Presto Ballet / Invisible Places
Invisible Places Spielzeit: 60:27
Medium: CD
Label: SAOL / H'Art, 2011
Stil: Prog Rock

Review vom 28.04.2011


Boris Theobald
Kurdt Vanderhoof ist Presto Ballet. Und war Metal Church. Metal Church war einmal, dafür ist aber Presto Ballet ein Stücken mehr Metal Church als zuvor ... Mit "Invisible Places" veröffentlicht Schwermetallkirchen-Mastermind Vanderhoof nunmehr sein drittes Album unter dem Namen Presto Ballet - einst als Nebenprojekt gestartet, aber inzwischen sicher mehr. Denn nach der Auflösung seiner Kultband Metal Church kann er in seinen Prog Rock-Sprössling nicht nur mehr Energie investieren, sondern bringt bei seinem kompletten Personalwechsel gegenüber dem Vorgänger The Lost Art Of Time Travel noch gleich den Metal Church-Sänger mit! Ronny Munroe ist nämlich mit rübergewechselt, und so steckt in Presto Ballet mehr Metal Church denn je. Das lässt sich aber nicht so einfach auf die Musik beziehen!
Denn erwartungsgemäß lässt Songschreiber und Gitarrist Vanderhoof das Schwermetall größtenteils daheim und frönt wieder einmal den großen Prog-, Art- und Symphonic Rock-Wundern der späten 60er und der 70er Jahre. Und das betrifft nicht nur den Klang der Band, sondern auch das herrlich vertrackte Songwriting. Da liefern sich Saiten- und Tasteninstrumente vergnügte Duelle und Duette, es gibt lange, kurzweilige Instrumentalpassagen mit Überraschungen im Dauer-Abo; und es klingt so authentisch und leidenschaftlich, als ob diese Art von Musik gerade erfunden würde! Was dazu beiträgt, ist wieder einmal der Verzicht auf moderne Methoden - Presto Ballet mögen es analog. So stehen im Line-up auch nicht einfach 'Keyboards', sondern Mellotron, Hammond-Orgel, Piano, Synths, Electric Piano und Clavinet.
Bei der Anwendung selbiger ist die Band über alle Zweifel erhaben. Alleine schon die Klavier-Beiträge Kerry Shackletts haben so viel Anmut und Zauber, dass selbst jedes kleine Breaks und Zwischenspiel zum kleinen Highlight wird. Die großen Highlights zaubern Freunden von Retro-Charme erst recht ein Lächeln ins Gesicht und Gänsehaut auf den Unterarm. Während einer ungeheuer lebendigen Stunde Spielzeit bleiben immer wieder Stellen im Ohr, die auch von Rush, von Genesis, von Yes oder von Supertramp hätten geschrieben sein können, es aber nie wurden. Mit dem wunderbaren "Of Grand Design", das nicht nur im Titel, sondern auch in der Spieldauer von exakt zwölf Minuten etwas 'Höherem' huldigt, beweist Kurdt Vanderhoof auch sein Händchen für Episches - das hätte man Kerry Livgren vor 35 Jahren genau so abgekauft!
Und Vanderhoof mag es auch pompös und theatralisch, womit er auch schon mal die guten alten Styx in Erinnerung ruft. Und er mag es richtig rockend - im Gegensatz zu so vielen anderen Retro-Combos gehören hier Gruppen wie Uriah Heep und Deep Purple unbedingt zu den Referenzen. Überhaupt ist dies eine markante Eigenschaft dieser Band: Sie rockt, und das kompromisslos. Somit ist "Invisible Places" auch eine Scheibe für all jene, denen Gruppen wie die Flower Kings oder Unitopia zwischendurch einfach zu verblümelt daherkommen. Ihren Anteil daran haben auch der Metal-lastige Drummer Henry Ellwood und natürlich Sänger Ronny Munroe, der seine Parts mit großer Inbrunst vorträgt und etwas an Bruce Dickinson erinnert.
Mit der gewissen Portion vokaler Theatralik gewinnen die trotz sperriger Struktur erstaunlich präsenten Hooks und Hymnen zusätzlich an Bannkraft. Am Eindringlichsten: Der einfache, aber geniale Chorus von "The Puzzle"! Und damit wäre der Anspieltipp schon genannt. Semi-sperrig, voller quirligem Spielwitz und rhythmisch verzwicktem Serpentinen-Aufbau samt prächtigem Refrain auf dem Gipfel vereint das Stück alles, was Presto Ballet zu weitaus mehr als nur einer dieser ganzen Retro-Bands macht. Geiler Scheiß!
Line-up:
Kurdt Vanderhoof (guitar, bass pedals, Mellotron)
Ronny Munroe (lead and backing vocals, acoustic guitar)
Kerry Shacklett (Hammond organ, piano, synths, Mellotron, electric piano, clavinet, backing vocals)
Bobby Ferkovich (bass guitar, bass pedals, backing vocals)

With:
Henry Ellwood (drums and percussion)
Tracklist
01:Between The Line (7:11)
02:The Puzzle (7:48)
03:Sundancer (8:40)
04:Of Grand Design (12:00)
05:One Perfect Moment (5:12)
06:All In All (8:05)
07:No End To A Beginning (12:26)
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