»I can't tell you who I am - But I can cry what I'm not!«
So schreit es der Opener von Purified Blacks Premieren-EP heraus. Die Debüt-Veröffentlichung hieß "I Can't Tell You Who I Am". Mit dem Titel dieser zweiten EP schließt sich nun ein Kreis: "But I Can Cry What I'm Not". Beide gehören zusammen - die Stimmung, der Stil, die Lyrics ... und es ist wirklich so, als ob die Musik nur unvollendet 'geschlummert' hätte. Das gewaltige soundtechnische 'Etwas' namens Purified Black erwacht wieder.
Entsprechend fällt auch der Start der EP aus. Der Beginn ist defensiv und introvertiert, betrübt. Eine tiefschwarze Clean-Gitarre setzt einen Puls in Gang, der Schritt für Schritt an Druck gewinnt: düstere Toms, spannende Powerchords, eine glühende Orgel, der elegische Gesang. (Echte) Streicher runden diese Edel-Melancholie ab, ganz achtsam eingesetzt. Nach und nach erhöhen sich Spannung und Anspannung, unheilvolle Nostalgie wandelt sich zu Wut und Bombast. "Step Inside" fühlt sich an, als ob in einer hundert Jahre alten, verlassenen Fabrikhalle die alten, öligen Maschinen wieder angeworfen werden. Langsam und vorsichtig kommen die Kolben in Gang, greifen die Zahnräder wieder ineinander. Alles wird lauter und es beginnt zu dampfen, es entsteht Hitze. Der Staub auf den gusseisernen Maschinenblöcken beginnt, zu verglühen ...
Nach fünf Minuten zerfällt die Spannung. Doch das allmähliche Ausklingen ist nur ein Trick, eine falsche Fährte. Wieder anderthalb Minuten später überrascht dieser Opener mit einem Heavy Metal-B-Part. "Step Inside" ist ein epischer Psycho-Trip, der ganz und gar nach Purified Black klingt, wie man sie von der letzten, Aufsehen erregenden EP kannte. Nein, sogar etwas besser - man konnte sich dieses Mal die Dienste von Produzent Achim Lindermeir sichern und hat den Sound der Band perfektioniert - aber ganz bewusst nicht mit technischen Mitteln 'perfekt' gemacht. Statt Dauer-Kompression (man höre sich zum Vergleich mal die letzten Alben von Linkin Park oder Evanescence an!) atmen und schnauben die Songs von Purified Black mit einer natürlichen Dynamik. Der Klang ist beneidenswert organisch und direkt.
Es ist kein Zufall, dass mit "Step Inside" der komplexeste Track - vielleicht das bisherige Meisterstück der Band - ganz am Anfang der Platte steht. Weil "But I Can Cry What I'm Not" ja bewusst eine Fortsetzung ist, braucht es keinen eingängigen Starter. Auch die anderen Songs wirken wie Kapitel eines großen Ganzen. Die dichte, klagende Heavy-Trance von "Why Try" und das krachend-aggressive, nervöse "Copy And Paste" stellen vor allem die härtere Gangart in den Vordergrund. Dahingegen gehen das fragil-wehmütig startende "One Clear Thought" und das ebenfalls ruhig beginnende "Follow Me" behutsamer zur Sache. Aber auch diese Stücke enden kraftvoll und expressiv, wenn diese emotionale Intensität sich Bahn bricht. Es ist jedes Mal faszinierend, zurückzudenken, wie die Stücke eigentlich begonnen haben.
Purified Black haben viel TOOLiges an sich, in ihrer dunklen und nachdenklichen bis zuweilen bitteren Stimmung sowie ihrer Detailverliebtheit im Erzeugen selbiger. Sie klingen druckvoll, heavy, trocken und modern, und doch schimmern immer auch mal wieder Rock-antike Einflüsse von Led Zeppelin und Black Sabbath durch. Dabei sind Purified Black einer der exklusiven Kandidaten, die in der Summe ihrer Eigenschaften etwas Einzigartiges darstellen. Ihre Musik ist eine mysteriöse Seelenstudie, bei der Wut und Elegie verstörend nah beieinander liegen. Auch die Lyrics drücken dies aus. Sie beschreiben offenbar eine zerbrochene Liebe, die zu einer Mischung aus Sehnsucht und Abscheu geworden ist, zu einem Nerven aufreibenden inneren Kampf mit sich selbst. Womöglich steht die Unfähigkeit, zu lieben, sogar für eine Unfähigkeit, zu leben?
Es bleibt viel Interpretationsspielraum - auch für die 'Schubladen', in die man die Band stecken könnte oder auch nicht. Purified Black sind geheimnisvoll - und das ist mitunter eines der größten Komplimente, das man einer noch jungen Band machen kann. Reinhören ist angesagt, und das macht die Band einem nach wie vor sehr einfach - alle Songs gibt es frei zum Hören und Downloaden. Trotzdem sei der Kauf der physischen EP wärmstens empfohlen. Denn auch "But I Can Cry What I'm Not" kommt wieder in gerillter Vinyl-Optik mit Klavierlack-schwarz glänzender Unterseite daher und stellt eine absolute Bereicherung für das CD-Regal dar - nicht zuletzt auch wegen des Covers. Die Optik passt in das Gesamtkonzept: ein schemenhaft erkennbares Gesicht mit verschwommenen, verletzten Konturen als Spiegelbild dieser inneren Unruhe - beinahe wie zersplittert in viele Einzelteile, die langsam zerfließen und nicht mehr zusammenpassen ... es erinnert an eine Textzeile aus "Follow Me":
»You broke something inside of me but the pieces create a mosaic.
I won't fucking fix it.«
Line-up:
Tico (vocals)
Racko (guitar, backing vocals)
Maisch (Hammond, Rhoads, piano)
Paulster (bass)
H. (drums)
With:
Juliane Epp, Manuel Moschella (strings - #1)
Tracklist |
01:Step Inside (8:54)
02:Why Try (4:40)
03:One Clear Thought (4:21)
04:Follow Me (3:27)
05:Copy And Paste (2:40)
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Externe Links:
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