen. An Letzterem wurde jedoch in den vergangenen Monaten kräftig gearbeitet, denn die Band ist mittlerweile mit Mann und Maus in die Bundeshauptstadt Berlin umgezogen. Und ihre Musik als 'Underground' zu bezeichnen ist sicher dahingehend richtig, dass sie damit wohl kaum den Bekanntheitsgrad von Teenie-Truppen wie etwa Tokio Hotel erreichen dürften.
Müssen sie aber auch gar nicht, um sich in die Herzen sehr vieler anderer Rockfans zu spielen, die noch auf eine satte Bass/Schlagzeug-Grundlage, einen fetten Orgel-Sound und einen Frontmann an Gitarre sowie Gesang mit richtig Dreck unter den Fingernägeln stehen. Phono One sehen ihre Musik sehr stark von den späten Sechzigern und frühen Siebzigern beeinflusst, was man zweifelsohne so stehen lassen kann. Da wird munter drauf losgerockt bis die Socken qualmen, ohne Rücksicht auf Verluste zu nehmen. Einen richtig fetten, druckvollen Sound fährt das Quartett auf, es wird gerockt, geboogiet, gegroovt und geswingt bis zum Abwinken. Dabei nimmt man auch nicht unbedingt auf die Eingängigkeit des Songmaterials Rücksicht, hier stehen vor allem das Jammen, der Sound und das Feeling im Vordergrund.
Diesbezüglich ist "The Sound Of The Underground" dann allerdings tatsächlich ein Volltreffer. Wie bereits erwähnt, kommt der Sound druckvoll und sehr warm, der Bass wummert herrlich und solistisch im Vordergrund steht hauptsächlich die Gitarre. Steffen Dissmann ist dazu ein herrlicher Shouter, der gar eine Vielzahl an Assoziationen hervorruft. Manchmal erinnert er an Dr. John, dann an den seligen Herman Brood, vom Stil her gar auch mal an Stan Webb ( Chicken Shack). Eine äusserst interessante Mischung also, die sich dann in Tracks ausdrückt, die an alte Helden wie etwa Atomic Rooster, Deep Purple (gegen Ende der Sechziger) oder auch Roy Wood's Wizard erinnern.
Mein RockTimes-Kollege Tom Machoy hatte ja bereits den Vorgänger Born Too Late (2008) besprochen und ein feines Händchen bewiesen. Zum allerersten Mal waren Phono One im Jahr 2006 mit der EP "Rock'n'Roll Deluxe" in Erscheinung getreten. Was hat sich seitdem verändert? Ich kenne die ersten beiden Werke zwar nicht, aber wenn ich mir Toms Review so zu Gemüte führe, dann wohl nicht sehr viel. Und warum auch? Wenn man seine Musik liebt und sie dann auch noch so hingebungsvoll, authentisch und bärenstark bringen kann, dann ist es sicherlich kein Fehler, daran festzuhalten.
Außerdem sollte man aufgrund des obigen Namedroppings keinesfalls dem Trugschluss unterliegen, es hier mit müden Abziehbildern von Stücken wie etwa "April" oder "Devil's Answer" zu tun zu haben, denn dafür haben Phono One trotz aller Liebe zu ihren Idolen genügend Eigenständigkeit. Und selbst wenn man bei diesem Album auch mal über ein oder zwei holprige Stellen stolpert, dann ist dennoch klar, dass die Musiker ihr Handwerk hervorragend verstehen. Sehr cool kommt auch der Gastbeitrag von Kilian Tessendorfer am Saxophon beim einzigen Coversong der Scheibe, Frank Zappas "My Guitar Wants To Kill Your Mama". Alle anderen Nummern wurden von der Band gemeinsam verfasst und insgesamt stellen die zehn Tracks ein einheitliches, vollmundiges und ergiebiges Werk dar.
Sehr stark auch das E-Piano und der Wah Wah-Gitarren-Effekt bei "We're Boogin'", bei dem die vier Musiker es einmal mehr tierisch krachen lassen. Improvisation und unbändige Spielfreude sind Trumpf, eingerahmt von einer lockeren Boogie-Rock-Nummer. "After Work" geht dagegen etwas heftiger zu Werke, wenn es auch nach wie vor auf einen Boogie-Rhythmus aufgebaut ist. Mann, machen die Dampf!!!
"The Sound Of The Underground" ist sicherlich nichts für musikalische Feingeister, aber für diese Sparte Musikliebhaber ist bzw. war das Album ganz sicher auch nicht gedacht. Beim Rausschmeißer "Jam Session" sprühen die Funken geradezu und das Keyboard und die Gitarre werfen sich die Bälle sprichwörtlich gegenseitig zu. Fiete Blümel ist ein wahres Powerhouse und Nils Freitags Bass bringt die Magenwände in Schwingungen.
Phono One nehmen uns auf ihrem zweiten Album mit auf einen ca. dreiviertelstündigen Ausflug in Richtung schweinefetten Rock, der sich immer wieder zu einer Wiederholung empfiehlt. Erstmal vom Fieber befallen, wird es jedenfalls kaum einen Weg zurück von Phono One geben.
Line-up:
Steffen Dissmann (guitars, vocals)
Nils Freitag (bass)
Christian Kowalewski (keyboards)
Fiete Blümel (drums)
Mit:
Kilian Tessendorf (saxophone)
Peter Schmidt (guitars)
Tracklist |
01:Friend Machine
02:Deadline
03:We're Boogin'
04:King Of The Day
05:After Work
06:My Guitar Wants To Kill Your Mama
07:Lord Phono
08:Underground
09:Take From The Poor
10:Jam Session
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