Brad Russell / Let's Hear It
Let's Hear It Spielzeit: 28:22
Medium: CD
Label: Digital Nations, 2012
Stil: Instrumental

Review vom 17.10.2012


Ulli Heiser
»Wie heißen die Typen, die immer mit den Musikern zusammen sind? Bassisten...«
Basser stehen immer in der (mindestens) zweiten Reihe, wären gerne Lead-Gitarrist, aber die Fertigkeiten haben nicht gereicht. Und daher spielt man eben die Begleitung.
Dieser Aussage haftet natürlich eine Riesenportion an Klischee an. Aber wie gut ein Basser auch immer ist, in der Regel ist es tatsächlich so, dass der Mann der tiefen Töne im Schatten steht. Dass es aber auch anders sein kann und ist, beweisen z. B. Leute wie Stanley Clarke, Randy Pratt, Hellmut Hattler, Billy Sheehan, Les Claypool … und jetzt könnten noch Dutzende weiterer Namen folgen, aber das erspare ich mir, denn ich denke, es ist verstanden, was ich meine: Basser sind oft herausragende Musiker und leider oft in die zweite Reihe degradiert.
Einer, der das mit Sicherheit nicht ist, liegt nun mit seinem Debütalbum zur Besprechung vor: Brad Russell. Die Namen derer, mit denen er bereits gearbeitet hat, lesen sich wie ein Who is who:
Joe Satriani, Gregg Allman, Joe Walsh, Neal Schon, Billy Preston, Rick Derringer, Carmine Appice, Huey Lewis, Pat Travers. Das ist übrigens nur ein kleiner Teil der Musiker, mit denen Brad zusammen war.
Wo anders, als auf Steve Vais Label Digital Nations könnte ein Album wie dieses erscheinen? Natürlich ist es rein instrumental, natürlich ist es keine leichte Kost und natürlich sind diejenigen, die beim Einsatz der Basslinie in Smoke On The Water »Boah, wie hammerhart« in die Welt rufen, hier schlecht bedient.
Klar ist der Basspart in eben genanntem Klassiker eine starke Sache, aber Brad Russell spielt anders. Er verbindet Elemente aus dem klassischen Rock mit Jazz und Funk und spielt die dicken Saiten ansonsten so, wie es mancher Sologitarrist auf seinem Sechssaiter nicht tut/kann. Da wird geslapt, geschreddert und getapt, dass man meint, die Welt geht unter. Stellenweise war mir nicht mal bewusst, welche Töne und Läufe mit einer Bassgitarre möglich sind. Als Begleitmusiker stehen ihm Leute zur Seite, die ich sicher nicht groß vorstellen muss: Joe Satriani, Gregg Bissonette, Kevin Russell (nein, nicht der, der Manchem jetzt durch den Kopf geht) sowie Steve Kindler.
Brads musikalische Sozialisation begann bereits im Elternhaus, wo die verschiedenen Familienmitglieder Soul, Rock, Funk und Jazz auf Brads Ohren losließen. Später studierte er akustischen Bass und machte sein Master degree an der University of Miami's school of music. Er hat es also richtig gelernt, das Bass 'spielen'. Verdutzt lässt er mich seine Eruptionen hören und in der Tat bin ich oft erstaunt, was er mit dem Instrument anzustellen in der Lage ist. Technisch absolut beeindruckend rast der Meister über die Bünde und ich weiß nicht, ob das nun improvisiert ist, oder aber System dahinter steckt. Das ruhige und langsame "Brothers" mal ausgenommen, denn da ist der rote Faden sehr gut ausgeleuchtet. Im Michael Jackson- Cover "Beat It" dagegen geht es anders zur Sache. Der gute Jackson hätte da sicher so seine Probleme mit der Choreografie gehabt und sich sehr oft verstolpert.
Mit "Hello Jeff" gibt es übrigens noch ein Cover und zwar von dem oben bei den Referenzen erwähnten Stanley Clarke. Insgesamt ein starkes Album, welches natürlich selten den Weg in den Player finden wird, wenn man - wie ich - kein Basser ist. Den meisten Bassisten wird die Platte wohl auch eher dazu da sein, um aufzuzeigen, was man mit vier Saiten außer Begleitung noch so alles anstellen kann. Staunst du.
Line-up:
Brad Russell (bass & tenor bass)
Gregg Bissonette (bass except - #7)
Joe Satriani (first guitar solo - #3)
Kevin Russel (last guitar solo - #4)
Steve Kindler (violin - #7)
Tracklist
01:Seven Shred
02:Beat It
03:Zattack
04:Brothers
05:Hello Jeff
07:Native Tongue
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