Es gibt nicht immer nur Lichtblicke im Leben eines geplagten Redakteurs, aber was uns der Promoter dieses Mal ins Haus schickte, hat das Herz eines Robert-Plant-Maniacs wie ich es bin, doch gleich einige Takte schneller schlagen lassen: "Nine Lives", die umfangreiche Werkschau des Solo-Schaffens von Robert Plant, umfasst sämtliche von 1982 bis 2005 erschienenen Alben einschließlich "The Honeydrippers Volume One" sowie eine DVD. Alle neun remasterten Scheiben sind dazu noch mit Bonus-Tracks bestückt, teils sind es Live- oder Akustik-Versionen, teils Unveröffentlichtes.
Lediglich die Doppelscheibe "Sixty Six To Timbuktu" aus dem Jahre 2003 wurde außen vor gelassen.
Da ich alle diese Werke sowieso im heimischen Regal stehen habe, war es für mich natürlich außerordentlich interessant, Vergleiche ziehen zu können.
Robert Plant, Frontman der legendären Led Zeppelin, liebte von jeher den alten Rhythm 'n' Blues. Als die Band nach dem Tod von John 'Bonzo' Bonham 1980 ebenfalls beerdigt wurde, wollte Plant sich wieder mehr diesem Stil widmen. Diesen Traum verwirklichte er sich mit den Honeydrippers, begann aber parallel dazu seine Solo-Karriere voranzutreiben. Mitstreiter dafür fand er in Robbie Blunt, Phil Collins, Cozy Powell, Paul Martinez und Jezz Woodroffe, mit denen die Alben "Pictures At Eleven" sowie "The Principle Of Moments" aufgenommen wurden. Danach folgten mehrere Line-up-Wechsel, aber auch Plants Stil blieb nie der gleiche.
Mit "Pictures At Eleven" ging er also das große Wagnis ein und machte solo erste Gehversuche - sein Ehrgeiz war nun endgültig geweckt, zumal er ja ein Vollblutmusiker durch und durch ist. Aber er wollte auch endlich mit seiner Vergangenheit abschließen, wollte den Ruf einer Diva, eines Rockstars hinter sich lassen - er wollte endlich er selbst sein: Robert Plant auf Solopfaden.
Da Plant ja schon bei Led Zep die meisten Texte schrieb, in denen er seine Vorliebe zum Mystischen einfließen ließ, war klar, dass er sich bei seinen solistischen Auflügen ebenfalls dieser Thematik widmete. Plant verband gekonnt die stilistische Bandbreite der Zeps mit dem jeweils aktuellen musikalischen Zeitgeist, ohne sich dabei an seiner ehemaligen Band anzubiedern.
Auf sein Solo-Debüt (am 25. Juni 1982 auf Swan Song veröffentlicht) angesprochen, betonte Plant einmal, dass es unfair sei, dieses Album am Led Zeppelin-Repertoire zu messen: »Die Stimmung ist völlig anders. Aber es ist nicht so, dass ich Led Zeppelin ganz abschütteln will - ich habe keine Probleme mit einem solchen Erbe - aber dieses Album geht über das Heavy-Rock-Genre weit hinaus.«[*]
"Pictures At Eleven" hat sowohl stille und sehr warme Momente wie das wunderschöne "Moonlight In Samosa" oder auch "Like I've Never Been Gone", während das facettenreiche, mit Saxophonklängen gewürzte "Pledge Pin" sowie "Worse Than Detroit" und "Mystery Title" jedes Led Zeppelin-Fan Herz höher schlagen lässt.
Und mit dem fast achtminütigen "Slow Dancer" frönte Plant ausgiebig seiner orientalischen Leidenschaft und lässt klassisch-arabische Stilelemente einfließen, was auch bei späteren Veröffentlichungen immer wieder der Fall sein wird. Eines von mehreren Highlights auf dieser Platte.
Als Bonus gibt es eine Live-Version von "Like I've Never Been Gone" sowie das entspannte, mit Piano unterlegte "Far Post". Letzteres wirkt aber keinesfalls aus dem Zusammenhang gerissen, sondern fügt sich hervorragend in das Album mit ein.
1983 folgt "The Principle Of Moments", das mit dem gleichen Line-up eingespielt wurde, wie das Debüt und auf Plants neuem Label 'Es Paranza' (im Atlantic-Vertrieb) erscheint.
Auch hier führt Robert Plant den bereits eingeschlagenen Weg kontinuierlich fort: schöne Melodien, die im Ohr haften bleiben, ohne irgendwann daraus zu quellen.
Ob nun der stampfende Opener "Other Arms", das melancholische "In The Mood", das herrlich groovende "Wreckless Love" (mein Anspieltipp) , das atmosphärische "Thru' With The Two Step" - Plant weiß auf der ganzen Linie zu überzeugen und seine Stimme ist sowieso über alle Zweifel erhaben.
"In The Mood" sowie auch "Big Log" sind sogar noch zwei radiotaugliche AOR-Nummern, die für Furore sorgten.
Das Scheibchen wirkt insgesamt wesentlich ausgereifter als der Vorgänger.
Hier finden wir folgende Bonus Tracks: fast acht Minuten "In The Mood " live, über 11 Minuten "Thru' With The Two Step" - ebenfalls in einer Live-Version.
Tja, und dass der Mann sogar in der Lage ist einen Reggae zu bringen, beweist er mit "Lively Up Yourself" (Live). "Turnaround" schließt sich als Studiofassung an.
Was nun folgt, dürfte für Plant-Kenner keine Überraschung sein, die von seinem Fable für R&B-Rhythmen der 50er Jahre wissen. Was lag näher, als sich diesen Traum endlich zu verwirklichen. "The Honeydrippers Volume One" erschien 1984.
Die Honeydrippers waren: Robbie Blunt und Andy Sylvester (Gitarre), Keith Evans und Ricky Cool (Sax und Harp), Jim Hickman (Bass) und Kevin O'Neil (Drums).
Als Gäste waren neben Jeff Beck, Jimmy Page und Nile Rodgers (Gitarre) auch der 'Blues Brother' Paul Shaffer (Keyboard), Wayne Pedziwiatr (Bass) und Dave Weckl (Drums) beteiligt. Es wird dermaßen mitreißend gebluest, gerockt und gerollt, dass es eine wahre Freude ist, sich die Scheibe reinzuziehen.
Die Stücke sind Coverversionen von Hank Ballard, Ben E. King, Phil Phillips und Ray Charles sowie Roy Brown, die sehr eng an die Originalversionen angelehnt sind. Womit niemand rechnen konnte: "Sea Of Love" schaffte es sogar bis auf Platz 3 der US-amerikanischen Charts und Robert Plant wurde plötzlich die unverhoffte 'Ehre' zuteil, »ein Crooner zu sein: weiß, sauber und anständig«[*] ( Robert Plant). Dieses Thema wird er 1988 noch einmal aufgreifen in dem Song "White, Clean and Neat".
Schade, dass es nur bei "Volume One" blieb.
Bonus Track: "Rockin' At Midnight" (Live).
Im August 1985 erscheint Plants umstrittenstes Album "Shaken 'N' Stirred". Bis auf die beiden Drummer Powell und Collins, die gegen den Little Feat-Schlagzeuger Ritchie Hayward ausgetauscht wurden, blieben die anderen Musiker der beiden Erstlingswerke die gleichen.
Es sollte ein typisches 80er-Jahre-Werk werden und so trieb Robert Plant seine Musiker bis an die Grenzen der Belastbarkeit. Robbie Blunt meinte noch Jahre später, das Ganze wäre ein »Alptraum«[*] gewesen und Jezz Woodroffe gab zu Protokoll: »Der Gitarrensound kam hauptsächlich von den Keyboard-Programmen«[*].
Das Gemisch aus New Wave- und Synthiepop war eine Anbiederung an damals angesagte Bands wie Depeche Mode oder Real Life usw. und geradezu prädestiniert dafür, Robert Plant-Hardcore-Fans regelrecht in die Flucht zu schlagen.
Die Scheibe schafft es jedoch trotz Spott und Hohn seitens der Kritiker sowohl in den USA als auch in den UK in die Top 20. Lediglich das sechsminütige "Sixes And Sevens" geht noch halbwegs an mich, obwohl mir auch das zu Depeche Mode-lastig klingt.
Mich persönlich konnte das Teil nie so recht überzeugen. Die Stücke klingen mir zu synthetisch, es fehlte einfach die Wärme und Ausstrahlung der ersten Scheiben, selbst Plants Stimme hört sich stellenweise zu künstlich an. Aber es war einfach ein Experiment und der Sänger war mit Sicherheit um eine Erfahrung reicher. Hatte er nun endgültig das geschafft, was sein ganzes Bestreben war, nämlich seine Vergangenheit abzuschütteln?
Bonus Track: "Little By Little (Remixed Long Version)".
Tracklist |
Pictures At Eleven:
01:Burning Down One Side
02:Moonlight In Samosa
03:Pledge Pin
04:Slow Dancer
05:Worse Than Detroit
06:Fat Lip
07:Like I've Never Been Gone
08:Mystery Title
Bonus Tracks:
09:Far Post
10:Like I've Never Been Gone (Live)
Spielzeit: 54:48
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The Principle Of Moments
01:Other Arms:
02:In The Mood
03:Messin' With The Mekon
04:Wreckless Love
05:Thru' With The Two Step
06:Horizontal Departure
07:Stranger Here...Than Over There
08:Big Log
Bonus Tracks:
09:In The Mood (Live)
10:Thru' With The Two Step (Live)
11:Lively Up Yourself (Live)
12:Turnaround
Spielzeit: 66:00
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The Honeydrippers Volume One:
01:I Get a Thrill
02:Sea of Love
03:I Got a Woman
04:Young Boy Blues
05:Rockin' at Midnight
Bonus Track:
06:Rockin' At Midnight (Live)
Spielzeit: 22:42
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Shaken 'N' Stirred:
01:Hip To Hoo
02:Kallalou Kallalou
03:Too Loud
04:Trouble Your Money
05:Pink And Black
06:Little By Little
07:Doo Doo A Do Do
08:Easily Lead
09:Sixes And Sevens
Bonus Track:
10:Little By Little (Remixed Long Version)
Spielzeit: 47:27
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