Wie viele Biografien, Bildbände, Songbooks, Stories und was weiß ich noch alles, wurden in den letzten Jahren schon über Led Zeppelin auf die lechzende Fangemeinde losgelassen. Somit könnte man meinen, es wurde doch nun wirklich schon alles, aber auch alles über die größte Rock-Band der Welt erzählt. Jede Platte, jede Note, jeder Song wurde mehrfach auseinandergenommen, jede Tour mit entsprechender Setlist von allen Seiten beleuchtet, ja sogar die (Tournee-) Einnahmen wurden genauestens unter die Lupe genommen. Und natürlich ist es Teil einer anständigen Biografie, dass über den Werdegang der einzelnen Bandmitglieder ebenfalls detailliert, angefangen von der Geburt (bis zum Tod von 'Bonzo' Bonham) berichtet wird.
Macht es da tatsächlich noch Sinn, ein weiteres Werk - wie im Fall von Robert Plant - über die Solo-Jahre eines Led Zeppelin-Mitgliedes zu veröffentlichen?
Es macht Sinn wenn man bedenkt, dass die Zepps mal gerade ganze 12 Jahre Bestand hatten und das Leben der Bandmitglieder (ausgenommen natürlich des Drummers) damit noch lange nicht zu Ende ist.
Am 4. Dezember 1980 gab die Band ihre Auflösung bekannt, Plant war da gerade mal 32 Jahre alt. Sollte es das schon gewesen sein? Sicherlich, mit Hilfe eines gewieften Managers, nämlich Peter Grant sowie auf Grund ihres unvergleichlichen Erfolges litten die Musiker bestimmt keine finanzielle Not. Aber die Hände nun vollends in den Schoß zu legen, das war nichts für den rastlosen Robert Plant. Er wollte solistisch weitermachen und tat alles, um seine Karriere voranzutreiben. Er ist eine Ikone und Vorbild für viele Sänger, wie zum Beispiel Joe Lynn Turner, Marc Storace oder Mark Stein. Und nicht wenige versuchten ihn mehr oder weniger erfolgreich zu kopieren: [Zitat Al Atkins (Ex- Judas Priest)] »Ich erinnere mich an ihn als einen wirklich netten Typen mit einer großen Stimme, einer einmaligen vokalistischen Bandbreite und einem sehr eigenen, einzigartigen Stil, den viele bewunderten und der von den meisten Rocksängern kopiert wurde, auch von mir… «
Der ganzen Kopiererei setzte 1993 David Coverdale jedoch die Krone auf, als er sich beim Coverdale/Page-Projekt doch glattweg die Haare Plant-mäßig stylen und blondieren ließ. Zu mehr Erfolg hat es dennoch nicht verholfen. Das Projekt war genau so schnell gestorben, wie es geboren wurde.
Neil Daniels befasst sich in dem mir vorliegenden Buch also mit dem musikalischen Schaffen Plants vor und nach Led Zeppelin. Denn auch vor seinem Abheben mit dem 'Luftschiff' war der jugendliche Blues-Verehrer sehr aktiv, hatte schon die ersten Gehversuche als Sänger und Harpspieler mit verschiedenen lokalen Bands, wie u.a. den The Crawling King Snakes, der Band Of Joy oder Obstweedle. Bei einem Auftritt mit letzteren standen Jimmy Page, Peter Grant und Chris Dreja im Publikum, um sich deren charismatischen Sänger genauer anzusehen. Suchten doch die New Yardbirds, die sich später in Led Zeppelin umbenennen sollten, einen Frontman. Damit wurde der Grundstein für eine sagenhafte Karriere gelegt.
Natürlich kommt auch Neil Daniels um einen Abriss des Werdegangs des Sängers in dieser Band nicht herum, zumal Plant gerade in songwriterischer Hinsicht einen nicht unerheblichen Anteil am Erfolg des Luftschiffes hatte.
Seine Texte, die sein Interesse an Fantasygeschichten, (u.a. Tolkiens "Herr der Ringe" in "Ramble On", "Over The Hills And Far Away", "The Battle Of Evermore" oder Clarkes Scince-Fiction-Geschichte "Childhood's Ende"), aber auch an skandinavischer, griechischer und vor allem keltischer Folklore und Mythologie widerspiegeln, sollten selbst Jahre später noch sein musikalisches Schaffen beeinflussen.
Zahlreiche Platten hat der Vollblut-Musiker veröffentlicht, die akribisch Song für Song von dem Autor auseinandergenommen werden, sowohl in textlicher als auch musikalischer und produktionstechnischer Hinsicht. Obwohl hinter jeder Zeile zu spüren ist, dass Daniels sowohl den Künstler als auch den Menschen Robert Plant verehrt, hält er sich mit Kritik nicht zurück und äußert seine ehrliche Meinung zu dessen musikalischen Schöpfungen.
Hin und wieder lässt der Autor den Künstler selbst zu Wort kommen, würzt das Buch mit kleinen Anekdoten und Erlebnissen aus dessen Studio- und Tourleben sowie auch mit Zitaten von Kritikern, Musikern, Produzenten, Bandkollegen und Weggefährten, die den Menschen Robert Plant aus ganz verschiedenen Perspektiven schildern.
Natürlich wird der Zusammenarbeit Jimmy Pages mit Robert Plant für den Musikkanal MTV ein extra Kapitel gewidmet. Hatte es doch kein Geringerer als Bill Curbishley geschafft, dass 1994 das Projekt Page & Plant 'aus der Taufe gehoben' wurde, an dem zahlreiche Musiker beteiligt waren und in dessen Endergebnis "No Quarter: Jimmy Page Robert Plant Unledded" entstand. Sogar eine mehrjährige Welttournee wurde absolviert.
Im Anschluss daran machte sich das 'Paar' erneut ans Werk, um gemeinsam an "Walking Into Clarksdale" (1998) zu arbeiten. Auch dieses Album sollte mit einer ausgiebigen Tour promotet werden, die jedoch von Plant Ende 1998 abrupt abgebrochen wurde, trotz einiger bereits für 1999 geplanter Termine in Australien und Japan. Warum dies geschah, bleibt allein sein Geheimnis.
Dazu Neil Daniels: »Er wollte nicht, dass ein anderer Künstler - zumal ein ehemaliger Led Zeppelin-Kollege wie Jimmy Page - eine so wichtige Rolle in seiner Karriere spielte.«
Viel eher steckt da womöglich Plants Befürchtung dahinter, dass Page sich eventuell gedacht haben mag, er hätte wieder 'Blut geleckt'. Zeit also, Led Zeppelin wieder auferstehen zu lassen, denn dieses Ziel verfolgt der Gitarrist bekanntermaßen bis heute, obwohl Plant strikt dagegen ist.
Zitat Robert Plant 1994: »Einige Male wollte ich wieder mit Jimmy spielen, aber die Vorstellung, das Fass mit einem anderen Drummer wieder aufzumachen, kam mir irgendwie überholt vor.«
Also setzte der Sänger unverdrossen seine Solo-Arbeit fort, veröffentlichte weitere vielversprechende Alben, die stets das Wohlwollen und die Beachtung der Journaille fanden und krönte 2007 seine Karriere - in Zusammenarbeit mit der bekannten Bluegrass-Sängerin Alison Krauss - mit dem wunderbaren Album Raising Sand, das den beiden fünf Grammys bescherte.
Ob er damit seine Aktivitäten beendet sieht? Wohl kaum, denn man munkelt von einem weiteren Werk, an dem die beiden arbeiten sollen.
Den Abschluss des Buches bildet ein umfangreicher Anhang. Zuerst findet man ein paar Schwarz-Weiß-Fotos von Robert Plant von 1967 bis 2007.
Im Folgenden wird noch einmal Plants Affinität zur Mythologie und die Verarbeitung in seinen Songtexten in Kurzform geschildert.
Außerdem gibt es eine Aufreihung der Mitarbeiter, Musiker und Freunde, die ihn ein Stück seines Lebensweges begleitet haben sowie eine Zeittafel von Plants Geburt bis heute mit ausgewählten Ereignissen aus seinem Leben und seiner Karriere, ein kurzer Zeitraster also.
Weiterhin finden wir Zitate von bekannten Musikern wie Frankie Banali ( Quiet Riot), Tony Harnell ( Starbreaker), Innes Sibun u.v.a. sowie von Produzenten.
Interessant dürften für den Fan die ausgewählten Setlists sein. Neil Daniels hat von jedem Auftritt Plants ein bis zwei Setlists ausgesucht, ob nun Solo, mit den Honeydrippers, Page & Plant, Priory Of Brian oder Robert Plant & The Strange Sensation. Eine tolle Idee.
Und natürlich fehlt auch die Auflistung der Led Zeppelin- und Plant-Diskografie (letztere mit separater Coverabbildung) nicht.
Alles in allem ein sehr informatives Werk sowohl für alle Robert Plant- als auch Zeppelin-Fans, die immer noch nicht alles von ihren Idolen wissen.
Was ich zu Meckern habe? Wieder einmal das schludrige Lektorat.
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