Rich Robinson / 16.02.2012, Islington O2 Academy, London (GB)
Islington O2 Academy
Rich Robinson
Islington O2 Academy, London (GB)
16. Februar 2012
Konzertbericht
Stil: Rock


Artikel vom 26. Februar 2012


Markus Beudert
Aller guten Dinge sind drei.
Auch in Sachen Live-Konzerte, wenn man nicht gerade Bands anschaut, deren Setlist ähnlich spannend wie ein Schnecken-Wettrennen bei absoluter Finsternis ist. Da dies bei Rich Robinson nicht der Fall ist und neben dem Geldbeutel dieses mal auch die Semesterferien 'Ja' gesagt haben (schon wieder die guten drei Dinge), ging der dritte und letzte Teil der Konzertreise nach London, England.
Nach einer schneereichen Anreise, wenig bis keinem Schlaf und einer Stunde Flug, war man plötzlich in DER Metropole Europas. Und statt mit eisigem Wind und Regen empfing einen die Insel mit Sonne und angenehmen 10 Grad.
So liess sich der erste 'Akklimatisierungs-Tag' auch ganz gut aushalten, einzig und allein die Unterkunft war für europäische Verhältnisse ziemlich abenteuerlich.
Das Konzert am darauffolgenden Tag war dann nicht nur für uns, sondern auch für die Band das letzte Konzert der Europa-Tour. Und schon beim Einlass entdeckte man altbekannte Gesichter wieder und tauschte sich mit Tour-Geschichten aus.
Nicht nur das gab einen ersten positiven Schub, auch die Besucherzahl war an diesem Abend endlich angemessen. Denn obwohl die Islington Academy anfangs noch recht spärlich besucht war, waren bei Konzertbeginn doch knapp zehnmal so viele Besucher wie in Deutschland anwesend. Keine wirkliche Überraschung, aber trotzdem riesigen Spaß brachten die Eröffnungssongs. Rich startete wie in München und Nürnberg mit den Album-Openern "Gone Away" und "It's Not Easy".
Rich RobinsonWieder einmal harmonierte die Band von Beginn an perfekt, Bassist Brian und Drummer Joe funktionierten wie ein Uhrwerk, verziert wurde das Ganze durch das spielerisch einfach wirkende Keyboard-/Orgel-Spiel von Steve aka 'The Wizard'. Und dann war da natürlich auch noch der Kopf der Band, Rich Robinson. Der einst schüchtern und unsicher wirkende Musiker steht mittlerweile fest im Mittelpunkt der Bühne und scheint die Rolle auch wirklich zu genießen. Denn nach weiteren Album-Nummern wie etwa "Falling Again" oder Songs seiner parallel erschienen EP "Llama Blues" gab es in der Mitte des Sets eine 'eiskalte' Überraschung für alle Anwesenden: Rich kündigte an, dass Band und er vor einigen Tagen einen Song während dem Soundcheck anspielten und soviel Spaß daran hatten, dass er nun auch Teil des Sets wäre. Und zur großen Freude war diese Nummer eine Perle des oft übersehenen Rolling Stones Albums "Goats Head Soup". »And it's sure been a cold, cold winter...« Ja, das war er wirklich. Aber das traumhafte Gitarrenspiel während "Winter" erwärmte die Herzen der Zuhörer.
Anschließend ging es mit einem weiteren tollen Cover weiter. Auch "Fearless", im Original eine von David Gilmour gesungene Pink Floyd-Nummer, passte zu Rich genauso perfekt, wie sein Anzug. Und nicht nur der Gitarrist, sondern auch Steve an den Keyboards konnte sich hier mit psychedelischen Klängen austoben.
Rich RobinsonNach "Standing On The Surface Of The Sun" gab es auch am letzten Abend noch einmal die
Black Crowes-Nummer "What Is Home", die mir mittlerweile im neuen Gewand besser gefällt, als das Original mit 'Krähen'-Federn. Das darauf folgende "Bye Bye Baby" sollte für mich nach "Winter" zu den Highlights des Abends zählen. Sowohl die Album-, als auch Live-Version, die ich bereits in München hören durfte, waren vergleichsweise langweilig. Hier brannte die Band und allen voran Rich Robinson ein Jam-Feuerwerk der Extraklasse ab. Während er im Studio bei der Nummer von Warren Haynes prominente Unterstützung bekam, solierte Rich sich und das Londoner Publikum in andere Dimensionen - die zehn Minuten vergingen wie im Flug.
"Follow You Forever" im Anschluss war wieder gewaltig. Aber auch gewaltig laut, erst einige Tage später sollte sich das Ohr komplett von den Klang-Angriffen erholt haben. Die beiden Abschluss-Nummern des regulären Sets brachten ebenfalls noch einmal richtig Spaß. Neben "Fire Around" bekam ich endlich noch "Lost And Found" vom aktuellen Album zu hören, was in Deutschland leider nicht der Fall war. Aber auch der Rest des Publikums schien sich sehr über die Nummer zu freuen.
Rich RobinsonNun hieß es, gespannt auf die letzten Zugaben warten, die letztendlich zwar nicht sehr überraschend, aber dennoch gigantisch gespielt wurden. Sowohl Neil Youngs "Cinnamon Girl", wie auch die Eric Burdon & War-Nummer "War Drums" gab es für mich bereits schon zum zweiten Mal zu hören, was am Spaß aber nichts änderte! Gerade "War Drums" klang an jedem Abend anders, Richs Soli waren immer wunderbar abwechslungsreich, ebenso wie der ausgedehnte Keyboard-Jam des 'Wizards'. Und so war nach einem letzten langen 'Kriegs-Jam' dann auch um Punkt 23 Uhr englischer Zeit Schluss. Die Academy wollte es so, die Band nicht, wurde aber dennoch mit großem Applaus des Publikums verabschiedet.
Rich RobinsonSehr zum Bedauern wurde anschließend auf der Setlist noch die Velvet Underground-Nummer "Oh Sweet Nuthin'" entdeckt, die aber mangels Zeit gestrichen werden musste. Schade, schade.
Und auch beim Verlassen der Halle schienen die Briten alles sehr kleinlich genau zu nehmen und nach nicht einmal zehn Minuten war die Location komplett geräumt.
Dennoch gab es für mich noch einmal die Gelegenheit, mich von Rich, der sich freute, bekannte Gesichter wiederzusehen, persönlich zu verabschieden und ihm und der Band für diesen Trip auf die Insel zu danken. Denn ohne die wunderbare Musik und die tollen Erlebnisse in Deutschland, wäre das alles nicht zustande gekommen. Mit einem optimistischen Versprechen der Band, Europa im Sommer noch einmal zu besuchen, endete auch diese Konzertreise, die sicherlich nicht die letzte sein wird.
Denn wenn es weiterhin Bands gibt, die es schaffen, nicht nur den Geldbeutel zu erleichtern, sondern auch das Musiker-Herz hoch und höher schlagen zu lassen, dann bin ich mir sicher, dass noch viele Orte bereist werden, viele neue Bekanntschaften gemacht werden und auch die eine oder andere Chaos-Unterkunft überlebt wird, bis man irgendwann mal sagen kann: »What a long, strange trip it's been«.
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